Vortrag und Antworten des russischen Außenministers S.V. Lawrow auf die Fragen der Massenmedien im Laufe der gemeinsamen Pressekonferenz zu den Ergebnissen der Verhandlungen mit dem britischen Minister für auswärtige Angelegenheiten und Commonwealth-Fragen W. Hague, Moskau, 28. Mai 2012
Geehrte Damen und Herren,
Wir hatten ein gutes Gespräch mit meinem britischen Kollegen W. Hague. Die Verhandlungen waren konstruktiv und äußerst inhaltsreich. Die grundlegende Schlussfolgerung, zu der wir gekommen sind: Russland und Großbritannien bewegen sich zur Normalisierung der zweiseitigen Beziehungen fort und haben die Absicht das Tempo der Zusammenwirkung in allen Bereichen, einschließlich der Außenpolitik, zu steigern.
Wir haben gerade den ersten in der Geschichte unserer Beziehungen Beratungsplan zwischen dem russischen Außenministerium und dem Foreign Office unterzeichnet, der dazu berufen ist unsere Kontakte zu aktivieren, ihnen einen systematischen Charakter zu verleihen, was die Besprechung der globalen und regionalen Problematik angeht. Dieser Plan wird bereits verwirklicht. Er enthält fünfzehn Positionen, die Themen umfassen praktisch alle mehr oder weniger wichtigen Fragen, die auf der internationalen und regionalen Tagesordnung stehen.
Wir haben vereinbart solchen Plänen einen regelmäßigen Charakter zu verleihen und diese auf jährlicher Grundlage zu fassen. Wir stimmten zu, dass wir über Möglichkeiten für die Vervollkommnung der bestehenden zweiseitigen Dialogmechanismen verfügen. Insbesondere beschlossen wir, dass unsere Stellvertreter sich regelmäßig treffen und strategische Fragen besprechen werden, einschließlich von militärpolitischen Aspekten. Ich bin mir sicher, dass solche neuen Ansätze zu unserem Dialog die Qualität der praktischen Zusammenwirkung steigern werden, darunter auch zu den schärfsten Fragen der internationalen Tagesordnung.
Wir besprachen die aktuellen internationalen Probleme. Wir haben ausreichend Berührungspunkte. Die Interessen unserer Länder stimmen in dem meisten Fällen überein. Eine andere Sache ist es, dass manchmal wir nicht immer die gleiche Vision davon haben, wie wir uns zu den gestellten Zielen hin bewegen sollen.
Unser heutiges Gespräch erlaubte es zu vereinbaren, dass wir nun enger und vertraulicher nach Möglichkeiten für eine Annäherung der taktischen Ansätze bei übereinstimmenden Interessen suchen werden. Das ist im vollen Maße für die Situation in Syrien anwendbar. Wie Russland, sowie auch Großbritannien möchten K. Annans Plan mit Taten unterstützen, um unter Respektierung der Souveränität und der territorialen Integrität und Unabhängigkeit dieses Landes den politischen Prozess mit Teilnahme von allen syrischen Parteien zu gewährleisten, der selbstverständlich von den Syriern selbst und ohne jegliche Einmischung aus dem Ausland zu führen ist.
Wir sind zufrieden mit unserer Zusammenwirkung im Rahmen der „Sechsergruppe" zum iranischen Nuklearprogramm. Die in Bagdad am 23.-24. Mai stattgefundene weitere Verhandlungsrunde in diesem Format mit den iranischen Vertretern führte zur Vereinbarung über die Entwicklung des Verhandlungsprozesses – das nächste Treffen wird im Juni dieses Jahres in Moskau stattfinden. Unsere gemeinsame Überzeugung liegt darin, dass man sich zu dieser wichtigen Veranstaltung äußerst gründlich vorbereiten muss.
Wir arbeiten mit Großbritannien auch in anderen internationalen Fragen zusammen, darunter auch in der Situation in Afghanistan, der nahöstlichen Regelung. Wir vereinbarten die Fortsetzung solcher Kontakte.
Was die zweiseitigen Beziehungen angeht, so dienten als Stabilisierungsfaktor für den gesamten Komplex der russisch-britischen Beziehungen immer die handelswirtschaftlichen, investitionsbedingten Kontakte, die die wirtschaftlichen Interessen und den Wohlstand der Bürger unserer Länder berühren.
