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Interview des Außenministers Russlands, Sergej Lawrow, mit dem TV-Sender Russia Today am 25. Dezember 2017 in Moskau

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Frage: Wollen wir mit globalen Themen beginnen, mit der Frage über multipolare Welt, von der Russland seit mehr als zehn Jahren spricht. Sie bekommt bereits reale Konturen, doch es fehlen internationale Regeln, die diese ziemlich chaotische Struktur regeln würden. In diesem Zusammenhang stellt sich eine doppelte Frage – inwieweit ist ihre Bildung in den nächsten Jahren möglich, und wie sehen Sie die Rolle Russlands in dieser neuen Welt? Soll Russland aktiv an der Lösung der Probleme außerhalb der eigenen Grenzen teilnehmen?

Sergej Lawrow: Ich denke jedoch, dass das Konzept einer multipolaren Welt nicht vor zehn, sondern vor etwa 20 Jahren entstand. Es wurde einst von Jewgeni Primakow formuliert, als er Außenminister der Russischen Föderation 1996-1998 war. Er legte zudem die Initiative zur Aufnahme der Zusammenarbeit im Rahmen des Dreiecks Russland-Indien-China (RIC) vor, die bis heute funktioniert. Wir führen auch ergiebige Treffen durch, darunter auf der Ebene der Außenminister, sowie auf der Ebene der sektoralen Spezialisten für Landwirtschaft, Industrie, Finanzen, im Bereich Jugend- und humanitäre Kooperation, bei vielen anderen Fragen. RIC verlieh einen Antrieb dafür, was wir jetzt unter BRICS kennen, als sich Russland-Indien-China noch Brasilien und dann Südafrika anschlossen.

Das ist wohl eine der Erscheinungen der Tendenzen, die wir objektive Bildung einer polyzentrischen Weltordnung nennen, weil die ganzen fünf Wirtschaften sich in der Periode vereinigten, als sie alle schnell wuchsen und anscheinend die Anführer beim Wachstum in der Welt waren. Jetzt ist die Situation etwas anders – das Wirtschaftswachstum in Russland, Brasilien, Südafrika verlangsamte sich, doch Indien und China bleiben eindeutige Anführer bei dieser Kennzahl.

Die BRICS-Länder haben zusammen im IWF 14,7 Prozent der Stimmen, was nur 0,15 Prozent weniger ist, was für ein blockierendes Paket erforderlich ist. Wir streben nicht solches blockierende Paket als Selbstzweck, sind aber davon überzeugt, dass im IWF angesichts der Vielfältigkeit der Währungs- und Finanzprobleme, der jetzigen Lage von Dollar, Festigung vieler anderer Währungen seit langem Änderungen erforderlich sind, die eine demokratischere Ordnung der Steuerung dieses sehr wichtigen Instruments gewährleisten werden.

Ein Schritt in dieser Richtung wurde mit der Bildung der Gruppe der 20 vor 7-8 Jahren gemacht, als ihr erster Gipfel stattfand. Sie funktionierte auch früher, doch kaum jemand wusste über sie. Die Gruppe der 20 versammelte sich zuvor nie auf einem ernsthaften politischen Niveau und da gleich ein Gipfel, der das Verständnis der führenden westlichen Länder widerspiegelte, dass es nicht mehr geschafft wird, Fragen ohne Erreichen der Vereinbarungen mit neuen Zentren des Wirtschaftswachstums, Finanzstärke, politischen Einflusses zu lösen.

Im Rahmen der Gruppe der 20, die bereits die Bewegung zur multipolaren Welt symbolisiert, ist BRICS nicht alleine. BRICS hat Verbündeten, darunter solche Länder wie Saudi-Arabien, Argentinien, Mexiko, Indonesien. Deswegen meine ich, dass rund die Hälfte der Mitglieder der Gruppe der 20 daran interessiert ist, die Situation nicht zu konservieren, als nichtwestliche Länder de facto vom Prozess des Treffens von Beschlüssen entfernt wurden.

Das ist ein gesunder Prozess, er stützt sich auf dem Konsens-Prinzip, der in der Gruppe der 20 existiert. Mir scheint, dass auch seitens unserer westlichen Partner in der Gruppe der 20 immer mehr Verständnis auftaucht, Vereinbarungen zu erreichen.

Jetzt will ich den Teil Ihrer Frage beantworten, der der Ausarbeitung der Regeln zur Bildung einer multipolaren Welt gewidmet ist. Mir scheint, dass das nicht notwendig ist. Ich führte Beispiele der Bildung von Russland-Indien-China, BRICS, Aktivierung der Gruppe der 20 an. Das sind alles natürliche Prozesse, niemand beschließt im Voraus, wie sie sich entwickeln werden. Ich sage noch eines, was ebenfalls das Streben der Staaten widerspiegelt, objektive Tendenzen der Multipolarität zu berücksichtigen – das ist unser Herangehen zur Entwicklung der Zusammenarbeit auf dem eurasischen Kontinent. Das Große Eurasische Projekt, dessen Idee von Russlands Präsident Wladimir Putin vorangebracht wurde, bestimmt nicht irgendwelche konkrete Kennzahlen, die man um jeden Preis erreichen soll. Das Projekt der transpazifischen Partnerschaft, das von Barack Obama initiiert wurde, wurde im Voraus als Gruppe bezeichnet, die aus zwölf Ländern besteht, die Spielregeln ausarbeiten werden, und sich andere diesen Regeln unter Bedingungen anschließen werden, die diese Länder formulieren werden. Dort wurden konkrete Parameter bestimmt, was erreicht werden soll.

Was mit diesem Projekt auf dieser Etappe wurde, das wissen wir. Die Administration von  Donald Trump beschloss, dort zu bleiben, andere elf Länder überlegen nun, ob ohne die USA fortgesetzt werden soll oder noch etwas auszudenken. Mir scheint, dass solches Schicksal dieses Projekts seine Ausrichtung auf ein Ergebnis noch widerspiegelte, bevor klar wurde, wie das Gleichgewicht der Interessen jener sein wird, die eingeladen wurden, und nicht nur ihrer.

Unser Herangehen ist viel demokratischer. Wir treten dafür ein, dass es keine Einschränkungen für die Zusammenarbeit auf dem eurasischen Kontinent gibt. Russlands Präsident Wladimir Putin formulierte eine Initiative, in deren Rahmen wir dafür eintreten, dass die Mitgliedsstaaten der Eurasischen Wirtschaftsunion, Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit, ASEAN untereinander Beziehungen entwickeln, indem sie gegenseitiges Interesse in einem jeweiligen Bereich schaffen, ob Logistik, Infrastruktur, Energie u.a. Wir sagen, dass wenn bei unseren Partnern in der EU in den Hintergrund ideologische Aspekte treten, werden wir dann ihre Teilnahme (wir verschicken bereits Einladungen) an diesem gesamtkontinentalen Großen Eurasien-Projekt begrüßen, das sogar außerhalb Grenzen des Bodens hinausgeht und sich auf Südostasien, darunter Inselstaaten ausdehnt.

