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Rede und Antworten des Außenministers der Russischen Föderation, Sergej Lawrow, während einer gemeinsamen Pressekonferenz nach den Verhandlungen mit dem Außenminister der Islamischen Republik Iran, Mohammed Dschawad Sarif, am 16. Juni 2020 in Moskau

906-16-06-2020

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Verhandlungen mit meinem Kollegen, Außenminister Irans, Mohammed Dschawad Sarif, verliefen wie immer konstruktiv und waren ziemlich inhaltsvoll.

Wir erörterten ausführlich den Zustand und die Aussichten der russisch-iranischen Beziehungen, stellten den inhaltsvollen, selbst unter den Bedingungen der Coronavirus-Infektion, Charakter des politischen Dialogs, vor allem auf der höchsten Ebene fest. Im Februar und April sprachen der Präsident der Russischen Föderation, Wladimir Putin, und der Präsident der Islamischen Republik Iran, Hassan Rouhani, per Telefon und erörterten ausführlich den Zustand unseres bilateralen Zusammenwirkens und die Aussichten der weiteren Zusammenarbeit zu regionalen und internationalen Angelegenheiten.

Wir stellten heute fest, dass sich die handelswirtschaftlichen Verbindungen energievoll entwickeln trotz einseitiger Sanktionen und Iran-Hass, den die USA entfachen. Uns ist das Ziel Washingtons klar – einschüchtern und mit Methoden der Erpressung andere Länder dazu zwingen, auf legitime Kooperation mit der Islamischen Republik Iran zu verzichten. Laut Überzeugung der Russischen Föderation widerspricht dieser Kurs – und dabei ist mit uns die absolute Mehrheit der Weltgemeinschaft einig – den Völkerrechtsnormen, Prinzipien des freien Handels, ist die Erscheinung des offenen unlauteren Wettbewerbs.

Wir haben es vereinbart, gemeinsame Anstrengungen im Interesse der Aufrechterhaltung des stabilen Wachstums des Handelsumsatzes aufrechtzuerhalten. Wir verzeichneten ein gutes Tempo der Bewegung zu konkreten großen Projekten, die während einer weiteren Sitzung der bilateralen Zwischenregierungskommission für handelswirtschaftliche Kooperation in Isfahan im Sommer des vergangenen Jahres geplant waren. Wir führen Arbeit zur Vorbereitung ihrer weiteren Sitzung, die in diesem Jahr in der Russischen Föderation stattfinden soll.

Wir begrüßen das Interesse der russischen Regionen an der Erweiterung der Kooperation mit der Islamischen Republik Iran, die wir umfassend unterstützen werden.

Wir gaben eine positive Einschätzung für das Zusammenwirken, das sich zwischen dem Iran und der Eurasischen Wirtschaftsunion entwickelt.

Wir haben übereinstimmende bzw. naheliegende Positionen zu den wichtigsten globalen und regionalen Problemen. So äußerten wir uns für die Festigung der Rechtsgrundlagen der zwischenstaatlichen Kommunikation, die in der UN-Charta fixiert sind. Wir verzeichneten die Unzulässigkeit der Einmischung in die inneren Angelegenheiten der souveränen Staaten.

Wir besprachen detailliert die Situation um den Gemeinsamen umfassenden Aktionsplan zur Regelung des iranischen Atomprogramms. Trotz eines offen destruktiven Kurses der USA verzeichneten wir die Wichtigkeit der Aufrechterhaltung dieses Abkommens, das ein ernsthafter Faktor der Aufrechterhaltung der internationalen Sicherheit bleibt.

Wir tauschten Meinungen zur syrischen Regelung aus. Wir bestätigten die Alternativlosigkeit der im Astana-Format erreichten Vereinbarungen, darunter ihres Antiterror-Bestandteils – beim unbedingten Respekt der Souveränität und territorialen Integrität Syriens. Wir besprachen die Aufgaben der Stabilisierung der Lage auf dem Boden, Post-Konflikt-Wiederaufbaus Syriens sowie Unterstützung der Rückkehr der syrischen Flüchtlinge und Verschleppten und humanitärer Hilfe für die bedürftige Bevölkerung.

Zusammen mit unseren iranischen Freunden werden wir weiterhin die Herangehensweisen bei der afghanischen Regelung zum schnellstmöglichen Start der nationalen Versöhnung, Wiederaufbau des friedlichen und selbstständigen Afghanistans, von dessen Territorium keine Bedrohungen des Terrorismus, Drogenverkehrs u.a. ausgehen, koordinieren.

Heute unterzeichnen wir ein wichtiges Dokument – Deklaration der Russischen Föderation und der Islamischen Republik Iran über die Erhöhung der Rolle des Völkerrechts. Wir halten es für sehr aktuell angesichts der ständigen Versuche mehrerer Länder, ein nachteiliges Konzept der auf Regeln ruhenden Weltordnung durchzusetzen, das die wichtigsten Prinzipien der Gerechtigkeit und gegenseitigen Respekts untergräbt, die unsere Vorgänger als Grundlage des Völkerrechts und UN-Charta legten.

