21:46

Stellungnahme und Antworten des Außenministers Russlands, Sergej Lawrow, auf Pressefragen nach dem Besuch am 2. April 2015 in Duschanbe

619-02-04-2015

Guten Tag,

Wir beendeten einen inhaltsvollen Arbeitstag in Duschanbe.

Vor allem möchte ich über den OVKS-Außenministerrat sprechen. Wir behandelten mehrere wichtige Fragen. Wir vereinbarten, dass wir im Rahmen unserer gemeinsamen Arbeit, die mit der Vorbereitung auf den 70. Jahrestag des Sieges im Großen Vaterländischen Krieg verbunden ist, eine Reihe von Veranstaltungen durchführen werden. Wir billigten eine Gemeinsame Erklärung, die in der UNO, der OSZE und auf anderen internationalen Plattformen verbreitet wird. Wir vereinbarten konkrete Aspekte der Feierlichkeiten dieser Veranstaltung in Moskau und anderen Hauptstädten der OVKS-Länder.

Es ist prinzipiell wichtig, dass diese Pläne beim heutigen Treffen der Minister vom amtierenden OSZE-Vorsitzenden, dem Außenminister Serbiens, Ivica Dačić, und dem Leiter des UN-Zentrums für präventive Diplomatie für Zentralasien, Miroslav Jenča, unterstützt wurden. Sowohl in der UNO als auch in der OSZE kam es zu der Entscheidung, den Tag des Großen Sieges ehrenvoll zu begehen, und wir vereinbarten mit unseren Partnern, wie es konkret organisiert wird.

Wir billigten zudem den Konsultationsplan der OVKS-Mitglieder zu Fragen der Außenpolitik, Verteidigung und Sicherheit. Es ist ein inhaltsvolles Dokument, das über 20 Veranstaltungen vorsieht. Im Rahmen des vor einigen Jahren gestarteten Programms zur Koordination der außenpolitischen Tätigkeit durch die Vorstellung gemeinsamer Positionen auf internationalen Foren billigten wir die nächste Liste der Gemeinsamen Erklärungen, die unsere Botschafter, die Vertreter bei den internationalen Organisationen in der UNO, der OSZE und dem Europarat und anderen Strukturen in diesem Jahr ausarbeiten werden. Insgesamt wurde zehn Themen vereinbart, die den Gemeinsamen Erklärungen zugrunde gelegt werden.

Wir behandelten das Zusammenwirken zwischen der OVKS und der OSZE. Wir treten dafür ein, dass der OVKS-Generalsekretär im Rahmen seiner Anwesenheit auf den jährlichen OSZE-Ministertreffen - neben anderen Anführern der regionalen Organisationen - an der Ausarbeitung der Wege zur Erhöhung der Aufmerksamkeit bezüglich den Fragen der gesamteuropäischen Sicherheit aktiver teilnimmt. Diese These wurde vom OSZE-Vorsitzenden Ivica Dačić unterstützt.

Der Prozess Helsinki +40 ist weiter im Gange und für uns ist es wichtig, dass das vor langem ausgerufene Prinzip der Unteilbarkeit der Sicherheit konkrete Formen annimmt und in konkrete Mechanismen, mit dessen Hilfe jedes Land im OSZE-Raum, unabhängig von seiner Zugehörigkeit zu diesem oder jenem Block, wie alle anderen Länder sich in Sicherheit fühlen können, umgesetzt wird. Es ist ein ernsthaftes Problem, und dass es nicht systematisch gelöst wurde, ist einer der Gründe des Weiterbestehens der Konflikte im OSZE-Raum, einschließlich die Entstehung der schwersten innerukrainischen Krise.

Außerdem führten wir in Duschanbe bilaterale Verhandlungen mit der Führung der Republik Tadschikistan durch. Soeben ging das Treffen beim Präsidenten Tadschikistans, Emomalii Rahmon, zu Ende. Wir bewerteten die Entwicklung der Beziehungen zwischen unseren Ländern als zufriedenstellend.

Im Wirtschaftsbereich wurden viele Fragen, deren Lösung unser Zusammenwirken vorantreiben soll, auf der im vergangenen Monat stattgefundenen Sitzung der Zwischenstaatlichen Kommission für handelswirtschaftliche Zusammenarbeit behandelt. Wir sprachen uns klar dafür aus, dass alle diese Vereinbarungen möglichst schnell und effektiv umgesetzt werden.