Ein gutes Beispiel aus dem Leben. Wenn ich mich richtig daran erinnere, wird in England, bevor eine Straße durch Grasdecke verlegt wird, zunächst den Menschen  ermöglicht, auf diesem Gras zu gehen und zu verstehen, welcher Weg für sie am bequemsten ist, die dort jeden Tag gehen werden. Anscheinend gehen auch wir so vor, wir versuchen nicht den Weg künstlich zu verlegen, damit es dann unbequem wird, ihn zu gehen.

Frage: Bei den Beziehungen zwischen den USA und Russland war das Jahr nicht einfach, trotz Hoffnungen auf das Beste,  die es im vergangenen Jahr gab. Russland muss auf feindliche Handlungen der USA antworten, darunter Sanktionen, diplomatische Handlungen. Das letzte Beispiel – Angriffe auf russische Medien, darunter die Abberufung der Akkreditierung bei unserem TV-Sender im US-Senat. Denken Sie, dass diese Methode der spiegelartigen Antworten funktioniert? Wohin kann solche Eskalation der Beziehungen zwischen Russland und dem Westen, Russland und den USA führen?

Sergej Lawrow: Sie sagten, dass Ihr Sender, einer der am meisten Betroffenen durch diese US-Politik ist, die den Normen und Prinzipien der Journalistik, Meinungsfreiheit, Freiheit der Meinungsäußerung völlig widerspricht. Die USA an der Spitze der westlichen Länder fordern in der OSZE seit mehreren Jahren einzelne Beschlüsse, wo die Notwendigkeit des Schutzes der Journalisten, Gewährleistung ihrer Rechte besonders hervorgehoben wird. Russland ist eindeutig dafür, wir sind nur gegen Absonderung einer einzelnen sozialen bzw. beruflichen Gruppe im Kontext der Notwendigkeit, die Nichtdiskriminierung, Respekt der Menschenrechte und natürlich berufliche Rechte zu gewährleisten. Wir sind dafür, dass unabhängig von deinem Job, falls das im Rahmen des Gesetzes, internationaler Prinzipien, die einheitlich für alle sind, gemacht wird, deine Rechte eingehalten werden sollen.

Die USA sind nicht das einzige Land, nicht die einzige Regierung, die ihren TV-Sender diskriminiert. In Frankreich bleiben weiterhin Probleme trotz der Eröffnung von Russia Today France. Soviel ich verstehe, wurden sie vom Präsidentenpool zusammen mit Sputnik entfernt. Wir können das nicht verstehen. Wir erinnern unsere französischen Kollegen an eine nicht sehr gute Situation, doch bislang gibt es kein Ergebnis.

In England wird Politikern, die in ihrem TV-Sender auftreten, Verrat der Interessen des Königreichs vorgeworfen. Ich hoffe, dass ich nicht von irgendwelchen unerwarteten Sanktionen betroffen werde, da ich jetzt mit ihnen und mit ihren Kollegen in anderen Situationen spreche.

Ich verstehe, dass die Gegenseitigkeit in der Diplomatie und im Leben im Ganzen eines der wichtigsten Prinzipien ist. Wenn man will, dass man sich zu dir gut verhält, soll man sich gut zu anderen Menschen verhalten. Man soll immer denken, wenn man etwas gegenüber eigenen Kollegen, Partner macht – ob man das macht, was man will, dass man gegenüber dir macht. Sie wissen über die Verabschiedung eines Gesetzes in der Staatsduma, das niemanden per Namen nennt wie eine tabuisierte Struktur, jedoch Prinzipien enthält, auf deren Grundlage man bestimmte Medien als ausländische Agenten einstufen kann. Das bedeutet gar nicht, dass die Akkreditierung abgerufen wird. Die Akkreditierung beim Außenministerium Russlands bleibt, Journalisten können alle Veranstaltungen ohne Ausnahmen besuchen. Was die Föderalversammlung der Russischen Föderation betrifft, werden unsere Kollegen, Parlamentarier selbst bestimmen, inwieweit zweckmäßig ist, solchen Zugang staatlichen Medien der Länder bereitzustellen, wo es keine ähnlichen Möglichkeiten für unsere Medien gibt, die Subventionen vom Staat bekommen.

Doch ich würde dafür eintreten, dass man bei der Aufrechterhaltung des Prinzips der Gegenseitigkeit nicht zu gegenseitigen Vorwürfen und gegenseitigen Strafen greift. Davon wird niemand profitieren. Meines Erachtens wird richtig sein, wenn wir einfach der ganzen Welt zeigen werden, inwieweit nicht zeitgemäß, dumm solche Politik ist, die beispielsweise in der Ukraine überhaupt alle russische Medien verbietet, darunter Trickfilm-Sender (wenn ich mir richtig erinnere) und wie wichtig ist, gegen solche Tendenzen zu kämpfen. Ich würde dafür eintreten, nicht weiter Schrauben zu ziehen und im Gegenteil via Förderung der internationalen Diskussionen die Situation zu verbessern.

Frage: Ich möchte Sie über eine der größten Herausforderungen der politischen Welt dieses Jahres fragen – Nordkorea-Frage. Sie wurde sehr viel besprochen. Inwieweit wahrscheinlich ist Ihres Erachtens ein Konflikt auf der Koreanischen Halbinsel? Was versuchen die USA mit ihrer aggressiven Rhetorik zu dieser Frage zu erreichen? Viele Analysten sagen, dass ihr Ziel ist, die Sätze zu erhöhen, damit die Kapitulation gerade unter ihren Bedingungen erfolgt. Stimmen sie solcher Analyse zu?

Sergej Lawrow: Erstens meine ich nicht, dass jemand im gesunden Verstand einen Krieg auf der Koreanischen Halbinsel will. Die Einschätzung der Folgen, darunter kolossale Verluste der Welt, wurde nicht nur von uns, sondern auch von US-Experten und Beamten erläutert. Ich denke nicht, dass jemand bewusst die Sache zur solchen Lösung bewegt. Ich hoffe mindestens, dass es nicht so ist, obwohl solche Andeutungen zu hören sind. Doch auch wenn niemand einen Krieg anstrebt, gibt es ein Risiko eines menschlichen Fehlers, technologischen Ausfalls, wenn solcher Ausbau von modernen, hochtechnologischen zerstörerischen Waffen auf beiden Seiten erfolgt. Ich hoffe, dass jene, die ständig provokative Übungen durchführen, verstehen, dass man das berücksichtigen soll.