Im Ganzen denke ich, dass unsere Verhandlungen ziemlich rechtzeitig waren. Ich danke meinem Kollegen und Freund, dass er unsere Einladung annahm und in die Russische Föderation zu diesem sehr nützlichen Gespräch kam.

Frage (übersetzt aus Farsi): Mohammed Dschawad Sarif stellte Anstrengungen der USA zur Verlängerung des Waffenembargos Irans fest, wobei der Druck auf UNO und den Gouverneursrat der IAEO ausgeübt wurde. Wie schätzen Sie die Handlungen der USA in dieser Richtung ein? Wie können Russland und der Iran im Rahmen der internationalen Organisationen kooperieren, um nicht ehrliche und illegale Handlungen der USA zu neutralisieren?

Sergej Lawrow: Der Gemeinsame umfassende Aktionsplan zur Regelung des iranischen Atomprogramms und die Resolution 2231 des UN-Sicherheitsrats, die den Plan billigte, sind eine Einheit.

Als unsere US-Kollegen 2018 offiziell, via Verabschiedung der Präsidialverordnungen und Erlässe ihre Teilnahme am Gemeinsamen umfassenden Aktionsplan stoppten, verloren sie alle Möglichkeiten und Rechte, die sich aus der gutwilligen Erfüllung des Aktionsplans durch alle seinen Teilnehmer und die in der Resolution 2231 festgelegt sind, ergeben. Wobei die Erfüllung durch alle restlichen Teilnehmer des Aktionsplans ihrer Verpflichtungen gegenüber dem Iran blockiert wurde, wollen die USA Teheran via Förderung der illegitimen und absolut rechtswidrigen Initiativen, die unter anderem das Waffenembargo betreffen, bestrafen. Ich denke, dass es ein Versuch mit untauglichen Mitteln ist, er hat keine Aussichten aus der Sicht des Völkerrechts. Wir nutzen alle Möglichkeiten, die dieses Völkerrecht bietet, damit die Gerechtigkeit gewinnt.

Der ganze Komplex der Verpflichtungen Irans und der restlichen Mitglieder des Gemeinsamen Umfassenden Aktionsplans sind eine Einheit. Das ist ein Paket, das nicht in einem Teil zerstört werden kann, wobei nur Verpflichtungen beibehalten werden, und man versucht, den Europäern, Russland, China und allen anderen Ländern der Welt zu verbieten, die legitimen handelswirtschaftlichen und anderen Verbindungen mit dem Iran umzusetzen. Ich bin davon überzeugt, dass es keinen professionellen Experten im Bereich Völkerrecht gibt, der die ganze Offensichtlichkeit dieser Situation nicht versteht.

Ich kann Ihnen zusichern, dass wir alles machen werden, damit niemand Vereinbarungen ruinieren kann, die im Gemeinsamen Umfassenden Aktionsplan festgeschrieben sind. Falls sich dieser Plan nicht in die Logik der jetzigen US-Administration einordnet, falls sie diesen Plan als schlechten Deal bezeichnet, ist es ihre Position. Doch Washington ist nicht berechtigt, den Iran zu bestrafen, indem man mit dem Ansehen des UN-Sicherheitsrat spekuliert, indem er und im gewissen Sinne das UN-Sekretariat de facto manipuliert werden. Zahlreiche Fragen löst auch die Tatsache aus, dass dieser Bericht zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung sofort in die westliche Presse durchsickerte. Auch der Bericht des IAEO-Generaldirektors Rafael Grossi, der jetzt auf der Sitzung des Gouverneursrats der Agentur besprochen wird, sickerte absolut illegitim in den öffentlichen Raum durch.

Ich halte diese Handlungen für zielgerichtet auf die Schaffung der künstliche Vorwände zur Besprechung der unberechtigten Angriffe auf den Iran. Ich denke, dass jene, die hinter diesen Handlungen stehen, sie unterstützen und initiierten, sich unsauber und sehr unanständig verhalten.

Frage: Herr Lawrow, gab es Reaktion auf Ihren Brief an UN-Generalsekretär Antonio Guterres und den Mitglieder des UN-Sicherheitsrats mit dem Aufruf, die Amerikaner am Einsatz des Mechanismus der Rückkehr der harten Sanktionen gegen den Iran zu hindern? Ist Russland sicher, dass die Mitglieder des Gemeinsamen Umfassenden Aktionsplans, vor allem Großbritannien, einheitlich die Pläne der USA abwehren werden?

Sergej Lawrow: Auf meinen Brief an UN-Generalsekretär Antonio Guterres und den selben Brief an den Vorsitzenden des UN-Sicherheitsrats zur Verbreitung unter allen Mitgliedern dieses Organs ist bislang keine Antwort eingegangen. Ich gehe davon aus, dass im Brief ziemlich ernsthafte Argumente dargelegt sind. Das wurde auf fünf Seiten gemacht. Ich hoffe, dass dieser Brief analysiert wird und alle eindeutigen Argumente, die in diesem Dokument dargelegt sind, aufmerksam analysiert und unterstützt werden.

