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Rede und Antworten des Außenministers Russlands, Sergej Lawrow, auf Medienfragen in der Pressekonferenz zum Abschluss der Verhandlungen der Außen- und der Verteidigungsminister Russlands und Indiens im 2+2-Format am 6. Dezember 2021 in Neu-Delhi

2520-06-12-2021

Wir haben den ersten Teil der Arbeit im Rahmen der Vorbereitung des Besuchs des Präsidenten Russlands, Wladimir Putin, in Indien und seiner Verhandlungen mit dem Ministerpräsidenten Indiens, Narendra Modi, abgeschlossen.

Es hat ein bilaterales Treffen mit meinem indischen Amtskollegen Subrahmanyam Jaishankar stattgefunden. Wir haben die wichtigsten Fragen unserer Tagesordnung besprochen: Wirtschaft, Kohlenwasserstoffe, Energiewirtschaft, insbesondere Atomenergetik. Es gibt konkrete und ziemlich aussichtsreiche Pläne. Wir sprachen darüber, dass Anfang 2022 eine neue Sitzung der bilateralen Regierungskommission für Handels-, Wirtschafts-, wissenschaftlich-technische und kulturelle Zusammenarbeit vorbereitet werden sollte. Subrahmanyam Jaishankar ist der Co-Vorsitzende dieser Kommission neben dem stellvertretenden Ministerpräsidenten Russlands, Juri Borissow. Außerdem haben wir den Bildungs- bzw. Wissenschaftsaustausch und die gegenseitigen Verbindungen im kulturellen Bereich erörtert. Wir haben eine enorm inhaltsreiche Tagesordnung.

Parallel fand eine Sitzung der russisch-indischen Regierungskommission für militärische bzw. militärtechnische Zusammenarbeit statt. Das war ein nützliches und konkretes Gespräch, das morgen fortgesetzt wird. Wir haben die Sitzung im 2+2-Format vorbereitet. Die Entscheidung zum Treffen der Außen- und der Verteidigungsminister Russlands und Indiens und zum Beginn der Arbeit in dieser Zusammensetzung hatten zuvor der Präsident Russlands, Wladimir Putin, und der Ministerpräsident Indiens, Narendra Modi, getroffen. Nach unserer gemeinsamen Meinung hat sich diese Initiative voll und ganz gerechtfertigt. Es fanden nützliche und inhaltsreiche Verhandlungen zu verschiedenen Themen statt.

Ein besonderes Augenmerk richteten wir auf die Situation im Asien-Pazifik-Raum, wo es in den letzten Jahren immer mehr Elemente der Instabilität gibt, die die universale und inklusive Kooperationsarchitektur, die sich um den ASEAN entwickelte, zu zerstören drohen. Wir äußerten unseren indischen Freunden unsere großen Besorgnisse über die Aktivitäten der USA unter dem Motto der „Indopazifischen Strategien“. Sie bilden hier geschlossene, blockbezogene Strukturen. Das letzte Beispiel dieser Art ist die AUKUS, die militärtechnologische Allianz der USA, Großbritanniens und Australien. Es stellen sich etliche Fragen, unter anderem im Kontext der Pläne zur Organisation der Produktion von Atom-U-Booten in Australien bzw. zur Lieferung solcher U-Boote an dieses Land. Es ist fraglich, ob diese Pläne den Normen der IAEO und des Atomwaffensperrvertrags entsprechen. Und was konkret diese Region angeht, so stellt sich die Frage, inwieweit treu Australien seien Verpflichtungen hinsichtlich der atomwaffenfreien Zone im südlichen Teil des Stillen Ozeans (im Sinne des Vertrags von Rarotonga aus dem Jahr 1985) bleiben wird, falls diese Pläne in Erfüllung gehen sollten. Ein anderer solcher Raum wurde von den ASEAN-Staaten im Sinne des Vertrags von Bangkok von 1997 ausgerufen. Es muss präzisiert werden, wie das eine mit dem anderen übereinstimmen würde, falls die Pläne zur Lieferung von Atom-U-Booten an Australien umgesetzt werden.