Als ich sagte, dass ich nicht daran glaube, bzw. hoffe, dass die USA keine Pläne der militärischen Lösung haben, soll ich die Tendenz der letzten Monate hervorheben. Jetzt ist die Situation so, dass man darüber sprechen soll, wie die US-Seite dieses Problem behandelt. Ich werde nicht auf Details eingehen, doch im September bekamen wir von Amerikanern ein Signal, dass sie einen Dialog beginnen wollen. Dass keine Übungen bis zum Neujahr geplant werden, weshalb die nordkoreanische Führung sich ebenfalls ruhig benehmen soll. Dass man diese Pause zur Aufnahme eines Dialogs nutzen kann, bevor es zu den nächsten geplanten Übungen im Frühjahr des nächsten Jahres kommt. Wir übergaben dieses Signal, es wurde nicht abgelehnt, doch während die ganze Vorbereitung lief, erklärten die Amerikaner, dass sie nicht geplante Übungen durchführen werden, die im Oktober stattfinden. Im September gab es also das Signal, dass man bis zum Frühjahr sprechen kann und im Oktober schon nicht geplante Übungen, zumal sehr große. Erstaunlicherweise reagierte Pjöngjang nicht darauf. Dann werden Ende November präzedenzlose nach ihrer Größe amerikanisch-japanische Übungen der Luftstreitkräfte angekündigt. Darauf reagierte schon Pjöngjang.

Das bedeutet gar nicht, dass wir das rechtfertigen, was Kim Jong-un machte, indem die letzte Rakete abgefeuert wurde, die de facto Interkontinentalrakete ist. Doch das zeigt die Kontinuierlichkeit der Schritte, die nicht unberücksichtigt werden können, und die Logik der Amerikaner. Unser mit China Vorschlag zur doppelten Einfrierung sah vor, dass Pjöngjang nichts testet und startet und die Amerikaner mit Südkoreanern und anderen Verbündeten das Ausmaß der Übungen zumindest deutlich abbauen. Die US-Logik bestand darin, dass diese Übungen von niemandem verboten wurden. Sie sind absolut legitim aus der Sicht des Völkerrechts. Pjöngjang ist aber durch den UN-Sicherheitsrat verboten, Raketen zu starten und Atomanlagen zu testen. Das ist der juridische Unterschied der Handlungen. In der Politik kann man natürlich legalistische Hacken nutzen und eigene praktische Handlungen darauf stützen, doch in der Situation, wenn alles so gespannt ist, soll als erster Schritt jener machen, der stärker und klüger ist.

Wir rechnen damit, dass es in den USA Menschen gibt, die die Notwendigkeit verstehen, die sehr gespannte Situation zu entspannen und zur politisch-diplomatischen Lösung zu übergehen. Wir schlagen mit China vor, alle Handlungen einzufrieren, die gegenseitig provozierend sind, ohne jegliche Verpflichtungen einen Dialog zu beginnen. Damit die USA und Nordkorea unter vier Augen bzw. in Anwesenheit anderer Staaten, die komfortabel für beide Seiten sein werden, einfach ihre konkreten Einschätzungen austauschen, wie man diese Krise überwinden kann.

Wir alle wissen, dass es solches Format wie sechsseitige Verhandlungen gibt. Auf der dritten Etappe sehen wir mit chinesischen Kollegen den multilateralen Prozess zur Abstimmung der Prinzipien des Friedens und Sicherheit auf der Koreanischen Halbinsel im Ganzen. Wir können da nicht an schädliche Signale Washingtons vergessen, die von Pjöngjang wegen der Position Washingtons zum iranischen Atomprogramm gesendet wurden, wegen der Vereinbarung, die im Rahmen der Gemeinsamen umfassenden Aktionsplans erreicht wurde. Die Tatsache zu bezweifeln bedeutet nur eins – die Vereinbarung, die zum völligen Stopp des militärischen Atomprogramms Irans führte, wird infrage gestellt. Die USA stiegen bislang nicht aus, sorgten aber bereits für großes Aufsehen. Alle sind bereits nervös, darunter jene, die zusammen mit den USA an diesen Verhandlungen teilnahmen.

Das Signal, das an Kim Jong-un gesendet wird, ist sehr einfach. Ja, wir rufen zum Verzicht auf militärisches Atomprogramm auf, dafür werden wir Sanktionen aufheben, doch wer weiß, was uns einfällt, wenn in Washington neue Administration auftaucht.

Ich äußerte mich zu diesem Thema etwas länger als notwendig, doch ich denke, dass es ein sehr wichtiger Aspekt ist. Man soll verstehen, dass man nicht endlos die Wirtschaft, sozialen Bereich ersticken und versuchen soll, eine totale Blockade zu organisieren. Erst vor kurzem wurde eine weitere Resolution verabschiedet, aus der absolut alle unannehmbaren Sachen entfernt wurden. Dort wurden wirtschaftliche und logistische Projekte aufrechterhalten, die ein direktes Interesse für Russland darstellen, doch wir hören von Washington erneut, dass man schon jetzt vor oder gleich nach Silvester sich versammeln und darüber nachdenken soll, wie man Nordkorea weiter erstickt.  Das ist eine schlechte Position. Falls das, was gemeint wurde, als Herbert McMaster sagte, dass sich die US-Diplomatie nur auf die stärkste Militärkraft in der Welt stützen wird, ist das dann schlecht und wir stehen alle vor ernsthaften Prüfungen. Wir werden alles machen, wie Russlands Präsident Wladimir Putin sagte, um vereinigende und nicht trennende Herangehensweisen zu verschiedenen globalen Problemen zu fördern, damit niemand isoliert wird und im Gegenteil man nach Inklusivität in jeder konkreter Situation sucht.

Frage: Vor einigen Tagen wurde bei der achten Runde in Astana das Datum des Kongresses des syrischen nationalen Dialogs in Sotschi bekanntgegeben – 29.-30. Januar. Näherten wir uns Ihres Erachtens einer politischen Lösung des syrischen Konfliktes an? Spürten Sie bei der Kommunikation mit Vertretern der regionalen Mächten, internationaler Akteure, ob die internationale Gemeinschaft bereit ist, einen Punkt im Krieg zu machen?