Wir sind damit befriedigt, dass der Warenumsatz zwischen Russland und Großbritannien im letzten Jahr um ein Drittel angestiegen ist und über 21 Mrd. USD betragen hat. Um 15% ist der Umfang der kumulativen britischen Investitionen in die russische Wirtschaft angestiegen, indem er 22 Mrd. USD betragen hat. Bislang steht Russland nach diesem Kennwert Großbritannien stark nach: das Investitionsvolumen in die britische Wirtschaft beträgt ca. 4 Mrd. USD. Wir hoffen, dass unsere wirtschaftlichen Operateure es schaffen werden diese Kennwerte zu steigern und damit ein Wachstum der russischen Investitionen zu gewährleisten. Wir rechnen mit einem angenehmen, nichtdiskriminierenden Umgang mit unseren Unternehmen auf dem britischen Markt.
Wir vereinbarten heute der Arbeit der Geschäftskreise Russlands und Großbritanniens in der Vertiefung der direkten Kontakte einen zusätzlichen Impuls zu verleihen – das liegt in unseren gegenseitigen Interessen.
Eine altherkömmliche Tradition haben unsere zweiseitigen Beziehungen im Bereich Kultur. Seit Jahrhunderten werden dadurch die gegenseitige Beeinflussung und die gegenseitige Bereicherung der kulturellen Erbes unserer Völker gewährleistet.
Wir vereinbarten die Erörterung einer Möglichkeit für die Durchführung in Russland und in Großbritannien in 2014-2015 von gegenseitigen Kultur- und Sprachsaisons. Wir konnten auch die Olympia-Thematik nicht beiseite lassen. Wenn man berücksichtigt, dass in Juli-August dieses Jahres in London die Olympischen und Paralympischen Sommerspiele, und im Januar 2014 – die Winterspiele in Sotschi stattfinden werden, erwirbt das sportliche Motiv in unseren Beziehungen eine besondere Aktualität. Heute fassten wir eine gemeinsame Erklärung in der Frage über den Olympischen Stillstand. Sie ist für die Medienvertreter zugänglich und bestätigt die Adhärenz unserer Länder den Idealen der olympischen Bewegung.
Im Ganzen bestätigten die Verhandlungen die Wichtigkeit unseres regelmäßigen vertraulichen Meinungsaustauschs, darunter auch in Fragen, in denen wir auch weiterhin recht ernsthafte Divergenzen haben. Wir vereinbarten die Fortsetzung des Dialogs und die Instandsetzung der Zusammenwirkung zu ausnahmslos allen Themen. Ich bedanke mich bei meinem Kollegen W. Hague und übergebe ihm hiermit das Wort.
Frage (an beide Minister): Kommentieren Sie bitte die Situation um die Massenmorde in Syrien: zuerst in Hula, wo 116 Menschen starben, und danach gestern in Hama – 33 Tote.
S.V. Lawrow: Mit Erlaubnis meines Kollegen werden ich beginnen. Wie wir gerade sagten, haben Russland und Großbritannien, wie auch die meisten anderen Staaten, gemeinsame Ziele darin, was die Notwendigkeit der Erfüllung von K. Annans Plan angeht. Wir sind zutiefst besorgt, dass dieser Plan unbefriedigend ausgeführt wird.
Es wurde ein bestimmter Fortschritt in der Gewaltabsenkung erreicht, aber Aufflackerungen, wie am 25. Mai dieses Jahres in der Umgebung von Hula, bestätigen, dass wir von der Erreichung der gestellten Ziele noch weit entfernt sind. Die Situation ist kompliziert. Sobald von dieser Tragödie bekannt wurde, beschlossen die Mitglieder des UN-Sicherheitsrats darauf zu reagieren. Das haben wir aktiv unterstützt. Trotz des arbeitsfreien Tages (27. Mai) hat der UN-Sicherheitsrat auf unser Andringen ein Sondertreffen durchgeführt, und nicht nur einfach die Pressemitteilung gefasst, die per E-Mail verschickt wurde. Nach dem russischen Vorschlag, der von Großbritannien unterstützt wurde, führte der UN-Sicherheitsrat gestern außerordentliche Beratungen durch. Außerdem schlugen wir vor – und das wurde dann auch ausgeführt, – dass General R. Mood, der die UN-Beobachtermission in Syrien leitet, den Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats erzählen soll, was die UN-Beobachter am Ort dieser Tragödie gesehen haben.