Im Zusammenhang mit der Situation im Asien-Pazifik-Raum sprachen wir auch über andere Vereinigungen (außer dem ASEAN), die sich in dieser Region intensiv entwickeln. Vor allem geht es um die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ). Sie pflegt Partnerbeziehungen mit dem ASEAN, wie auch mit der EAWU. Die Perspektiven sind positiv. Wir teilen ihre positive Einschätzung. Sie besteht darin, dass die SOZ ihre Position auch künftig festigen und immer aktiver die Rolle des Kooperationszentrums spielen wird. Beim vorigen SOZ-Gipfeltreffen im September in Duschanbe wurde der Prozess zur weiteren Erweiterung der Organisation gestartet: Eine vollberechtigte Mitgliedschaft wurde dem Iran angeboten. Die SOZ beschäftigt sich mit Fragen der wirtschaftlichen, nachhaltigen Entwicklung und der Sicherheit. Wir haben die Teilnahme Indiens an der Anti-Terror-Übung der SOZ unter dem Motto „Friedensmission-2021“ hoch eingeschätzt.

Wir sprachen auch über den Beratungsmechanismus im Format „Russland-Indien-China“ (RIC). Vor kurzem fand ein neues Treffen der „Troika“ im Videokonferenz-Format statt. Dabei wurde ein ausführliches Dokument befürwortet, das in der UNO verbreitet wurde.

Bei BRICS handelt es sich um eine umfassendere Gruppe von Staaten, an der sich neben Russland, Indien und China auch unsere Partner aus Südafrika und Brasilien beteiligen. Dieses Format könnte ebenfalls eine stabilisierende Rolle in diesem geopolitischen Raum spielen.

Ein besonderes Thema machte die Situation in Afghanistan und Zentralasien aus. Wir stehen auf einer einheitlichen Position mit unseren indischen Kollegen: Die Taliban sollten ihre Beteuerungen umsetzen, sie würden einen inklusiven, ethnisch-politischen Charakter der neuen Machtstruktur sichern, Menschenrechte einhalten und verhindern, dass vom afghanischen Territorium auch künftig die Terror- und Drogengefahr ausgeht, und dass die Instabilität sich auf die Nachbarländer verbreitet. Wie haben abermals unsere Position bestätigt, die Präsident Putin schon häufiger zum Ausdruck gebracht hatte: Wir sind entschlossen gegen die Versuche der USA und anderer Nato-Länder, einen Teil ihrer militärischen Infrastruktur bzw. ihrer Streitkräfte, die ihre Mission in Afghanistan Hals über Kopf beendet haben, ohne ihre Aufgaben (die sie selbst gestellt hatten) erfüllt zu haben, in die Nachbarländer zu verlegen. Die zentralasiatischen Verbündeten und Partner betonten, dies sei unzulässig, genauso wie die Perspektive, die mit Versuchen verbunden ist, Flüchtlinge aus Afghanistan zu verdrängen und quasi in die zentralasiatische Region hinzuschicken. Wir haben uns darauf geeinigt, unser Vorgehen im Kontext dieser Fragen eng zu koordinieren, insbesondere im Rahmen der SOZ.

Russland und Indien könnten neben anderen Ländern an den internationalen Bemühungen um Stabilisierung der Situation in diesem Land teilnehmen und davon profitieren. Wir erzählten, wie die erweiterte „Troika“ Russland-China-USA plus Pakistan arbeitet. Aus unserer Sicht gibt es allen Grund, an der Arbeit dieser Struktur auch Indien und den Iran teilnehmen zu lassen.

Es gibt auch das noch umfassendere Moskauer Format. Daran beteiligen sich die erwähnten Länder, ausnahmslos alle Nachbarn Afghanistans und die zentralasiatischen Partner und Verbündeten. Dieses Format wird seine Arbeit fortsetzen.