Sergej Lawrow: Das Wichtigste besteht darin, dass zur politischen Regelung die überwiegende Mehrheit jener bereit ist, die auf dem Boden kämpften, und jemand noch weiter kämpft. Die Schaffung von vier Deeskalationszonen widerspiegelte das Interesse der Oppositionellen, die in jeder von diesen Zonen die Situation kontrollierten, den Dialog mit der Regierung aufzunehmen, Blutbad zu stoppen und zum friedlichen Leben zu übergehen. Dieses friedliche Leben wird dort normalisiert, es funktionieren örtliche Strukturen, die während der Kampfhandlungen existierten. Das sind also Menschen, denen die örtliche Bevölkerung vertrauen soll. Sie werden zu kleinen Versöhnungsdialogen mit der Regierung jeder der vier Zonen eingeladen, beginnend mit einfachen Schritten – Gewährleistung der Bedürfnisse der Bevölkerung, Überquerung dieser Linie durch humanitäre Frachten und einfach Menschen, die die Deeskalationszonen via Beobachterposten, Passierstellen umringt, die von Garantenländern und im Fall mit der südlichen Zone von Russland, USA und Jordanien gewährleistet werden. Es gibt also schon Menschen, die den Frieden wählten. Neben gebliebenen Terroristeneinheiten bleiben dort auch die von Dschebhat an-Nusra, gegen die unsere westlichen Partner, Teilnehmer der US-Koalition immer noch nicht vorgehen, obwohl diese Organisation auf der Terrorliste des UN-Sicherheitsrats steht und trotz unserer mehrerer Hinweise wollen sie nicht entschlossen vorgehen. Das heißt, dass es jedoch irgendwelche Pläne zu ihrer Aufrechterhaltung in der Zukunft gibt, wenn man zum Plan des Regimewechsels übergehen will.

Wir haben im UN-Sicherheitsrat vor kurzem die Resolution besprochen, die ausländische Extremisten und den weiteren Kampf gegen sie sowie mehrere andere Aspekte der Antiterror-Tagesordnung betrifft. Im Ergebnis wurden Resolutionen angenommen, sie waren nützlich, obwohl wir möchten, dass die in ihnen vorgesehenen Schritte entschlossener sind. Doch in der US-Position und in der Position anderer ihrer Verbündeten entstand ein doppeltes Verhalten zu Dschebhat an-Nusra. Man wollte sie nicht erwähnen. Weil sie ohnehin in der Terrorliste enthalten ist. Dann sagte man, dass ein Dschihadist, wenn er vor der Verübung eines Terroranschlags gefasst wurde und nichts schlimmes tat, vielleicht nicht als Terrorist betrachtet werden kann. Es gab sehr interessante Argumente, die vorgelegt wurden, und das alles hing mit dem Konzept zusammen, das bereits vor Barack Obama vorgelegt wurde. Jetzt wurde es von der neuen Administration aufgenommen. Ich weiß nicht, wie sich dazu Präsident Donald Trump und seine Berater verhalten, doch auf Expertenebene entwickeln sie ein Konzept der Bekämpfung des gewaltsamen Terrorismus, das darin besteht, dass der gewaltsame Extremismus von autoritären Regierungen generiert wird, die das Volk in Kälte, Hunger und fehlender Demokratie halten, eigene Staatsbürger unterdrücken, Menschenrechte verletzen. Deswegen muss die Weltgemeinschaft dieser Zivilbevölkerung via die Köpfe der autoritären Regierungen erklären, wie man die Demokratie fördern soll, damit das Leben besser wird und es keine Gründe dazu gibt, damit sich Extremistenerscheinungen zeigen.

Verstehen Sie, worum es geht? Man soll nicht ausführlich erklären, was dahinten steht. Deswegen sind die Versuche alarmierend, mit Antiterror-Aufgaben zu spekulieren, die bei uns allen gemeinsam, einheitlich sein sollen, ohne jegliche Doppelstandards. Diese Aufgaben und Ziele sollen nicht zur Förderung der eigenen Tagesordnung genutzt werden, darunter zum Wechsel der unerwünschten Regimes.

Zurück zu Syrien. Über die Bereitschaft jener, die auf dem Boden gegeneinander kämpften, und jetzt zum friedlichen Leben via Deeskalationszonen übergehen, sagte ich bereits. In Bezug darauf, inwieweit äußere Akteure bereit sind, kann ich nur über die sagen, mit denen wir unmittelbar arbeiten. Mir scheint, dass der Iran und die Türkei dazu bereit sind. Sie haben zwar eigene konkrete Besorgnisse, die nicht unbedingt mit unseren Herangehensweisen übereinstimmen. Für die Türkei sind es Kurden, für den Iran – Gewährleistung der Rechte der Schiiten, was uns im Prinzip klar ist. Doch diese Probleme sollten natürlich via Versöhnung der Schiiten und Sunniten im Rahmen der gesamtislamischen Solidarität gelöst werden.

Wir sprechen seit langem darüber, dass man eine weitere Amman-Konferenz abhalten, Deklaration verabschieden soll, die die Einheit aller Muslime erklären würde. Davon würden alle profitieren, darunter das würde beim Brückenbau zwischen den größten Protagonisten in der Region helfen. Wir denken, dass hier sehr wichtig ist, Saudi-Arabien und dem Iran zu helfen, einen Dialog aufzunehmen und nicht einander alles mögliche vorzuwerfen, sondern sich hinsetzen und konkrete Fragen betrachten, die sie interessieren. Das sind zwei große regionale Länder, sie haben natürlich Interessen in Grenzgebieten. Sie sollen irgendwelche Spielregeln ausarbeiten. Wir sind bereit, dabei zu helfen. Wir legten seit langem ein Konzept der Festigung der Sicherheit in der Region des Persischen Golfes vor, der auf dem Tisch bleibt.

Bezüglich der Einstellung unserer westlichen Partner zur syrischen Regelung habe ich einen ambivalenten Eindruck. Unser nicht immer offener und öffentlicher Dialog mit den Amerikanern zur Deeskalation, zu einigen anderen Aspekten der militärischen Lage in jenen Regionen, wo die Koalition mit den syrischen Truppen in Berührung kommt, denen wir helfen, zeigt, dass sie das Streben zeigen, pragmatisch zu handeln, bestätigen, dass Syrien einheitlich, multikonfessionell und -ethnisch bleiben soll. Gleichzeitig wurden ihre ursprünglichen Versicherungen, die mir persönlich der US-Außenminister Rex Tillerson gab, dass das einzige Ziel der USA in Syrien die IS-Vernichtung ist, verschwommener und werden mit dem Satz begleitet – der totale Erfolg über den IS wird nur dann erreicht, wenn in Syrien ein nicht umkehrbarer politischer Prozess beginnt, und jemand ergänzt natürlich auch, dass Baschar al-Assad letzten Endes gehen soll.

Deshalb wird das ziemlich gewissenlos gedeutet, was wir vereinbart haben. Das alles wurde mündlich kommuniziert und etwa auch, wie uns versprochen wurde, dass die NATO nicht erweitert wird. Jetzt haben die US-Archive sehr ähnliche Situationen vom Gesichtspunkt der Verhaltensweisen und jener Beanstandungen veröffentlicht, die man in der Diplomatie haben soll. Ich bin mir nicht sicher, dass andere westliche Länder an beliebiger Form der Regelung interessiert sind. Einige unsere westeuropäischen Kollegen streben offensichtlich an, zu ihren Gunsten zu spielen, irgendwelche führende äußerliche Merkmale zu übernehmen und zu zeigen, dass ohne sie kein Erfolg erreicht wird.