Es entwickelt sich die innerparlamentarische Zusammenarbeit. Im vorigen Jahr besuchten sich die Leiter der Parlamente Russlands und Tadschikistans gegenseitig. Im Herbst des vorigen Jahres fand in Moskau das interregionale Forum mit der Teilnahme der Regionen Tadschikistans und Subjekte der Russischen Föderation statt. Das ist ein sehr wichtiges Niveau der menschlichen Kommunikation, das die freundschaftlichen Beziehungen zwischen unseren Völkern zementiert. Die Lösung der Fragen der Legalisierung und Gewährleistung eines maximal angenehmen Aufenthalts für Arbeitsmigranten aus Tadschikistan wurde als zufriedenstellend eingeschätzt. Wir bereiteten zusätzliche Abkommen vor, mit deren Hilfe eine maximale Anzahl von Problemen, die es noch auf diesem Gebiet gibt, gelöst werden können. Es gibt dabei Fortschritte, und die Hauptaufgabe ist, diese Menschen „aus dem Schatten herauszuführen“, sie vollberechtigt und geschützt zu machen, damit niemand sie ausnutzen kann.

Wir sprachen von der Entwicklung des Militärtopografischen Dienstes, über die militärtechnische Unterstützung Tadschikistans als OVKS-Verbündeter von Russland, vor allem unter Berücksichtigung der Bedrohungen, die vom Süden ausgehen, aufgrund der misslichen Lage in Afghanistan trotz allerlei Erklärungen vom Gegenteil, wo neben den dort traditionell präsenten extremistischen Organisationen, darunter die Islamische Bewegung Usbekistans, die Islamische Bewegung Turkestans und al-Qaida jetzt bereits der Islamische Staat Wurzeln schlägt. Wir bestätigten die Verbundenheit zur Umsetzung der Verpflichtungen gegenüber Tadschikistan bei der Stärkung seiner Verteidigungsfähigkeit auf bilateraler Ebene sowie auch im Rahmen der von der OVKS angenommenen Beschlüsse.

Es wurde zudem heute das Programm der außenpolitischen Zusammenarbeit zwischen den Außenministerien Russlands und Tadschikistans unterzeichnet. Es ist ein traditionelles Dokument, das die Koordination unserer Handlungen im Rahmen der internationalen Organisationen und unsere Botschaften im Ausland gewährleistet.

Zum Schluss bestätigte der Präsident Tadschikistans, Emomalii Rahmon, seinen Dank für die vom Präsidenten Russlands Wladimir Putin erhaltene Einladung, an den Veranstaltungen anlässlich des Tages des Sieges, einschließlich der Durchführung des informellen Gipfels der Anführer der GUS-Staaten am 8. Mai, der Parade und den anderen am 9. Mai bevorstehenden Veranstaltungen, in Moskau teilzunehmen.

Frage: Bekanntlich laufen in Lausanne die Verhandlungen zum Atomprogramm Irans. Wie ist Ihrer Meinung nach der Grund, dass die Seiten sich bis jetzt nicht einigen können, und worin besteht das wichtigste Problem bei den Verhandlungen?

Sergej Lawrow: Ich möchte in Bezug auf die Verhandlungen nicht ins Detail gehen. Ich war in Lausanne in den letzten Tagen bereits zweimal. Die Situation ist nicht standardmäßig, ich würde sogar sagen präzedenzlos. Die Außenminister der größten Staaten der Welt verbringen die Tage, einige sogar Wochen. Das spricht von einem: alle sind an einem schnellstmöglichen Erreichen eines Ergebnisses zur Entspannung der Situation um das iranische Atomprogramm interessiert.

Diese Verhandlungen haben eine lange Geschichte - sie werden seit mehr als zehn Jahre geführt. Sie waren von unseren europäischen Partnern gestartet worden, später schlossen sich Russland, China, die USA, die außenpolitische Führung der Europäischen Union an. In den letzten anderthalb Jahren entwickelten sie sich äußerst dynamisch, die im November des vorigen Jahres zur Annahme einer Zwischenvereinbarung führten. Gemäß dieser Vereinbarung übernahmen die Seiten (Iran und die westlichen Kollegen) die Verpflichtungen zur Lockerung der einseitigen Sanktionen, die im Grunde gegen die Islamische Republik Iran gesetzwidrig eingeführt worden waren. Wir vereinbarten, dass wir - die Sechser-Vermittler (Russland, China, die USA, Frankreich, Deutschland, Großbritannien und die Hohe Vertreterin der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik) - zusammen mit der iranischen Seite alles unternehmen werden, um dieses Problem bis zum 30. Juni 2015 endgültig zu lösen.

