Rede des Außenministers der Russischen Föderation, Sergej Lawrow, auf der Generaldebatte der 79. Generalversammlung der Vereinten Nationen, New York, 28. September 2024
Sehr geehrter Herr Vorsitzender,
Damen und Herren,
Vor einigen Tagen fand in diesem Gebäude das Forum „Der Gipfel der Zukunft“ statt. Russland hat die Idee des Generalsekretärs, diesen Gipfel einzuberufen, mit Verständnis wahrgenommen, da sich die Krise unserer Organisation vertieft und etwas unternommen werden muss. Wir haben uns ehrlich an den Vorbereitungen des Gipfels beteiligt. Obwohl ich ehrlich sagen muss, dass wir keine großen Illusionen hatten. In der modernen Geschichte der Vereinten Nationen gab es viele ambitionierte Veranstaltungen, die mit lauten Erklärungen endeten und bald darauf in Vergessenheit gerieten.
Der „Jahrtausend-Gipfel“ im Jahr 2000 erklärte das Ziel, „die Völker von den Übeln des Krieges zu befreien“. Etwas mehr als zwei Jahre später marschierten die USA an der Spitze einer „Koalition der Willigen“ unter einem lächerlichen Vorwand ohne ein Mandat des UN-Sicherheitsrats im Irak ein – einem Land, das bis heute nicht die verheerenden Folgen dieses Abenteuers überwinden kann.
Beim „Weltgipfel“ der Vereinten Nationen 2005 wurde die Anhänglichkeit erklärt, „einen gerechten Frieden gemäß den Prinzipien und Zielen der UN-Charta zu etablieren“. Dieses „heilige Versprechen“ hinderte die USA und ihre Verbündeten jedoch keineswegs daran, den damaligen georgischen Anführer Michail Saakaschwili dazu zu bringen, 2008 eine bewaffnete Aggression gegen das Volk Südossetiens und die russischen Friedenstruppen zu starten. Und nur drei Jahre später organisierte die NATO eine militärische Intervention in Libyen, zerstörte dessen Staatlichkeit und untergrub die Stabilität der Nachbarländer.
Im Jahr 2015 wurden beim „UN-Gipfel für nachhaltige Entwicklung“ ehrgeizige Pläne zur Bekämpfung von Armut und Ungleichheit angenommen. In Wirklichkeit erwiesen sie sich jedoch als leere Versprechungen angesichts der Weigerung westlicher Länder, auf neokoloniale Praktiken der Ausbeutung der Naturschätze der ganzen Welt zu ihrem eigenen Vorteil zu verzichten. Sehen Sie sich die Statistiken zur Erfüllung der Versprechen über die Finanzierung der Entwicklung der Länder des Globalen Südens und die Weitergabe umweltschonender Technologien an.
Wie einst Kofi Annan und Ban Ki-moon hat der derzeitige UN-Generalsekretär Antonio Guterres seine Initiative unter dem Motto eines „Neustarts“ der globalen Zusammenarbeit aufgebracht. Ein großartiges Motto, wer könnte dagegen sein? Aber von welcher globaler Zusammenarbeit kann man sprechen, wenn der Westen all die „unerschütterlichen Werte“ der Globalisierung, von denen uns seit Jahren auf allen Bühnen erzählt wurde, mit Füßen getreten hat, indem man uns zusicherte, dass sie allen den gleichen Zugang zu den Errungenschaften der modernen Zivilisation bieten würden? Wo ist die Unantastbarkeit des Eigentums, die Unschuldsvermutung, die Meinungsfreiheit, der Zugang zu Informationen, ein fairer Wettbewerb auf Märkten nach klaren und unveränderlichen Regeln? Der Generalsekretär spricht von globaler Zusammenarbeit in dem Moment, in dem die westlichen Länder einen wahren Sanktionskrieg gegen die Hälfte, wenn nicht gar die Mehrheit der Staaten der Welt entfesseln, und der Dollar, der uns als gemeinsames Gut der Menschheit präsentiert wurde, rücksichtslos zu einer Waffe gemacht wird.