So ein Streben und so eine egoistische Herangehensweise haben wir nicht. Es ist wahr, dass wir die Astana-Initiative eingebracht haben, und sie hat tatsächlich geholfen, Entspannung „auf Boden“ zu erreichen, vom Großteil der Terroristen die normale bewaffnete Opposition abzutrennen und hat geholfen, einen vernichtenden Schlag gegen die IS-Kämpfer auf dem syrischen Territorium zu versetzen. Von da beginnen sie schon in andere Länder zu fliehen. Das ist aber schon ein anderes Thema.

Jetzt haben wir die Initiative der Einberufung des Kongresses für den syrischen nationalen Dialog eingebracht. Ich möchte erinnern, dass der Astana-Prozess vor einem Jahr nach zehn Monaten totaler Untätigkeit der Genfer UN-Plattform begonnen hat. Sobald das erste Treffen in Astana bekanntgegeben wurde, sagten die UN-Vertreter, dass sie den Genfer Prozess auch wiederaufnehmen. Gott sei Dank, wenn wir ihnen mit diesem konkreten Beispiel geholfen haben. Dieses Jahr gab es auch auf der Genfer Plattform lange Zeit kein Fortkommen. Saudi-Arabien beschäftigte sich mit der Vereinigung der Opposition, wir unterstützten sie aktiv darin. Aber nichtsdestoweniger ist Genf wieder still geworden. Als es klar wurde, dass Saudi-Arabien die Delegation aus drei Gruppen – Er-Riad, Kairo und Moskau – gebildet hat, haben wir verstanden, dass das ein sehr guter Schritt vorwärts ist.

Obwohl diejenigen Anführer, die für die Leitung dieser vereinigten Delegation gewählt wurden, angefangen haben, absolut unannehmbare Ultimaten zu stellen, indem sie versuchen, unsere saudi-arabischen Kollegen zu diskreditieren, die uns, wie auch der UN-Sondergesandte für Syrien, Staffan de Mistura, versichert haben, dass diese Delegation ohne irgendwelche vorläufigen Bedingungen für das direkte Gespräch mit der Regierung nach Genf kommen wird. Sie haben Staffan de Mistura und leider unsere saudi-arabischen Partner belogen. Ich hoffe, dass mit ihnen jetzt ein ernsthaftes Gespräch durchgeführt wird.

Zu uns kam der UN-Sondergesandte für Syrien, Staffan de Mistura.  Zusammen mit dem Verteidigungsminister der Russischen Föderation, Sergej Schoigu, haben wir ihm erklärt, dass das Verhalten der unter seiner Vormundschaft stehenden Personen äußerst unannehmbar ist. Ich hoffe, die Konsequenzen daraus werden gezogen. Parallel arbeiten wir mit der Regierung, damit sie auch eine konstruktive Herangehensweise zeigt. Der Regierung vorzuwerfen, dass sie sich weigerte, mit denjenigen zu sprechen, die das Ultimatum für den Regimewechsel trotz den Verpflichtungen gestellt haben, finde ich absolut falsch. Im Gegenteil ist es notwendig, dass die Delegation der Opposition wachgerüttelt wird. Aus diesen Gruppen wurden einige Radikale entfernt, als die Delegation gebildet wurde, aber vielleicht muss man auch auf jene Radikale Blick werfen, die offenbar immer noch Teil dieses Mechanismus bleiben. 

Als wir die Initiative des Komitees für nationalen Dialog eingebracht haben, haben wir gleichzeitig sehr wichtige Umstände berücksichtigt, die die Notwendigkeit betreffen, die Resolution 2254 des UN-Sicherheitsrates umzusetzen. Sie lautet, dass es direkte Verhandlungen sein müssen, bei denen die Syrer selbst das Schicksal ihres Landes besiegeln werden. Diese Verhandlungen müssen zwischen den Delegationen der Regierung und dem ganzen Spektrum der Opposition verlaufen. Es ist klar, dass die Oppositionellen von den Gruppen Er-Riad, Moskau und Kairo, die auf den Genfer Verhandlungen vertreten sind, bei weitem nicht das ganze Spektrum der Oppositionellen sind. Die überwiegende Mehrheit dieser Menschen sind Migranten, die in verschiedenen europäischen Welthauptstädten leben, jedoch nicht in Syrien. Um die Forderungen der Resolution 2254 über den inklusiven Charakter des Dialoges zu erfüllen, darüber, dass das ganze Spektrum der Opposition vertreten sein muss, haben wir durch unsere Militärs auf der Luftbasis Hmeimin sowie durch die Kontakte, die sie je nach der Gewährleistung des Funktionierens der Deeskalationszonen, der Normalisierung des Lebens in Aleppo und an anderen befreiten Orten geknüpft haben, darüber sagen lassen. Wenn ich mich nicht irre, haben wir mehr als 1700 Namen in die Bemühungen zur Förderung des politischen Prozesses involviert. Dort sind Scheiche, Leiter der Stämme, die vielleicht auch sogar nicht an den Kampfhandlungen teilgenommen haben, aber sie leben „auf Boden“, ihnen ist nicht egal, wie die Verfassung eines neuen Syriens sein wird. Sie waren nicht unter den Gesprächspartnern, die nach Genf kamen. Es wurde eine große Liste erstellt. Sie wird bald mit unseren Partnern – den Garantenländern des Astana-Prozesses - der Türkei und dem Iran abgestimmt.

Am 22. November fand der trilaterale Gipfel in Sotschi statt, in dem diese Initiative unterstützt wurde. Wir haben dem UN-Sondergesandten für Syrien, Staffan de Mistura, erklärt, dass das nicht der Versuch war, Genf die „Siegespalme“ wegzunehmen, sondern das Streben, den Verfassungsprozess nicht im engen Format zu starten, wo hauptsächlich die Personen vertreten sein würden, die weit von der Heimat leben, sondern im maximal repräsentativen Format zwecks der Bildung einer allsyrischen Kommission für die Vorbereitung der neuen Verfassung. Sobald dieses Komitee ins Leben gerufen wird, 
so glaube ich, dass Genf die zweite Luft bekommt. Wir werden die Ausarbeitung der Verfassung unter der UN-Schirmherrschaft und den UN-Sondergesandten für Syrien, Staffan de Mistura, in aktivster Weise unterstützen.

Frage: Trägt die US-Präsenz im Norden Syriens, wo sie jetzt ungefähr zehn Basen haben, zur Durchführung des Kongresses des syrischen nationalen Dialoges bei oder behindert sie den politischen Prozess doch? 