Die Fragen, die jetzt gelöst werden, kommen dem Erreichen einer Vereinbarung nahe. Es blieben buchstäblich die letzten Schritte, und in einigen Fällen halbe Schritte. Etwas wurde bereits vereinbart, aber, als diese Verhandlungen gestartet wurden, wurde der Beschluss gefasst, dass wir sie anhand des Prinzips „nichts wird beschlossen, solange nicht alles abgestimmt ist“. Deshalb gehen sie jetzt in die entscheidende Phase. Wir leisteten unseren Beitrag zur Konzeption der Organisation dieser Runde, und gerade uns gehört die Urheberschaft des Prinzips der Reihenfolge und Gegenseitigkeit, wenn die Vereinbarung aufgrund von entgegenkommenden Schritten zustande kommt. Geht der Iran auf die Forderungen der Weltgemeinschaft ein, werden seine äußeren Partner dementsprechend auch konstruktiv reagieren.

Das, was sich jetzt abzeichnet, stimmt absolut mit der Konzeption überein, die der Präsident Russlands Wladimir Putin vorlegte, die in seinem Erlass „Über Maßnahmen zur Umsetzung des außenpolitischen Kurses der Russischen Föderation“ vom 7. Mai 2012 festgeschrieben wurde. In dem Erlass geht es darum, dass wir für die Regelung dieses Problems anhand der absoluten Anerkennung des Rechtes des Irans auf das friedliche Atomprogramm eintreten, unter der Bedingung, dass die IAEA es unter sichere Kontrolle nimmt und alle gegen dieses Land eingeführte Sanktionen aufgehoben werden. In dieser Etappe der Verhandlungen, an denen ich teilnahm, bestätigten wir deutlich diese russischen Herangehensweise. Zweifelsohne ist das der allgemeine Rahmen, der die Lösung in diesen Parametern einer Menge von konkreten Fragen vorsieht. Ich wiederhole, wir haben bis zum 30. Juni Zeit, um ein ausführliches, technisch professionelles, juristisches Dokument auszuarbeiten, wo allerlei Fragen festgehalten werden, die alle Probleme umfassend lösen werden. In dieser Etappe handelt es sich um die Vereinbarung der politischen Rahmenvereinbarungen, die in allen Komponenten bereits verständlich ist.

Aber wie es oft vorkommt, versucht jede Seite in der letzten Etappe der Verhandlungen etwas zusätzlich auszuhandeln, weil sie damit rechnet, dass ihr wegen der Zeitnot entgegengekommen wird. Wir tun das nicht, aber einige Teilnehmer der Verhandlungen verfolgen diese Logik. Ich hoffe, sie werden zu einem Einvernehmen kommen. Die Fragen, die die Russische Föderation prinzipiell vorantrieb, sind in den sich abzeichnenden Vereinbarungen bereits geschützt, und unsere Vertreter, darunter mein Stellvertreter Sergej Rjabkow, der sich ständig in Genf befindet, achten darauf, dass unsere Interessen nicht verletzt werden.

Das wichtigste Problem besteht jetzt darin, dass es, wie Sie wissen, neben den in Bezug auf den Iran vom UN-Sicherheitsrat eingeführten Sanktionen eine ganze Reihe von einseitigen, illegitimen sanktionellen Einschränkungen gibt, die die USA, die EU und andere Länder einführten. Die größten Streitigkeiten gibt es derzeit zwischen den Iranern und denjenigen, die gegen sie diese einseitigen Sanktionen einführten. Sie vereinbaren, wie diese Last verringert werden kann. Wir haben genug Klarheit in Bezug auf die Handlungen, die der UN-Sicherheitsrat zu der sich abzeichnenden Vereinbarung unternehmen soll.

Frage: Könnten Sie den Angriff auf das russische Generalkonsulat in Aden, die Evakuierung unserer Diplomaten und der Bürger aus Jemen kommentieren? Kann Russland die Frage über die Situation im Jemen im UN-Sicherheitsrat aufwerfen?

Sergej Lawrow: Man muss einräumen, dass die Frage über die Situation in Jemen im UN-Sicherheitsrat bereits behandelt wird. Von der Gruppe der Mitverfasser wurde ein Resolutionsentwurf eingebracht, hauptsächlich sind das die arabischen Golfländer. Leider wurde die Resolution nach den dramatischen Ereignissen in diesem Land eingebracht, und die Koalition, die von Saudi-Arabien gebildet wurde, startete bereits einen Militäreinsatz.