Im Laufe einer Telefonkonferenz bestätigte der General, dass in diesem Bezirk Spuren von Artillerie- und Panzerbeschüssen zu sehen sind. Dort wurden auch viele Leichen mit Kopfschusswunden aus naher Entfernung, sowie mit Anzeichen eines gewaltsamen Todes gefunden. Offensichtlich haben beide Parteien ihre Hand zum Tod unschuldiger Menschen angelegt, darunter auch mehrere Dutzend Kinder und Frauen. Dieser Bezirk befindet sich unter der Kontrolle von bewaffneten Rebellen, er ist aber auch von den Streitkräften der Regierung umzingelt. Die Feststellung der Ursache und der Folgen von dem, was geschehen ist, steht im Rahmen der Ermittlung bevor, mit der der UN-Sicherheitsrat die UN-Beobachtermission in Syrien beauftragt hat.
Unsere Position wurde in der gestern mit dem UN-Sicherheitsrat abgestimmten Pressemittelung dargelegt, in der beliebige Erscheinungen von Gewalt entschieden missbilligt werden, die Verantwortung der syrischen Regierung für die Ausführung von K. Annans Plan unterstrichen wird, vor allem darin, was die Nichtanwendung von Großwaffen in Wohnsiedlungen angeht. Dort wird ebenfalls die Verantwortung der bewaffneten Opposition vermerkt, wie es von K. Annans Plan vorgesehen wird, zu keiner Gewaltanwendung zu greifen.
Wir haben das heute mit Herrn W. Hague recht ausführlich besprochen. Wir sind der gemeinsamen Meinung, dass die führenden Staaten, die externen Spieler, von denen das Verhalten der einen oder anderen Partei in Syrien abhängig ist, zusätzliche Anstrengungen vornehmen müssen, und klare und überprüfbare Mechanismen für die Ausführung von K. Annans Plan entwickeln. Daran werden wir in der nächsten Zeit arbeiten.
Frage (an beide Minister): Was meinen Sie, fördert oder behindert der syrische Präsident B. Assad die Regelung der syrischen Krise?
S.V. Lawrow (antwortet nach W. Hague): Ich möchte folgendes sagen. Für uns ist es nicht so wichtig, wer in Syrien an der Macht steht, welches Regime dort verfolgt wird. Das Wichtigste für uns ist vor allem die Einstellung von beliebiger Gewalt, der Menschenverluste, vor allem unter der friedlichen Bevölkerung, der politische Dialog, in dessen Rahmen die Syrier über das Schicksal ihres Landes auf der Grundlage der Respektierung durch alle externen Spieler der Souveränität, der territorialen Integrität und der Abhängigkeit des Landes entscheiden. Das ist die Hauptsache. Wir gehen davon aus, dass eine solche Aufgabe für alle externen Spieler vorrangig sein muss. Die Einstellung der Gewaltanwendung, die Rettung von Leben ist eine erstrangige Aufgabe. Alles andere muss von sekundärer Bedeutung sein.
Wenn einige unsere Partner, besonders aus der Zahl der Länder, die näher zu Syrien liegen, als Russland und Großbritannien, davon zu reden beginnen, dass nur ein Regimewechsel das Problem lösen wird, kommen mir an der Aufrichtigkeit solcher Erklärungen über den Wunsch bei der Gewalteinstellung zu helfen Zweifel auf. Man muss wählen. Wenn die Priorität in der Einstellung von Gewalt besteht, wie alle sagen, dann muss man sich wie auf das Regime, sowie auch auf die Opposition auflegen und sie dazu zwingen auszuhören sich gegenseitig zu beschließen, die Kampfhandlungen einzustellen, von denen die friedliche Bevölkerung leidet, sich an den Verhandlungstisch zu setzen. Alles andere ist nebensächlich. Wir verstehen hervorragend, dass K. Annans Plan – wir haben ihn alle im Konsens gebilligt – einen Punkt enthält, der dem politischen Dialog gewidmet ist, welcher gemäß dem Wortlaut zwischen der syrischen Regierung und allen Oppositionsgruppen beginnen muss. Das ist eine unlösbare Aufgabe. Das Wichtigste ist, dass alle externen Spieler eine einheitliche Position haben.