Sergej Lawrow: Ich bin der Ansicht, dass das mit dem Kongress nichts zu tun hat. Denn wir verstehen ungefähr, wie sich dieser Prozess entwickeln wird. Wir sehen die Unterstützung und die Initiativen des Kongresses „auf Boden“ durch die überwiegende Mehrheit der Syrer. Wir sind über die US-Militärstützpunkte in Syrien und besonders über die Informationen darüber, dass auf einigen dieser Basen sie mit der Vorbereitung von Kämpfern beginnen, darunter aus den ehemaligen Teilnehmern der Terrorgruppen, natürlich besorgt. Darüber wurde mehrmals öffentlich gesagt. Das ist ein direkter Verstoß gegen die Souveränität und territoriale Integrität Syriens. Die Regierung Syriens ging das Zusammenwirken mit der Luftwaffe Russlands pragmatisch an, die absolut legitim für den Kampf gegen Terroristen eingeladen wurde. Das war ein pragmatischer Beschluss, der die Rangfolge der Vernichtung der Terroristen widergespiegelte. Wir verstanden, dass die US-Koalition (besonders, wenn sie etwas wachgerüttelt wird, denn am Anfang war sie sehr passiv) bei der Liquidierung von Terrorherden helfen kann. Das wurde getan. Obwohl es klar ist, dass die Amerikaner dort schlecht und recht agierten, bis die Luftwaffe Russlands da ankam. Ihre Linie rief viel Fragen hervor, darunter in Bezug dessen, wie sie die ganze Zeit nicht nur „Dschabhat an-Nusra“ schonten, sondern auch versetzten sehr oft keine Schläge gegen IS-Kräfte, wenn es notwendig war. Das ist aber schon ein Sonderthema.

Auch aus Pragmatismus arbeiten wir mit den Amerikanern und Jordaniern in der Südzone der Deeskalation zusammen. In Amman wurde ein gemeinsames trilaterales Beobachtungszentrum ins Leben gerufen. Das ist die nützliche Arbeit, darunter in Anbetracht der Nähe der Golanhöhen und der Besorgnisse Israels. Man muss viele Faktoren berücksichtigen. Das ist ein großer „Brei“, auf den vieles Einfluss nimmt, was „auf Boden“ geschieht. Die externen Akteure beeinflussen auch. Jemand fördert seine Interessen in Bezug auf seine Mitmenschen und Stammes- und Religionsgenossen, jemand im Gegenteil will keinem die Möglichkeit geben, seine Positionen innerhalb Syriens zu festigen. Aber ohne den gesamtsyrischen Dialog, den wir eben starten wollen, ohne Dialog, wo alle vertreten sein werden und allen die Berücksichtigung ihrer Interessen in der finalen staatlichen Ordnung Syriens gewährleistet wird, kann kein Genfer Prozess erfolgreich sein. Ich hoffe, dass mit der Einberufung des Kongresses für den syrischen nationalen Dialog Ende Januar ein praktischer Anstoß für die Genfer Verhandlungen gegeben wird, da in den Verfassungsprozess eine viel mehr breitere Palette der syrischen Seiten involviert werden muss.

Frage: Was nun die russisch-ägyptischen Beziehungen betrifft. Vor kurzem wurde der Vertrag bezüglich der Zusammenarbeit im Luftraum mit Einsatz der Luftverkehrsinfrastruktur unterzeichnet. Wird Teil der russischen Gruppe, der sich derzeit in Hmeimim befindet, nach Ägypten verlegt? Wird ein Gespräch über irgendwelche Zusammenarbeit im Kampf gegen den Terrorismus unmittelbar in Libyen geführt? 

Sergej Lawrow: Wir arbeiten mit unseren ägyptischen Kollegen seit langem und sehr eng zusammen. Bei uns wird auf allen Gebieten (Wirtschaft, Handel, Investitionen) die strategische Partnerschaft ausgebaut. Wir haben auch einen Projektentwurf zur Errichtung eines Atomkraftwerkes, einen Projektentwurf zur Bildung der russischen Industriezone in Ägypten und vieles anderes, natürlich auch kulturelle und humanitäre Beziehungen. Die Militär- und militärtechnischen Beziehungen nehmen auch einen wichtigen Platz ein, vor allem im Kontext der Bedrohung, die von den Terroristen in dieser Region ausgeht und die stark zu spüren ist, darunter auch in Ägypten.

Wir unterstützen eindeutig die entschiedene Einstellung der ägyptischen Führung auf einen unerbittlichen Kampf gegen den Terrorismus. Unsere militärtechnische Zusammenarbeit in Form von Lieferungen der notwendigen Technik und der Rüstungen für den Anti-Terror-Einsatz entwickelt sich sehr eng. Unsere Militärs haben engen Kontakt zueinander, es werden gemeinsame Manöver durchgeführt. Das hilft beim Erfahrungsaustausch, auch unter der Berücksichtigung der Erfahrungen, die wir in Syrien im Kampf gegen den Terrorismus gesammelt haben. Die Verlegung unserer Soldaten von Hmeimim nach Ägypten auf kontinuierlicher Basis ist allerdings nicht geplant.

Vor kurzem wurde das technische Protokoll zwischen der Regierung der Russischen Föderation und der Regierung der Arabischen Republik Ägypten über die Zusammenarbeit im Bereich der Gewährleistung der Sicherheit der zivilen Luftfahrt unterzeichnet, das den partnerschaftlichen Charakter unserer Beziehungen widerspiegelt. Das Protokoll sieht konkrete Sachen vor, darunter eine kostenlose Anmeldung für Überflüge im Luftraum eines anderen Staates, die Gewährleistung der militärischen Navigationsdienstleistungen, der Schutz von Abstellplätzen. Das sind gegenseitige militärische Maßnahmen der Meistbegünstigung. 

Frage: Vor kurzem wurde der ehemalige Präsident Jemens, Ali Abdullah Salih, getötet. Die Situation ist dort unklar. Was meint Russland über die Lage in Jemen? Die Botschaft Russlands in Jemen wurde nach Saudi-Arabien verlegt. Wie kann man Ihrer Meinung nach den politischen Prozess im Kontext jener Widersprüche fördern, die wir zwischen den Ländern des Persischen Golfs sehen?

Sergej Lawrow: Mord am ehemaligen Präsidenten Jemens, Ali Abdullah Salih, verschärfte die Situation ernsthaft, wodurch sich die Hussiten-Bewegung radikalisiert hat. Wir hatten eine Allianz mit dem Kongress, den Ali Abdullah Salih leitete, danach fingen bei ihnen innere Widersprüche an. Wir regten die beiden Seiten dazu an, dass sie sich in den gesamtjemenitischen Dialog involvieren müssen. Das Verständnis haben wir erreicht, aber etwas lief schief. Wahrscheinlich gibt es dort subjektive Faktoren, die berücksichtigt werden müssen. Natürlich, was auch immer dort geschieht (jetzt herrscht doch eine ernste Verschärfung - Bedrohung einer vollen Blockade), gibt es keinen anderen Weg außer friedlichen Verhandlungen. Wir beteiligen uns an der Unterstützungsgruppe, die für die Unterstützung des UN-Sondergesandten zur jemenitischen Regelung zusammengerufen wird. Ich hoffe, dass er die unvoreingenommenen vereinigenden Initiativen fördern und nicht diese oder jene Partei nehmen wird, was für den Vermittler sehr wichtig ist. 