Seit mehr als sechzig Jahren besteht die Handelsblockade von Kuba, deren Aufhebung die überwältigende Mehrheit der Mitglieder der internationalen Gemeinschaft fordert. Auf der Jagd nach dem immer flüchtigeren Ziel, eigene Dominanz zu bewahren, blockiert Washington die normale Arbeit der WTO bei der Streitbeilegung und die Reform der Bretton-Woods-Institutionen, deren Struktur längst nicht mehr die tatsächlichen Machtverhältnisse in der Weltwirtschaft und im globalen Finanzwesen widerspiegelt. Auch die UNO will der Westen in ein Werkzeug zur Förderung seiner eigennützigen Ziele verwandeln. Wie der „Gipfel der Zukunft“ gezeigt hat, nehmen die Versuche zu, den zwischenstaatlichen Charakter der Organisation zu beseitigen. Dringend notwendige Änderungen in den Methoden der Zusammensetzung des Sekretariats, dessen Schlüsselpositionen heute faktisch von Vertretern der westlichen Minderheit besetzt und „vererbt“ werden, werden verhindert. Wenn der Generalsekretär zu einem „Neustart“ der globalen Zusammenarbeit aufruft, sollte das Sekretariat vereinigende Ideen fördern und Kompromissvorschläge machen, anstatt Rechtfertigungen für die Einführung der für den Westen vorteilhafte Narrative in die Arbeit der UNO zu erfinden.
Noch ist es nicht zu spät, den Vereinten Nationen neues Leben einzuhauchen. Dies kann jedoch nicht durch realitätsferne Gipfel und Deklarationen geschehen, sondern durch die Wiederherstellung des Vertrauens auf der Grundlage des Grundsatzes der souveränen Gleichheit aller Staaten, wie es in der Charta der Vereinten Nationen verankert ist. Allerdings wird dieses Vertrauen weiterhin untergraben, unter anderem durch die Handlungen des Westens, der kontrollierte, von der UNO unabhängige Formate zur Lösung entscheidender Fragen schafft – wie die Steuerung des Internets oder die Festlegung rechtlicher Rahmenbedingungen für die Nutzung von Technologien der künstlichen Intelligenz. Diese Themen betreffen die Zukunft der gesamten Menschheit und müssen auf universeller Grundlage, ohne Diskriminierung und ohne das Streben nach einseitigen Vorteilen, behandelt werden. Es ist notwendig, ehrliche Vereinbarungen zu treffen, unter Einbeziehung aller UN-Mitglieder – nicht so, wie der „Pakt für die Zukunft“ vorbereitet wurde, nämlich ohne eine einzige Plenarverhandlungsrunde, an der alle Länder teilgenommen hätten. Stattdessen wurde die Arbeit unter der Kontrolle westlicher Manipulatoren durchgeführt. Das Ergebnis ist, dass der „Pakt“, noch bevor er richtig geboren wurde, bereits den „Pantheon“ der schön formulierten englischsprachigen Erklärungen ergänzt hat.
So traurig es auch ist, dies ist das Schicksal der „Produkte“ solcher globalen Gipfeltreffen. Aber auch die Umsetzung der Resolutionen des Sicherheitsrats, die verbindlich sind, ist nicht besser. Zum Beispiel die Sabotage der Entscheidungen zur Kosovo-Regelung und der Abkommen bon Dayton zu Bosnien und Herzegowina. Das eklatanteste Beispiel bleibt die fast 80 Jahre dauernde „Verschleppung“ der Konsensresolutionen zur Schaffung eines unabhängigen palästinensischen Staates, der in Frieden und Sicherheit neben Israel existiert.
Es gibt keine und kann keine Rechtfertigung für terroristische Akte geben, deren Opfer die Israelis am 7. Oktober 2023 wurden. Doch alle, die noch Mitgefühl empfinden, sind empört darüber, dass die Tragödie vom Oktober als Vorwand für eine kollektive Bestrafung der Palästinenser genutzt wird, was zu einer beispiellosen humanitären Katastrophe führte. Die Tötung unschuldiger palästinensischer Zivilisten mit amerikanischen Waffen muss sofort beendet werden. Es muss die Lieferung humanitärer Hilfsgüter in die Enklave gewährleistet, der Wiederaufbau der Infrastruktur organisiert und vor allem das legitime Recht der Palästinenser auf Selbstbestimmung garantiert werden, damit sie nicht nur in Worten, sondern in der Realität einen territorial zusammenhängenden und lebensfähigen Staat innerhalb der Grenzen 1967 mit der Hauptstadt in Ost-Jerusalem schaffen können.
