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Auftritt des Außenministers der Russischen Föderation S. W. Lawrow und seine Antworten auf die Fragen der Medienvertreter zu Ergebnissen der Verhandlungen mit dem Außenminister der Republik Kasachstan E. A. Idrisov auf einer gemeinsamen Pressekonferenz in Moskau am 25. Januar 2013

135-25-01-2013

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

mein Kollege, der Außenminister von Kasachstan E. A. Idrisov und ich haben nutzbringende Verhandlungen in der traditionell freundschaftlichen und vertrauensvollen Atmosphäre geführt - wie bei strategischen Partnern und Verbündeten wie Russland und Kasachstan üblich. Auf allen Gebieten unserer Kooperation ist eine dynamische Entwicklung zu verzeichnen. Wir haben festgestellt, dass regelmäßige Treffen unserer Spitzenvertreter, bei denen die Schwerpunkte aller wichtigen Arbeitsbereiche festgelegt werden, von großem Nutzen sind. Es findet ein intensiver politischer Dialog auf vielen Ebenen statt, auch zwischen den Leitern der Außenbehörden beider Länder.

Als Zeichen des hohen Maßesunserer gemeinsamen Interessen und der Bereitschaft unserer Länder zu einer weiteren Annäherung und Integration gilt dieBekräftigung der Präsidenten Russlands und Kasachstans vom 19. Dezember 2012 zu einem gemeinsamen Handlungsplan für den Zeitraum 2013-2015. Natürlich betrachten wir den Ausbau unserer Beziehungen auf regionaler Ebene als eines der wichtigsten praktischen Ergebnisse, welches wir in handelspolitisch-wirtschaftlichen, sozialen und anderen Bereichen erzielt haben. Im September 2012 fand in Pawlodar das 9. Forum für interregionale Zusammenarbeit zwischen Russland und Kasachstan unter Beteiligung unserer Staatsoberhäupter statt und für dieses Jahr ist ein solches Treffen in Jekaterinburg geplant.

Heute haben wir Fragen zur Vorbereitung eines Abkommens zwischen Russland und Kasachstan über ein gutes nachbarschaftliches Verhältnis und eine verstärkte Kooperation im 21. Jahrhundert erörtert, das nach den Vorgaben der Präsidenten der Russischen Föderation und Kasachstans, W.W. Putin und N.A. Nasarbajew im Laufe dieses Jahres geschlossen werden soll. Es handelt sich um ein zukunftsorientiertes Dokument mit dem Ziel, die Zusammenarbeit zwischen Russland und Kasachstan auf ein qualitativ neues Niveau zu heben.

Im Zentrum unseres Interesses standen verschiedene Aspekte der Kooperation in den Integrationsvereinigungen - innerhalb der Zollunion, des Einheitlichen Wirtschaftsraumes, der Eurasischen Wirtschaftsgemeinschaft EAWG, sowie innerhalb der GUS - und die Aufgabe eine Eurasische Wirtschaftsunion zum 1. Januar 2015 zu bilden. Wir sind zu der Erkenntnis gelangt, dass der Erfolg eines eurasischen Integrationsprojekts in hohem Maße davon abhängt, wie wir unsere Bemühungen aufeinander abstimmen. Wir haben uns daher darüber verständigt, uns kontinuierlich mit dieserThematik zu befassen. Über Möglichkeiten eines weiteren Aufbaus der Kapazitäten der OVKS [Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit] haben wir uns ebenfalls ausgetauscht. Unsere große Anerkennung gilt dem OVKS-Vorsitz Kasachstans im Jahr 2012: Dieser hat sich auf dem Gipfeltreffen in Moskau im Dezember letzten Jahres durch die Verabschiedung einer Reihe wichtiger und auf praktische Resultate zielender Dokumente ausgezeichnet.

In regionalen und internationalen Fragen arbeiten wir eng mit der UNO, der OSZE und anderen Organisationen zusammen. Heute haben wir uns eingehend mit tagesaktuellen regionalen Aufgabenstellungen beschäftigt, einschließlich der Situation in Zentralasien im Kontext der Ereignisse in und um Afghanistan herum. Auch sehen wir viele Übereinstimmungen bei unseren Herangehensweisen an die weitere Entwicklung der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit.