Wir sprechen natürlich auch mit unseren saudi-arabischen Kollegen, Amerikanern, Engländern und Iranern. Ich habe gerade gesagt, als ich auf die andere Frage antwortete, dass, es natürlich viel einfacher wäre, die Aufgaben zu lösen, wenn in der Region des Persischen Golfs ein Verständnis zwischen den Ratsmitgliedern der Zusammenarbeit der arabischen Staaten des Persischen Golfs und der Islamischen Republik Iran erreicht werden würde. Die ständigen Verdächtigungen in Bezug gegeneinander und Verzichte auf Kontakte verschärfen nur die Situation weiter. Es ist wichtig, von Angesicht zu Angesicht zu sprechen und sich die gegenseitigen Besorgnisse anzuhören sowie irgendwelche Wege ihrer gegenseitigen Berücksichtigung zu finden. Ich hoffe, wir werden dazu kommen.

Frage: Im kommenden Jahr finden in einer Reihe der Länder Lateinamerikas Wahlen statt. Das besondere Interesse rufen Mexiko, Venezuela und Kuba hervor. Der Präsident Kubas, Raul Castro, sagte, dass er vorhat, seinen Posten im April des kommenden Jahres niederzulegen. Soll man unter solchen Umständen Veränderungen auf Kuba des Kurses Mexikos, die Verbesserung der Situation in Venezuela erwarten, besonders bezüglich der Spannung zwischen der Regierung und der Opposition und irgendwelcher heftiger Veränderungen in Kuba?

Sergej Lawrow: Wir haben sehr gute Beziehungen mit Lateinamerika. Wir sehen, wie wellenartig der politische Prozess läuft. Vor einiger Zeit erschien die Mehrheit der linken Regierungen, jetzt erscheinen rechte Regierungen. Ich kann Ihnen sagen, nach meinen eigenen Empfindungen, wir spüren keine heftigen Veränderungen bei der Herangehensweise der lateinamerikanischen Länder an die Beziehungen mit der Russischen Föderation. Ja, sie haben hauptsächlich Differenzen zwischen den entsprechenden Parteien, die das innere Leben betreffen, wie es oft der Fall ist. Obwohl wir natürlich die Versuche einiger unserer westlichen Partner, den Lauf der Wahlen zu beeinflussen, wie es zum Beispiel in Venezuela zum Vorschein kommt, beobachten.

In Venezuela wurden sehr positive Veränderungen erreicht, darunter im Laufe der vor kurzem stattgefundenen Gouverneurs- und Kommunalwahlen, die zur größten Überraschung derer, die einen Skandal wünschten, absolut friedlich waren, und ihre Ergebnisse wurden angenommen. In Venezuela läuft ein Verhandlungsprozess zwischen der Regierung und der Opposition. Ich bin überzeugt, dass, wenn sich niemand darin einmischen wird, sie eine Vereinbarung erreichen werden. Solche Anzeichen gab es schon. Kaum der Fortschritt nahe liegt, tauchen jedoch leider Interessenten auf, den Oppositionellen sofort ins Ohr zu „flüstern“, damit sie ihre Position verschärfen. Wir rufen dazu auf, dies nicht zu tun. Das ist sowohl nicht im Interesse Venezuelas als auch Lateinamerikas. 

Was Mexiko angeht, so sehen wir auch keine irgendwelchen „russischen Faktoren“ in den mexikanischen Wahlen. Niemand wirft uns Gott sei Dank vor, dass wir uns auch in diesem Land einmischen. Aber ich möchte dennoch noch mal sagen, dass wir nach wie vor keine Fakten von den Regierungen bekommen haben, die uns die Einmischung in die inneren Angelegenheiten vorwarfen. Kein einziger Fakt! Das heißt nun, dass sie diese Fakten gar nicht haben.

Wir haben mit Mexiko sehr zufriedenstellende Pläne zum Ausbau der Zusammenarbeit in solchen Bereichen wie Investitionen, Handel, Zivilluftfahrt und in vielen anderen hochtechnologische Bereichen. Wir arbeiten mit den Mexikanern in der der UNO, im G20-Rahmen und der CELAC sehr eng zusammen.

Was Cuba angeht, so ist es unser alter und gut bewährter Freund und Partner. Das ist das Land, das Legende in seiner Halbkugel wurde, aber auch insgesamt in der Welt. Das Land, das, ich glaube, sich trotz der schwierigsten Proben, die dem Land zuteil wurden, sich sehr würdig und stolz darbietet Wir befinden uns im ständigen Kontakt mit der aktuellen Führung Kubas, mit allen seinen Vertretern. Wir sehen keine Gründe, dass sich unsere Beziehungen ändern werden, nachdem jetzt schon im April, wie ich verstehe, die Einberufung eines neuen Parlaments, die einen neuen Leiter wählen wird, stattfindet. Ich sehe der Zukunft optimistisch entgegen.

Frage: Die Migrationspolitik von Donald Trump, ruft in Lateinamerika weiter Empörung hervor. Nichtsdestoweniger wird die Liste der Kritiker Washingtons nicht größer. Im Gegenteil findet in der Region die Wendung „nach rechts“ weiter statt. Vor diesem Hintergrund wird der Einfluss Chinas in einigen Ländern stärker. Wie wird sich Russland gegenüber den Partnern in Lateinamerika unter solchen Umständen verhalten? Wird die Zusammenarbeit mit den historischen Partnern weiter bestehen, werden pragmatische Beziehungen mit anderen Ländern der Region gefördert?

Sergej Lawrow: Hinsichtlich der Migration in Bezug auf Latein-, Süd-, Nordamerika, die Karibik, so betrifft sie uns nicht direkt. Wir können nur dies nur kommentieren, indem wir von universellen Problemen ausgehen, die die aktuelle Phase der Migration nicht nur in Ihrer Region, sondern auch in anderen, darunter im Norden Afrikas, Nahen Osten, in Nordeuropa, anderen Erdteile auslöst.

In New York Vor wurde vor einem Jahr beschlossen, Verhandlungen über die Ausarbeitung eines Abkommens über die geregelte legale Migration zu beginnen, die Anfang Dezember in Mexiko eingeleitet wurden. Leider kam die Delegation der USA nicht an. Die Vereinigten Staaten von Amerika sagten, dass sie aus diesem Prozess austreten, obwohl sie den vorjährigen Beschluss über den Beginn der Verhandlungen unterstützt haben. Die neue Administration will nicht in diesem konkreten Fall solchen Schritten folgen, die die Administration von Barack Obama (das beobachten wir auch in anderen Situationen) unternahm. Aber das Problem ist immer noch da, man muss sich über die Migration vereinbaren.