Ich kann nicht für die Position anderer Mitglieder des Gemeinsamen Umfassenden Aktionsplans bürgen, die unter riesigem Druck der USA stehen, wobei dieser Druck die Nutzung nicht ganz korrekter Methoden umfasst – Drohungen im handelswirtschaftlichen Bereich und anderen Bereichen der Beziehungen zwischen Nato-Verbündeten. Dass jene, die die USA unterstützen wollen bzw. versuchen, den USA teilweise zu helfen, keine rechtlichen Argumente haben – das ist ein Fakt, der für uns alle eindeutig ist. Ich bin sicher, dass unabhängig davon, wer noch von Mitgliedern des Aktionsplans bereit sein wird, den Plänen der USA Abfuhr zu erteilen, werden diese Pläne nicht in Erfüllung gehen, weil sie dem Völkerrecht direkt widersprechen.

Frage (übersetzt aus Farsi): Herr Lawrow, wann werden die Grenzen geöffnet? Geschäftsleute und Touristen werden enorm geschadet, weil die Grenzen geschlossen sind.

Sergej Lawrow: Die Fragen der Wiederaufnahme des Verkehrs zu handelswirtschaftlichen, kulturellen, Touristen- und anderen Zwecken gehören nicht zum Kompetenzbereich des Außenministeriums Russlands. Unsererseits wäre es verantwortungslos zu versuchen, die Funktionen der Dienste zu übernehmen, die für die epidemiologische Sicherheit der Bevölkerung zuständig sind.

Wir haben heute die Möglichkeit, persönlich zu kommunizieren, wobei alle Vorsichtsmaßnahmen eingehalten werden. Wenn dieses Format erneut eine Norm wird, das hängt von den Beschlüssen der Dienste ab, die die epidemiologische Sicherheit gewährleisten.

Frage: Wird ein weiterer Gipfel im Astana-Format bis zur Wiederaufnahme der Treffen des Verfassungsausschusses, die Ihr Kollege, der Außenminister der Türkei, Mevlüt Cavusoglu bei der gestrigen Pressekonferenz mit dem Außenminister Irans Mohammed Dschawad Sarif, ankündigte, stattfinden? Wie beeinflusst eine erfolgreiche Erfahrung der Friedensstiftung Russlands in Syrien die Situation in Libyen?

Sergej Lawrow: Wir bestätigten heute die Vereinbarung der drei Präsidenten der Teilnehmerstaaten des Astana-Formats, dass der nächste Gipfel in dieser Zusammensetzung in Teheran in den Fristen, die unter anderem angesichts der Entwicklung der Coronavirus-Situation bestimmt werden, stattfindet. Wir unterstützten den Vorschlag, dass vor einem weiteren Präsenz-Treffen der drei Anführer, eine Videokonferenz mit ihrer Teilnahme im Remote-Format durchgeführt wird. Ihre Fristen werden wir ziemlich umgehend abstimmen. Das wird später angekündigt.

Man kann über die Möglichkeit der Durchführung einer Videokonferenz der drei Anführer eine Behauptung äußern, bevor der Sondergesandte des UN-Generalsekretärs für Syrien, Geir Pedersen eine redaktionelle Kommission des Verfassungsausschusses versammelt.

Was die Nutzung der Erfahrung der Friedensstiftung in Syrien und anderen Ländern der Region betrifft, denke ich, dass man von solcher Möglichkeit sprechen kann. Die Erfahrung besteht in einer sehr einfachen Wahrheit – man soll mit allen Konfliktseiten sprechen, sie dazu bewegen, dass sie sich zusammen versammeln, an den Verhandlungstisch ohne jegliche künstliche Vorbedingungen setzen und eine Vereinbarung suchen. Wir führten diesen Kurs von Anfang an auch bei der Syrien-Krise und dabei, was unsere Handlungen zur Unterstützung der Libyen-Regelung betrifft. Leider versuchten verschiedene äußere Akteure, auf frühen Etappen des Libyen-Konfliktes, als im Sicherheitsrat 2015 noch entsprechende Beschlüsse erörtert und getroffen wurden, die Interessen nur einer libyschen Seite zum Nachteil der anderen durchzusetzen. Das führte dazu, dass alle Vereinbarungen, zahlreiche Konferenzen, die in verschiedenen Ländern stattfanden, im Ergebnis mit nichts endeten. Ich hoffe, dass diese Erfahrung von Teilnehmern der Berliner Konferenz zu Libyen-Regelung, die jedoch die Herangehensweisen formulierte, die von allen externen Akteuren unterstützt werden, berücksichtigt wird. Es bleibt nur, die libyschen Seiten dazu zu bringen, dass sie sich an den Verhandlungstisch setzen und eine Vereinbarung suchen sollen. Wir befassen uns jetzt damit, darunter im Kontakt mit unseren türkischen Kollegen, wie das vor kurzem erklärt wurde.

 

 

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