Unter anderem erwähnten wir  auch die Situation im Nahen Osten und in Nordafrika. Vor allem wurde dabei Syrien besprochen. Die indische Seite, wie auch wir, hatten wirtschaftliche und Investitionsprojekte, die in der Syrischen Arabischen Republik umgesetzt wurden. Indien hat nie ihre Botschaft geschlossen und pflegt Kontakte mit der legitimen Regierung Baschar al-Assads. Wir sprachen darüber, wie wir noch intensiver bei der Lösung der sozialwirtschaftlichen Probleme dieses Landes helfen könnten, die sich wegen der illegitimen Sanktionen noch verschärft haben. Wir erzählten über die Arbeit des „Astanaer Formats“, darüber, wie es zur Förderung des Verfassungsprozesses im Rahmen der Sitzungen in Genf beiträgt. Wir teilten mit, dass ein neues Treffen der „Astanaer Troika“ unter Beteiligung der Beobachter aus arabischen Ländern vorbereitet wird, das im Dezember in Nur-Sultan stattfindet.

Auf Bitte unserer Partner haben wir ihnen unsere Ansichten zur strategischen Stabilität und zu den bestehenden Problemen in diesem Bereich geschildert, insbesondere vor dem Hintergrund der „Demontage“ der meisten Verträge im Bereich der Rüstungskontrolle (außer des START-Vertrags). Wir erzählten, wie unser strategischer Dialog über diese Fragen mit den USA verläuft.

Das sind die wichtigsten Ergebnisse der heutigen Treffen. Wir werden Präsident Putin und Premier Modi informieren, dass ihre Initiative sich voll und ganz gerechtfertigt hat. Wir plädieren für ihre Überführung auf die regelmäßige Basis. Wir haben unsere indischen Kollegen zu einem neuen Treffen im 2+2-Format eingeladen, das im ersten Halbjahr 2022 in Moskau oder einer anderen Region Russlands stattfindet.

Frage: Sie haben das dreiseitige Bündnis AUKUS und das von den Amerikanern initiierte Indopazifische Konzept erwähnt. Russland scheint diese zwei Elemente als Gefahr zu betrachten. Teilen die indischen Partner diese Einschätzung? Wie will Russland diese Gefahren neutralisieren?

Sergej Lawrow: Unsere indischen Partner gehen klar und deutlich auf Distanz zum militärtechnologischen Block unter dem Namen AUKUS. Sie sind an der Gruppe namens QUAD (Indien-Japan-Australien-USA) beteiligt. Sie unterstreichen immer wieder ihr Interesse an Wirtschafts-, Verkehrs- und Infrastrukturprojekten im Rahmen dieser Gruppierung.

Meines Erachtens erklärt Indien mit dieser Vorgehensweise in vielen Hinsichten, dass die militärische Komponente der US-Strategen ins AUKUS-Format verschoben worden ist. (Jetzt wird man versuchen, es zu erweitern – es gab inzwischen Erklärungen, dass Japan und Südkorea sich anschließen würden.) Ich habe aber große Zweifel, dass dies zur Friedens- und Stabilitätsförderung beitragen würde. Es entstehen Gefahren. Ich habe bereits die Risiken genannt, die für das Regime der Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen entstehen. Als wir uns mit dem US-Außenminister Antony Blinken vor einigen Tagen am Rande eines OSZE-Ministertreffens in Stockholm sahen, haben die Amerikaner uns versprochen, ausführlich zu erzählen, wie sie sich die Einhaltung der Normen der Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen im Rahmen der Umsetzung des „australischen Projekts“ vorstellen. Da sehen wir, dass unsere Position mit der unserer indischen Kollegen wieder übereinstimmt. Wir werden dagegen auftreten, dass die Pläne der Indopazifischen Strategien, AUKUS und andere geschlossene (blockbezogene) Formate, die hier in den letzten Jahrzehnten entstanden, den ASEAN und ASEAN-zentrische Strukturen unterdrücken, vor allem den Mechanismus des regionalen ASEAN-Sicherheitsforums – den Mechanismus der Treffen der ASEAN-Verteidigungsminister mit Verteidigungsministern der ASEAN-Partnerländer. Und gekrönt wird diese ganze Architektur durch eine wichtige Kooperationsform – den Ostasiatischen Gipfel. Die Versuche, die in allen diesen Formaten etablierten Regeln zu verändern, lassen sich schon jetzt beobachten. Wir haben uns mit unseren indischen Kollegen vereinbart, sehr vorsichtig damit umzugehen, was bereits geschaffen worden ist. Wir er das ASEAN-zentrische und absolut allen Seiten passende Format der Sicherheits- und Kooperationsarchitektur in dieser Region unterstützen.

