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Antwort des Außenministers Russlands S.W. Lawrow auf die Frage des Fernsehsenders „Perwy Kanal“ während der 61. Frühjahrssitzung des Parlamentarischen Versammlung des Europarates, Straßburg, 29. April 2010

575-30-04-2010

Antwort des Außenministers Russlands S.W. Lawrow auf die Frage des  Fernsehsenders „Perwy Kanal" während der 61. Frühjahrssitzung des Parlamentarischen Versammlung des Europarates, Straßburg, 29. April 2010

Frage: Sie haben mehrmals über die Unzulässigkeit der Falsifizierung der Geschichte zu politischen Zwecken gesprochen. Ist es Ihnen gelungen, diesen Standpunkt heute in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates zu verteidigen?

S.W. Lawrow: Seriösen Menschen braucht man nichts zu beweisen und dazu gehören doch die meisten.

Einige Politiker, besonders aus den Staaten, die sich vor nicht so langer Zeit nach dem Zerfall der UdSSR und dem Verschwinden der Warschauer Vertragsorganisation herausgebildet haben, geraten in Versuchung, ihre Karriere dadurch aufzubauen, dass sie die Fakten verzerren oder, was noch schlimmer ist, nur eine Seite der Wahrheit berücksichtigen. Die Wahrheit kann nicht teilweise sein. Sie kann nur voll sein. Wir alle müssen diesen Weg einschlagen.

Was die Archive anbetrifft. Es ist für die Historiker sehr kompliziert, ohne sie zu arbeiten. Ich hoffe, dass durch den Schritt, den wir auf Beschluss des Präsidenten Russlands bezüglich der Archive von Katyn gemacht haben, dieses Thema, das sehr lange eine blutende Wunde in unseren Beziehungen war, geschlossen wird. Wir möchten, dass alle ihre Archive öffnen. Ich weiß, dass die Parlamentarische Versammlung des Europarates, als sie gestern einen Beschluss über den Hunger der 30-er Jahre verabschiedete, alle Staaten der ehemaligen Sowjetunion dazu aufrief, ihre Archive zu öffnen.

Es besteht auch ein Problem mit den Archiven, die die Fakten im Zusammenhang mit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs betreffen. Es gibt eine solche Sache, wie die in Großbritannien aufbewahrten Archive über den tragischen Tod des Generals W. Sikorskij bei einer Flugzeugkatastrophe, als er im Jahre 1943 aus Gibraltar nach London flog. Kürzlich verabschiedete die britische Regierung den Beschluss, die Geheimhaltungsstufe für diesen konkreten Fall für weitere 50 Jahre zu verlängern. Und das ist bloß ein einziges kleines Beispiel. Überhaupt wären die Archive zu den Verhandlungen, die kurz vor dem Zweiten Weltkrieg zwischen den westlichen Staaten geführt wurden, sehr interessant, um zu verstehen, wie es sich damals ereignete.

Ich bin dafür, dass die Geschichtsforscher zusammenarbeiten und eine maximal mögliche Unterstützung seitens der Staaten durch die Bereitstellung von  entsprechenden Archivmaterialien bekommen, damit keine „dunklen Stellen" bei den Vorstellungen über die für Europa schicksalhaften Ereignisse – sowohl im negativen, als auch im positiven Sinne – bleiben.

Ich bin dafür, dass diejenigen, die jetzt sowohl in ihren Staaten, als auch in der europäischen Politik versuchen, durch eine Verzerrung der Fakten oder ihre Verschweigung, die Vertuschung der Rolle ihrer Regierungen in jenen Jahren, an der Spitze zu bleiben, den Boden unter den Füssen verlieren, dass wir ihnen den Boden unter den Füssen wegziehen. Man muss das Gespräch über den Aufbau eines neuen Europas gemeinsam führen und dabei in die Zukunft blicken, ohne die Geschichte zu vergessen, jedoch ohne dabei zu ihrer Geisel zu werden. Die Geschichte soll den Geschichtsforschern überlassen werden.

Ich denke, dass die im Europarat erfolgten Kontakte es erlauben, mit Hoffnung vorwärts zu blicken. Der Generalsekretär des Europarates hat sowohl während unseres Treffens, als auch während der Erklärung an die Presse sehr deutlich betont, dass er keine Versuche zulassen wird, die Instrumente des Europarates für eine Verzerrung der Geschichte zu verwenden oder überhaupt für irgendetwas, was die Rolle des Großen Sieges, den wir alle bei der entscheidenden Rolle der UdSSR für die Zerschlagung des nazistischen Deutschlands errungen haben, herabsetzen kann.

30. April 2010


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