Ein weiteres „eklatantes“ Beispiel für den Einsatz terroristischer Methoden als Mittel zur Erreichung politischer Ziele ist der unmenschliche Angriff auf den Libanon durch die Verwandlung ziviler Technologien in tödliche Waffen. Dieses Verbrechen muss unverzüglich untersucht werden. Doch bereits jetzt können die zahlreichen Veröffentlichungen in den Medien, auch in Europa und den USA, die auf eine gewisse Beteiligung und mindestens die Informiertheit Washingtons über die Vorbereitung des Terroranschlags hinweisen, nicht ignoriert werden. Wir verstehen, dass die Amerikaner alles immer zurückweisen und alles tun werden, um die aufgetauchten Fakten zu „verschleiern“ – so wie sie es auch als Reaktion auf die unwiderlegbaren Beweise ihrer Beteiligung an den Anschlägen auf die Nord-Stream-Pipelines getan haben. Diese Pipelines waren übrigens ein wunderbares Symbol für die „globale Zusammenarbeit“, von der der Generalsekretär der Vereinten Nationen träumt. Durch ihre Zerstörung wurde die Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union in der Weltwirtschaft auf viele Jahre zugunsten der USA untergraben. Auf dem Gewissen des Westens ist die „Verschleierung“ der Wahrheit über die Organisatoren vieler anderer abscheulicher Verbrechen, einschließlich der blutigen Provokation im Vorort von Kiew, Butscha, im April 2022, sowie der Serie von Vergiftungen russischer Bürger in Großbritannien und Deutschland.
Das UN-Sekretariat kann sich nicht von den Bemühungen zur Aufklärung der Wahrheit in Situationen, die die globale Sicherheit direkt betreffen, fernhalten. Es ist verpflichtet, Artikel 100 der UN-Charta gewissenhaft einzuhalten, unparteiisch zu handeln und der Versuchung zu widerstehen, einzelne Staaten – insbesondere denen, die offen nicht zur Zusammenarbeit, sondern zur Spaltung der Welt in „blühenden Gärten“ und „Dschungel“ oder in „am demokratischen Tisch Essende“ und „jene, die auf der Speisekarte stehen“ aufrufen – zu fördern.
Man darf die „Erfolgsbilanz“ derjenigen nicht vergessen, die vom Rest der Welt verlangen, sich an ihre „Regeln“ zu halten. Die Invasion in Afghanistan und der unrühmliche zwanzigjährige Aufenthalt einer bekannten Koalition dort waren durch die Entstehung von „Al-Qaida“ begleitet. Ein direktes Ergebnis der Aggression gegen den Irak war die Schaffung des IS. Der Ausbruch des Krieges in Syrien brachte „Dschabhat al-Nusra“ (jetzt „Heyat Tahrir al-Sham“) hervor, und die Zerstörung Libyens öffnete die Schleusen für das Eindringen des Terrorismus in die Sahara-Sahel-Zone und für Millionen illegaler Migranten nach Europa. Wir fordern alle, die an die Zukunft ihrer Länder und Völker denken, auf, gegenüber den neuen Abenteuern der Erfinder dieser „Regeln“ sehr aufzupassen.
Es ist äußerst besorgniserregend, dass politische Morde fast schon zur Routine geworden sind, wie gestern erneut in Beirut der Fall war.
Die tragischen und inakzeptablen Entwicklungen im arabisch-israelischen Konflikt, im Jemen, in den Gewässern des Roten Meeres und des Golfs von Aden, im Sudan und in anderen „Brandherden“ in Afrika spiegeln die unumstrittene Tatsache wider: Die Sicherheit kann entweder gleich und unteilbar für alle sein, oder es wird sie für niemanden geben.
Russland hat viele Jahre lang versucht, Washington, London und Brüssel, die von Komplexen eigener Einzigartigkeit und Straflosigkeit belastet sind, die scheinbar einfache Wahrheit im Kontext der europäischen Sicherheit näherzubringen. Obwohl sie anfangs versprochen hatten, die NATO nicht zu erweitern, und 1999 sowie 2010 in den offiziellen Dokumenten der OSZE-Gipfel sich verpflichteten, ihre Sicherheit nicht auf Kosten anderer zu gewährleisten, betreibt die NATO seit drei Jahrzehnten eine geopolitische und militärische Expansion in Europa, versucht, sich in Transkaukasien und in Zentralasien festzusetzen und bedroht direkt die Sicherheit unseres Landes. Dasselbe passiert jetzt im Asiatisch-Pazifischen Raum, wo die NATO-Infrastruktur „einsickert“ und enge militärisch-politische Bündnisse zur Eindämmung Chinas und Russlands geschaffen werden, die die inklusive Sicherheitsarchitektur unter der Schirmherrschaft der ASEAN untergraben.