Ein Aktionsplan für die Zusammenarbeit zwischen den Außenministerien Russlands und Kasachstans wurde heute unterzeichnet, ein sehr umfangreiches und konkretes Projekt. Ich bin davon überzeugt, dass dies einen zusätzlichen Impuls für die Zusammenarbeit der Außenbehörden unsererbeiden Staaten gibt.

Ich danke meinem Kollegen und erteile ihm nun das Wort.

Frage: Könnten Sie bitte näher erläutern, welches der Inhalt der offiziellen Note Russlands war, die nach der Entscheidung Kasachstans, den Start von Proton-Raketenträgern vom Raumhafen Baikonur im Jahr 2013 zu begrenzen, an die kasachische Botschaft in der Russischen Föderation ging? Welche offizielle Haltung nahm Russland in dieser Frage ein? Ist es Ihnen im Verlauf der heutigen Gespräche gelungen, die Unstimmigkeiten auszuräumen?

S.W. Lawrow: Von Unstimmigkeiten würde ich ebenso wenig sprechen wie von einer besonderen Bedeutung unseres Notenaustauschs. Dieser findet regelmäßig zum gesamten Themenkomplex der umfangreichen Zusammenarbeit zwischen Russland und Kasachstan statt. Dieser Austausch beinhaltet auch den Weltraum, dabei vor allem die Nutzung des Weltraumbahnhofs Baikonur, die traditionellerweise zu unseren obersten Prioritäten gehört. Die Präsidenten Russlands und Kasachstans haben während ihres Treffens in Moskau am 19. Dezember 2012 die Wichtigkeit dieses Austausches bestätigt. Dabei unterstrichen sie die Notwendigkeit, an der Entwicklung von Baikonur als wichtigem Kooperationsobjekt undSymbol für Partnerschaft und Bündnis festzuhalten.

Der alltägliche Betrieb eines solchen wirtschaftlich-industriellen komplexen Systems wirft selbstverständlich Fragen auf, die geklärt werden müssen. Unter anderem stellte sich die Frage zur Anzahl der Starts. Sie rührt her von Kasachstans Besorgnis über die ökologischen Folgen dieser Abläufe. Die russische Seite unternimmt alles Nötige zur Verbesserung der ökologischen Aspekte - so werden modernisierte Proton-M-Raketen eingesetzt. Auch stimmen wir uns über die Anzahl der Startsschon seit langem ab.

Daher sehen wir in diesem Vorfall nichts Sensationelles, das gehört einfach zu unserer Arbeit. Die Präsidenten unserer beiden Länder sind sich der Notwendigkeit bewusst, Situationen dieser Art zu regeln; sie haben die Entscheidung getroffen, eine unabhängige zwischenstaatliche Regierungskommission zu gründen, die sich mit Baikonur befassen soll. Diese Kommissionwurde nun ins Leben gerufen - von unserer Seite mit I.I. Schuwalow als Vorsitzenden. Heute haben wir uns darauf geeinigt, dass es notwendig ist, die konstruktive Arbeit an dem mit der Nutzung von Baikonur verbundenen Fragenkomplex fortzusetzen - dies natürlich im Auftrag der Präsidenten und von Entscheidungen getragen, die gemeinsam auf Regierungsebene und mit den Weltraumorganisationen getroffen werden.

Frage: Würden Sie bitte näher erläutern, wie die Informationen über die Note an die Massenmedien geraten konnte?

S.W. Lawrow: Ich weiß nicht, wer die Note in den Massenmedien veröffentlicht hat. Wir nutzen den Notenaustausch als übliche Form des diplomatischen Schriftverkehrs. Mir ist nicht bekannt, wer sie an die Öffentlichkeit gebracht hat, wer dieses Leck zugelassen hat. Ich nehme an, dass es sich hierbei um Leute handelt, die aus einer Mücke einen Elefanten machen wollten.

Frage: In diesem Jahr hat Russland den G-20-Vorsitz inne.Wird in diesem Sommer die Frage regionaler Integrationsprozesse in der GUS auf der Tagesordnung des Gipfeltreffens stehen? Werden zu diesem Gipfeltreffen auch die Regierungschefs der GUS eingeladen?