Natürlich würden wir es vorziehen, wenn ein Appell an den UN-Sicherheitsrat gerichtet wird, bevor es zu Gewalt kommt. Jetzt versuchen wir, den Text zu vereinbaren, der sich nicht auf die Unterstützung einer Seite in der jemenitischen Tragödie richtet, sondern darauf, dass die Huthis im Süden der Republik Jemen die Gewaltaktivitäten einstellen, und die Koalition, die Luftangriffe auf die Stellungen der Huthis fliegt, auch eine Pause macht. Die Vertreter der jemenitischen Seiten, einschließlich Präsident Abed Rabbo Mansur Hadi, die Huthis und andere politische Kräfte dieses Landes, müssen sich auch an den Verhandlungstisch setzen, was eigentlich ziemlich lange diskutiert wurde. Ich hoffe, dass solch ein Herangehen Unterstützung bekommen wird. Wenigstens empfinden wir, dass es sowohl in Europa als auch in den USA ein Verständnis von der Notwendigkeit gerade dieser Lösung gibt. Weil die Alternative, ausschließlich Partei für eine Seite in diesem Konflikt zu nehmen, allen Prinzipien widerspricht, die der Tätigkeit der UNO und ihrem Sicherheitsrat zugrunde liegen.

Was das Schicksal der russischen Bürger betrifft, so unternehmen wir seit Anfang dieser akuten Phase alle notwendigen Schritte im Kontakt mit den Behörden Jemens (ich meine die Vertreter des Präsidenten Abed Rabbo Mansur Hadi, die Opposition, die Huthis), damit sich unsere diplomatischen Vertretungen - die Botschaft in Sana und das Generalkonsulat in Aden - in einer garantiert sicheren Lage befinden. Wir bereiteten Pläne zur Evakuierung vor, informierten darüber die jemenitischen Seiten und die Koalition über ihrem Anführer – Saudi-Arabien. Wir vereinbarten, über welche Reiserouten und Mittel wir unsere Leute evakuieren werden. Aus Aden wurden die Russen mit einem Marineschiff von uns bereits weggebracht. Es wurden von dort alle unsere Diplomaten sowie Bürger mehrerer GUS-Staaten und einiger arabischer Staaten, die diesen Wunsch geäußert hatten, evakuiert.

Was Sana betrifft, das keine Hafenstadt ist, wurden zwei russische Flugzeuge dorthin entsandt. Zuvor hatten wir alle Länder des Flugraums und den Leiter der Koalition, Saudi-Arabien, benachrichtigt. Wir erhielten die Bestätigung für den Überflug und darauf, dass aus Sana die russischen Staatsbürger und mehrerer GUS-Staaten sowie anderer Staaten evakuiert werden, die an der Beteiligung an dieser Operation interessiert waren. Leider wurde den Flugzeugen der Weiterflug im Luftraum bis Jemen verweigert. Ein Flugzeug musste in Kairo, das zweite in Dschibuti gelandet werden.

Wir unternahmen alle notwendigen Maßnahmen, damit sich das in Kairo zwischengelandete Flugzeug in Sana landet und alle Menschen mit an Bord nimmt, die mit diesem Flugzeug fliegen wollten. Das Flugzeug aus Dschibuti fliegt nach Sana in den nächsten Stunden.

Natürlich ruft die Tatsache, dass während dieser Verhandlungen und Zwischenfälle um den Flug im Luftraum der Nachbarländer ein Angriff auf den Stadtteil verübt wurde, wo sich das Generalkonsulat Russlands in Aden befindet, sehr ernsthafte Besorgnisse hervor. Wir sind überzeugt, dass dieser Angriff nicht geplant worden war. Nichtsdestoweniger müssen bei der Vorbereitung solcher Operationen mit den uns gegebenen Versprechen gerechnet werden. Die Zufälligkeit eines solchen Aktes ist natürlich möglich, aber wir benachrichtigten mehrmals über die Koordinaten unserer diplomatischen Vertretungen auf dem Territorium Jemens und hoffen sehr, dass es solche Fehler nicht mehr geben wird.

Das Generalkonsulat wurde zerstört und von den Vertretern der Schiiten weitgehend ausgeraubt. Was den Schadensersatz und den Wiederaufbau des Objektes betrifft, ist das keine Frage für die allernächste Zeit. Sobald der militärische Konflikt beendet ist, werden wir uns damit direkt beschäftigen. Aber damit er beendet wird, muss der UN-Sicherheitsrat eine Anwendung der Gewalt grundsätzlich untersagen und Aber damit er beendet wird, muss der UN-Sicherheitsrat eine Anwendung der Gewalt grundsätzlich untersagen und nicht nur Partei für eine Seite in der jemenitischen Krise nehmen.

 


Additional materials

  • Photos

Photo album

1 of 1 photos in album