Der Westen erinnert sich dabei nicht einmal an die „globale Zusammenarbeit“, für die der Generalsekretär eintritt, und wirft in seinen Doktrinendokumenten offen Russland, China, Belarus, Nordkorea und Iran vor, Bedrohungen für seine Dominanz darzustellen. Gegen Russland wurde das Ziel ausgerufen, ihm eine „strategische Niederlage“ zuzufügen, fast wie es London und Washington im Mai 1945 planten, als sie (noch vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs) die „Operation Unthinkable“ zur Zerstörung der Sowjetunion entwickelten. Damals wurde dies streng geheim gehalten, doch die heutigen angelsächsischen Strategen machen keinen Hehl aus ihren Plänen. Zwar hoffen sie derzeit, Russland durch das illegitime neonazistische Kiewer Regime zu besiegen, doch bereiten sie auch Europa darauf vor, in dieses selbstmörderische Abenteuer zu stürzen. Ich würde hier nicht über die Sinnlosigkeit und Gefahr der Idee sprechen, zu versuchen, „bis zum Sieg“ gegen eine Atommacht wie Russland zu kämpfen.
Nicht weniger sinnlos sind die Beschwörungen der westlichen Herrscher Kiews über die „Alternativlosigkeit“ von Verhandlungen auf Grundlage der berüchtigten „Friedensformel“. Der Westen verteidigt dieses zum Scheitern verurteilte Ultimatum und appelliert dabei unverhohlen an die UN-Charta und fordert die Gewährleistung der territorialen Integrität der Ukraine.
Ich möchte meine Kollegen im UN-Sekretariat daran erinnern, dass die Charta nicht nur auf die territoriale Integrität hinweist. Im ersten Artikel der Charta wird die Verpflichtung proklamiert, die Grundsätze der Gleichberechtigung und der Selbstbestimmung der Völker zu respektieren. Genau dies war die völkerrechtliche Grundlage des Entkolonisierungsprozesses (der übrigens noch nicht abgeschlossen ist, so sehr sich die Franzosen, Engländer und andere ehemalige Kolonialmächte auch dagegen wehren). 1970 beschloss die Generalversammlung einstimmig in ihrer Erklärung, dass die territoriale Integrität der Staaten, deren Regierungen das Recht der Völker auf Selbstbestimmung respektieren und damit die gesamte Bevölkerung auf dem jeweiligen Territorium vertreten, geachtet werden muss. Ich betone: Dies war eine einstimmige Entscheidung der UN-Generalversammlung nach jahrelangen schwierigen Diskussionen. Es bedarf keiner Beweise, dass die ukrainischen Neonazis, die im Februar 2014 durch einen von den USA und ihren Verbündeten unterstützten blutigen Staatsstreich in Kiew an die Macht kamen, die russische Bevölkerung auf der Krim, im Donbass, Noworossija nicht vertreten haben und nicht vertreten.
Die westlichen Anführer, die bei jeder Gelegenheit vom Thema Menschenrechte besessen sind, schweigen demonstrativ, wenn es um die rassistischen Handlungen ihrer Kiewer Kunden geht. Angesichts dieser Vergesslichkeit möchte ich an einen weiteren Punkt des ersten Artikels der UN-Charta erinnern: die Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten jedes Menschen unabhängig von Rasse, Geschlecht, Sprache und Religion. Die Rechte der Russen und der Menschen, die mit der russischen Kultur verbunden sind, wurden nach dem Staatsstreich in Kiew systematisch ausgerottet. Die russische Sprache ist in der Ukraine gesetzlich in allen Bereichen verboten – in Bildung, Medien, Kunst, Kultur und sogar im Alltag. Kürzlich wurde ein weiteres Gesetz verabschiedet – das Verbot der kanonischen Ukrainisch-orthodoxen Kirche. Diese eklatanten Verstöße gegen die in der UN-Charta verankerten Rechte der Russen, zusammen mit den Bedrohungen der Sicherheit Russlands und ganz Europas durch das Kiewer Regime und diejenigen, die es in die NATO ziehen, sind die Ursachen der aktuellen ukrainischen Krise. Die militärische Spezialoperation Russlands zielt genau darauf ab, diese Ursachen zu beseitigen, um die Sicherheit unseres Landes, die Gegenwart und die Zukunft der Menschen auf ihrem Land zu schützen.