S.W. Lawrow: Das G-20-Gipfeltreffen wird nicht im Sommer, sondern im September stattfinden. Bei der Vorbereitung hierzu haben wir Kontinuität zu gewährleisten. Die G-20 ist so wertvoll, weil sie Initiativen ausarbeitet, die dann später für alle übrigen Staaten verständlich und akzeptabel sein müssen. Die G-20 kann nicht für alleBeschlüsse fassen. Auf jeden Fall werden ihre Beschlüsse formal erst einmal durch globale, multilaterale Einrichtungen wie den IWF und die Weltbank beleuchtet. Eine aktivere Zusammenarbeit mit der UNO ist ebenfalls unabdingbar. Kontinuität ist bei dieser Arbeit sehr wichtig.

Während des russischen Vorsitzes soll der Schaffung zusätzlicher Voraussetzungen für Investitionserweiterungen besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden, und auch geeigneten Maßnahmen, welche die Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze ermöglichen, darüber hinaus denFragen zur Staatsverschuldung und möglichen Lösungenohne dabei merkliche Erschütterungen der Weltwirtschaft zu verursachen. Eine der brennendsten Fragen, mit denen sich das Forum vom ersten Gipfel an befasst hat, stellt die Reform des internationalen Währungs- und Finanzsystems dar. Beschlüsse dazu wurden zwar gefasst - sind jedoch erst zum Teil umgesetzt worden. Gemeinsam mit unseren Partnern aus den BRICS-Staaten (sie gehören ebenfalls alle zur G-20)und anderen Gleichgesinnten werden wir eine Umsetzung aller Beschlüsse zur Reform des internationalen Währungs- und Finanzsystems erreichen. Die Beschlüsse beziehen sich auf die erste Reformetappe, eine Vereinbarung über die weiteren Etappen steht noch aus.

Traditionellerweise werden zu den Gipfeltreffen der G-20 Staaten eingeladen, die keine ständigen Mitglieder in diesem Verbund sind. Ebenso wollen wir besonders Fragen in den Blickpunkt rücken, die mit der eurasischen Integration im Kontext einer allgemeinen Verbesserung der Integrationsprozesse zusammenhängen wie auch ihre Rolle bei der Entwicklung der Weltwirtschaft. Diese Tendenz ist überall zu spüren und hat auch an unserer Region nicht Halt gemacht. Vielmehr sind wir der Meinung, dass gerade in unserer Region diese Prozesse am intensivsten sind und, wie ich hoffe, dass sie erfolgreich verlaufen werden.

Was nun konkret die Liste der geladenen Gäste betrifft – so wird diese vom vorsitzenden Präsidenten gemeinsam mit seinen Kollegen der G-20 zur Diskussion gestellt. Ich bin davonüberzeugt, dass sie ausreichend repräsentativ sein wird.

Frage: (an E. A. Idrisov): Würden Sie bitte Pläne zum Wechsel des kyrillischen zum lateinischen Alphabet in der kasachischen Sprache kommentieren? Ist dies nicht ein Signal in Richtung einer Änderung der geopolitischen Interessen der Republik Kasachstan?

S.W. Lawrow: (ergänzt nach der Antwort E. A. Idrisovs über die Möglichkeit eines Wechsels der russischen Sprache zum lateinischen Alphabet):

Wir werden die russische Sprache nicht gegen das lateinische Alphabet austauschen, allein schon, weil dieses die Buchstaben „jo" und das „kurze i" nicht wiedergeben kann. Mein Kollege hat absolut Recht mit dem, was er über Lunatscharski und die Anfänge der Sowjetmacht sagt. Tatsächlich wurde das lateinische Alphabet in Kasachstan zur sowjetischen Zeit1929 eingeführtund bis in die 1940-er Jahre auf die kasachische Sprache angewandt. Wir haben bei der Erklärung des Präsidenten Kasachstans deutlich vernommen, dass diese Entscheidung in keiner Weise einen Wechsel der geopolitischen Bevorzugungen bedeutet.


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