Frage: Wurden bei den Verhandlungen mit Ihrem indischen Amtskollegen Fragen der Produktion des Impfstoffs Sputnik V in Indien besprochen? Zuvor gab es Berichte, dass die Produktion von Sputnik Light in Indien schon im Dezember starten würde. Bestehen diese Pläne immer noch? Und um welchen Produktionsumfang geht es?

Sergej Lawrow: Die Verhandlungen über Sputnik Light gehen allmählich zu Ende. Hinsichtlich des Hauptvakzins Sputnik V gibt es die Vereinbarung, seine Produktion hier in die Wege zu leiten. Sie wird schon aktiv umgesetzt. Dabei handelt es sich um einen ziemlich großen Produktionsumfang – um mehrere Hundertmillionen Dosen jährlich.

Frage: Zuvor hatten Sie gesagt, Russland sei daran interessiert, dass Verhandlungen zwischen Indien und der Eurasischen Wirtschaftskommission über Einrichtung eines Freihandelsraums schnellstmöglich beginnen. Wie verläuft diese Arbeit?

Sergej Lawrow: Mit dem Partner, der daran interessiert ist, werden vorläufige Beratungen geführt. Das ist ein ziemlich langer, konkreter, in einem gewissen Sinne technischer Prozess unter Expertenbeteiligung. Mit Indien wurde er bereits abgeschlossen. Jetzt stellen wir das bei unseren Verhandlungen fest. Es ist alles dafür bereit, dass Verhandlungen über das Abkommen über den Freihandelsraum beginnen. Ich denke, dass dies Anfang 2022 stattfindet, wenn das Covid-Problem uns dabei nicht behindert.

Frage (übersetzt aus dem Englischen): Meine Frage betrifft die militärische Kooperation Russlands und Indiens. Wie sehen Sie die symbolische Umsetzung des S-400-Deals und die Perspektiven solcher Deals in der Zukunft?

Sergej Lawrow: Der S-400-Deal hat nicht nur eine symbolische, sondern auch eine wichtige praktische Bedeutung für die Verteidigungsfähigkeit Indiens. Die Situation entwickelt sich, und der Deal wird umgesetzt. Wir sehen Versuche seitens der USA, dieses Zusammenwirken zu behindern und Indien zu zwingen, den amerikanischen Befehlen zu gehorchen, den amerikanischen Ansichten zur Entwicklung dieser Region zu folgen. Aber unsere indischen Freunde haben klar und deutlich erklärt, dass sie ein souveränes Land sind und selbst entscheiden werden, wessen Waffen sie kaufen und wer Indiens Partner in diesen oder jenen Bereichen sein wird. Es war auch zuvor bestätigt und gesagt worden: Die russisch-indischen Beziehungen haben den Charakter einer privilegierten strategischen Partnerschaft. Die heutige Sitzung der bilateralen Regierungskommission für militärische bzw. militärtechnische Zusammenarbeit hat klar und deutlich gezeigt und bestätigt, dass diese Kooperation für beide Länder von großem Interesse ist.

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