Wir wissen das aufrichtige Bestreben einer Reihe unserer Partner, Vermittlungsinitiativen aus den besten Absichten voranzubringen, zu schätzen. Wir respektieren ihren konstruktiven Fokus auf Ergebnisse – im Gegensatz zur Sackgassen-„Friedensformel“ von Wladimir Selenski. Wir fordern unsere Freunde auf, in ihren weiteren Bemühungen die genannten Fakten über die wahren Ursachen der derzeitigen Situation vollständig zu berücksichtigen. Ohne deren Beseitigung wird es keinen gerechten Frieden geben, der auf der UN-Charta basiert. Ein realistischer Plan zur Lösung des Konflikts wurde von Präsident Wladimir Putin am 14. Juni dargelegt, als er erneut überzeugend den guten Willen Russlands zur Erzielung von Verhandlungslösungen zeigte. Die Aussichten auf solche Vereinbarungen wurden jedoch von Kiew und seinen Unterstützern nach dem Staatsstreich 2014, dem Scheitern der Minsker Vereinbarungen 2015 und der Vereinbarungen von Istanbul 2022 zunichte gemacht.
Das beispiellose Maß an Arroganz und Aggressivität der westlichen Politik gegenüber Russland untergräbt nicht nur die vom Generalsekretär geförderte Idee der „globalen Zusammenarbeit“, sondern blockiert zunehmend das Funktionieren des gesamten globalen Verwaltungssystems, einschließlich des Sicherheitsrats. Das ist nicht unsere Wahl, und wir sind nicht verantwortlich für die Folgen eines so gefährlichen Kurses. Wenn der Westen jedoch nicht aufhört, werden die schweren Verluste alle zu spüren bekommen.
Für die Mehrheit der Welt ist es offensichtlich, dass Konfrontation und Hegemonismus keine globalen Probleme lösen werden. Sie hemmen nur künstlich den objektiven Prozess der Entstehung einer multipolaren Weltordnung, die auf der Gleichberechtigung großer und kleiner Nationen, der Achtung des Wertes der menschlichen Persönlichkeit, der Gleichstellung von Männern und Frauen und dem Recht der Völker, ihr eigenes Schicksal zu bestimmen, beruhen wird. All dies ist ebenfalls ein Zitat aus der UN-Charta. Ebenso wie das Prinzip der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten souveräner Staaten, dessen Bestätigung – zur Schande der UN-Mitglieder – von den USA und ihren Satelliten auf dem „Gipfel der Zukunft“ bei der Annahme des entsprechenden „Paktes“ blockiert wurde.
Präsident Wladimir Putin betonte in seiner Rede am 18. September vor den Teilnehmern des IV. Eurasischen Frauenforums in Sankt Petersburg die Notwendigkeit, Kräfte im Namen einer nachhaltigen Entwicklung und allgemeiner gleicher und unteilbarer Sicherheit zu bündeln. Die schwierigsten Probleme, mit denen die gesamte Menschheit konfrontiert ist, können nur gemeinsam unter Berücksichtigung der gegenseitigen Interessen gelöst werden. Der Westen muss dies begreifen und auf seine neokolonialen Manieren verzichten.
Der Globale Süden und der Osten erheben immer lauter den Anspruch auf eine vollwertige Teilnahme an Entscheidungsprozessen in der gesamten Bandbreite internationaler Tagesordnung – was immer aktueller wird angesichts der Tatsache, dass der Westen systematisch das von ihm selbst geschaffene Globalisierungsmodell zerstört.
Die Rolle der zwischenstaatlichen Bündnisse in Asien, Afrika und Lateinamerika wird gestärkt. Zu diesen gehören die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit, die Afrikanische Union, die Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten (CELAC), die Arabische Liga, die Eurasische Wirtschaftsunion, die Vereinigung Südostasiatischer Nationen und viele andere.