In Europa treten wir dafür ein, dass die Migrationsströme ein Gegenstand der Vereinbarungen werden, wobei unter Berücksichtigung der Gründe, die diese Ströme zu solch einem Ausmaß geführt haben. Die Gründe sind klar, das ist der „arabische Frühling“, in den man sich einmischte. Man zerbombte Libyen, das sich sofort in eine „graue Zone“ verwandelt hat. Und auch der Korridor für die ganzen illegalen Waffen, für Kämpfer – nach Süden, für Migranten – nach Norden usw.

In Lateinamerika gab es Gott sei Dank keine derartigen Katastrophen, die damit vergleichbar wären, wie dies im Nahen Osten und in Nordafrika der Fall war. Jedoch muss man sich auf jeden Fall Verhandlungen führen. Wie ich verstehe, bilden die Mehrheit der Migranten, die Probleme bei Washington auslösen, Wirtschaftsmigranten, die einfach nach besserem Schicksal suchen. Nicht ich entscheide, sondern diejenigen, die in dieser Region leben. Ich gehe einfach davon aus, dass es immer besser ist, sich zu vereinbaren, als jemanden zu isolieren, Brücken zu schlagen, als Wände zu bauen. Ich rechne damit, dass dies letzten Endes auch geschieht.

Was das Interesse Chinas an dieser Region betrifft, so ist das auch absolut natürlich. China ist die zweite (wird bald die erste) Wirtschaftsmacht in der modernen Welt. China hat seine eigenen Interessen. Es will investieren, was für seine Wirtschaft, für das Land, das nicht so viele eigene Mineralvorkommen hat, nutzbringend sein wird. Natürlich ist Lateinamerika eine sehr zukunftsweisende Region auch für unsere Unternehmen. Je nach Möglichkeiten unserer Wirtschaftsoperatoren agieren wir auch aktiv in Lateinamerika.

Ich schließe nicht aus und bin überdies der Ansicht, dass es richtig wäre (die ersten Kontakte finden schon statt), dass unsere und chinesische Unternehmer jene Situationen betrachteten würden, dank denen sie ihre Bemühungen bündeln können. Solche Projekte gibt es nicht wenig. Nachdem unsere und chinesische Geschäfte in Lateinamerika aktiver werden und mehr verstehen, was wie geschieht, so bin ich überzeugt, dass solche Projekte kommen werden, sogar auch nicht nur in der russisch-chinesischen Begleitung, sondern auch im BRICS-Rahmen, der neuen Bank für Entwicklung, die in der BRICS ins Leben gerufen und am Anfang für die Finanzierung der Projekte in den Ländern dieser Vereinigung gedacht wurde. Jedoch schließt ihre Charta Projekte auch in anderen Regionen (in der Republik Südafrika öffnet sich ihre Vertretung) nicht aus. Nicht in dieser Sekunde, nicht morgen, aber ich glaube, dass es auch eine zukunftsweisende Form der Zusammenarbeit ist.

Frage: Unter der aktuellen Administration des Weißen Hauses sieht so aus, dass sich die Beziehungen zwischen den USA und Kuba im Gegensatz zur Administration von Barack Obama verschlechterten. Die Situation ist besonders dann schwieriger geworden, nachdem die Administration von Donald Trump den kubanischen Behörden die akustischen Angriffe gegen die US-Diplomaten auf Kuba vorgeworfen hatte. Was kann man von den bilateralen Beziehungen zwischen Kuba und den USA unter diesen Bedingungen erwarten?

Sergej Lawrow: Wir sind nicht froh darüber. Wir haben die Normalisierung der Beziehungen aktiv unterstützt, die von der vorigen Administration ausgerufen wurde, als der US-Präsident, Barack Obama, Kuba besucht hat. Die US-Botschaft hat ihre Arbeit wiederaufgenommen. Obwohl man der Gerechtigkeit halber sagen muss, dass die Sektion der Interessen der USA auf Kuba als die vollwertige Botschaft der größten diplomatischen Mission in Havanna, die jede Botschaftsstruktur um viele Male übertrifft, funktionierte. Nichtsdestoweniger sind Symbole in den politischen Beziehungen zwischen den Ländern und in der Diplomatie wichtig. Die Wiederaufnahme der Tätigkeit der vollwertigen US-amerikanischen Botschaft in Havanna und der kubanischen in Washington war ein sehr positives Zeichen. Mehrere praktische Schritte wurden für die Normalisierung und die handelswirtschaftlichen Beziehungen unternommen, obwohl die wichtigsten Angelegenheiten noch geblieben sind: hier meine ich vor allem die handelswirtschaftliche Blockade, die bereits 55 Jahre dauert und jedes Jahr von der UN-Generalversammlung verurteilt wird, wogegen die USA zusammen mit zwei bis drei engen und nicht sehr engen Verbündeten stimmen. Die ganze Europäische Union stimmt zusammen mit der anderen Welt. Natürlich bleibt auch das Problem des Stützpunktes Guantánamo weiter, darunter auch das illegitime Funktionieren des Gefängnisses dort. Aber alle diese Fragen unterliegen den bilateralen Verhandlungen. Wir werden die souveränen Positionen der kubanischen Führung unterstützen. 

Jetzt bezüglich der Blockade und des Embargos - wenn jemand auch beweisen musste, dass diese Zwangsmaßnahmen für das Erreichen der politischen Ziele sinnlos sind, so hat das Kuba bewiesen. Leider werden die Lehren nicht daraus gezogen. Und schon jetzt, seit der Regierung von Barack Obama, wenn bei den Amerikanern in der Diplomatie etwas schief läuft, greifen sie sofort auf ihren „Sanktionsknüppel“ zurück. In Nordkorea, wir haben es gerade besprochen, sehen wir genau dieses Beispiel. Wir haben Kräfte. Kraft gibt es zwar, aber an Diplomatie fehlt es.

Wir möchten sehr, dass die USA ihre Beziehungen mit Kuba normalisieren. Stattdessen wurden irgendwelche Vorwürfe in Bezug auf die akustischen Angriffe gegen die Mitarbeiter der Botschaft erhoben. Ich habe gehört, dass es zwischen den Kubanern und dem FBI Sonderkontakte gab, darunter auch in Havanna, dass die FBI-Vertreter nichts herausgefunden haben, was die Version über das Vorhandensein von akustischen Waffen bestätigt hätte. Aber der FBI als ehrliche Ermittler legten ihre Position den Politikern dar, und diese ihrerseits haben beschlossen, dies nicht publik zu machen. Ich habe davon nur gehört. Ich kann nicht sicher sagen, ob das so war, aber wenn es anders gewesen wäre, so hätten die USA wahrscheinlich bereits juristische Maßnahmen unternommen. Und keiner konnte bisher auch erklären, was ein akustischer Angriff ist.

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