Die Kontakte zwischen regionalen Integrationsstrukturen entwickeln sich sowohl untereinander als auch mit der globalen Vereinigung BRICS, was Möglichkeiten zur Harmonisierung der Ansätze zur Abstimmung von Mechanismen für eine für alle Seiten vorteilhafte Zusammenarbeit und Entwicklung schafft, die vom negativen äußeren Einfluss und dem Diktat nicht kontrolliert sind.
All diese objektiven Prozesse müssen auch in der Arbeit der G 20 berücksichtigt werden, in der die G7 nicht mehr allein den Ton angeben kann.
Es wird notwendig sein, die Wege zur Gewährleistung der Sicherheit in verschiedenen Regionen neu zu überdenken und aus den traurigen Erfahrungen der Nato-basierten Modelle oder der euroatlantischen Sicherheitsmodelle zu lernen, die der Westen in den Dienst seiner expansionsistischen Absichten gestellt hat.
Russland hat die Initiative zur Schaffung einer inklusiven Architektur der gleichen und unteilbaren Sicherheit in Eurasien aufgebracht, die – das möchte ich besonders betonen – für alle Staaten und Organisationen unseres gemeinsamen Kontinents offen ist, die bereit sind, gemeinsam nach allgemein akzeptablen Lösungen zu suchen, indem sie die Vernetzung und die natürlichen Wettbewerbsvorteile des einheitlichen eurasischen Raumes nutzen. Dieses Thema wird auf der internationalen Konferenz in Minsk behandelt, die am 31. Oktober eröffnet wird.
Wir verzichten nicht auf den Dialog mit dem Westen. Im Juli fanden auf Vorschlag Russlands offene Debatten im Sicherheitsrat über den Aufbau einer gerechteren und nachhaltigeren Weltordnung statt. Wir halten es für wichtig, die begonnene Diskussion sowohl bei den Vereinten Nationen als auch auf anderen Plattformen fortzusetzen.
Eine gerechtere Weltordnung erfordert zweifellos eine stärkere Vertretung des Globalen Südens im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Wir bekräftigen unsere Unterstützung für die Kandidaturen Brasiliens und Indiens und gleichzeitig unsere positive Haltung gegenüber den bekannten Initiativen der Afrikanischen Union. Natürlich kann es dabei keinesfalls um zusätzliche Sitze für westliche Länder gehen, die im Sicherheitsrat bereits überrepräsentiert sind.
Im Mai 2025 wird der 80. Jahrestag des Sieges im Zweiten Weltkrieg gefeiert, bei dem Dutzende Millionen Menschen Opfer der Genozid-Politik des Dritten Reiches wurden, darunter 27 Millionen Bürger aller Völker der Sowjetunion. Solche Verbrechen haben keine Verjährungsfrist, und es gibt keine moralische Rechtfertigung für diejenigen, die heute versuchen, die nazistischen Henker, Kollaborateure und ihre heutigen Nachfolger reinzuwaschen, sei es in der Ukraine, im Baltikum, in Kanada oder anderen Ländern.
Heute steht die Welt erneut vor schwersten Herausforderungen, die ein Zusammenwirken der Kräfte erfordern, nicht aber Konfrontation und den Drang nach globaler Dominanz.
Russland wird immer auf der Seite der kollektiven Arbeit, der Wahrheit und des Rechts, des Friedens und der Zusammenarbeit im Interesse der Wiederbelebung der von den Gründervätern geschaffenen Ideale stehen. Dies ist auch das Ziel der Arbeit der auf Initiative Venezuelas gegründeten Gruppe der Freunde zur Verteidigung der UN-Charta. Ihre Ziele und Grundsätze bleiben voll und ganz aktuell. Entscheidend ist, dass sich alle ohne Ausnahme an diese Grundsätze halten – nicht selektiv (wie bei der Auswahl aus einer „Speisekarte“), sondern in ihrer Gesamtheit und ihrem Zusammenhang, einschließlich des Prinzips der souveränen Gleichheit der Staaten. Dann, wenn wir im Sinne der Schaffung eines fairen Gleichgewichts der legitimen nationalen Interessen aller Länder arbeiten, können wir die in der UN-Charta festgeschriebene Vorausbestimmung der Vereinten Nationen verwirklichen: „Ein Zentrum für die Abstimmung der Aktionen der Nationen zu sein.“