Ich bin Herrn W. Hague sehr dankbar, wenn er sagt, dass Russland eine besondere Rolle in der Druckausübung (auf Damaskus) zusteht. Wir üben praktisch alltäglich Druck auf die syrische Regierung aus. Weitgehend dank den Anstrengungen Russlands hat die syrische Regierung noch im Herbst 2011 den Plan der Arabischen Liga (AL) angenommen, wobei sie der Platzierung von arabischen Beobachtern auf ihrem Hoheitsgebiet zustimmte. Zu unserem tiefen Bedauern hat die AL unter dem Einfluss von einigen ihrer Mitglieder diese Mission auf uns nicht verständlichen Gründen abgebrochen. Wir spielten auch nicht die letzte Rolle darin, dass Syrien K. Annans Plan unterstützt hat. Wir wollen, dass unsere Anstrengungen nicht nur eine gut gesinnte Resonanz hervorrufen, sondern auch durch eine gleichermaßen beharrliche Arbeit von anderen externen Spielern begleitet wird.
Neben der Arbeit mit der syrischen Staatsleistung treffen wir uns mit allen Oppositionsgruppen. Aus unseren Kontakten mit den Oppositionären spüren wir, dass einige andere externe Spieler ihnen nicht das sagen, was wir vermitteln. Wir rufen sie zur Ausführung von K. Annans Plan auf, aber nach unserem Eindruck stiftet sie jemand dazu an, dass sie alles für den Abbruch dieses Plans vornehmen, um damit einen Vorwand für weitere Aufrufe zur externen Einmischung zu erhalten. Das ist ein unfaires Spiel.
Ich bitte um Entschuldigung, dass ich die russische Position so lange erklären muss, aber das ist wichtig, weil wir entweder nicht gehört werden oder man uns nicht hören will. Man muss aus zwei sehr verständlichen Varianten wählen. Wenn wir alle ehrlich zur Ausführung von K. Annans Plan beitragen wollen, so müssen wir uns auf ausnahmslos alle Kräfte in Syrien auflegen, mit einander bewaffneten Widerstand leisten. Wenn aber eine solche Position von einigen externen Spielern durch einen Wechsel des Regimes bedingt ist, dann wird uns nichts gelingen. Deshalb muss man ehrlich sagen – „ja, wir kümmern uns um die friedlichen Einwohner, wir trauern über die Menschenverluste, das wichtigste für uns ist jedoch ein Wechsel des Regimes". ich wiederhole, ohne eine solche Ehrlichkeit wird nichts klappen.
Ich bin überzeugt, dass wir mit Großbritannien offene Positionen haben. Wir wollen K. Annans Plan aufrichtig ausführen. Er muss aber natürlich von den Syriern selbst ausgeführt werden, mit denen wir im Einklang arbeiten müssen.
Wir haben ein gemeinsames Verständnis davon, dass es nicht nur wichtig ist K. Annan zu helfen die syrische Opposition auf der Plattform der Bereitschaft zum Dialog mit der Regierung zu vereinen, wie es der Plan (des UN/AL-Sondergesandten) vorsieht, sondern auch die externen Spieler auf der Position des Ansporns von allen syrischen Gruppen zur Ausführung von K. Annans Plan in diesem seinen Teil zu vereinen. Hier sehen wir ein Problem der doppelten Einheitlichkeit: der syrischen Opposition und der Weltgemeinschaft. Diese doppelte Einheitlichkeit hat jedoch eine gemeinsame Plattform – die Bereitschaft mit Handlungen, und nicht nur mit Worten die Ausführung von K. Annans Plan zu erreichen und die Bereitschaft von allen, von denen es abhängig ist, zum Beginn des politischen Dialogs zu gewährleisten.
Frage (an beide Minister): Wie verlaufen die Verhandlungen über die Vereinfachung des Visumverfahrens zwischen Großbritannien und Russland? Ist es möglich, dass beide Länder in nächster Zukunft auf den gegenseitigen visafreien Reiseverkehr übergehen werden?
S.V. Lawrow (antwortet als Erster): Einen visafreien Reiseverkehr haben wir nicht besprochen. Seit September 2011 begann eine Besprechung der möglichen Vereinbarungen zur Erleichterung der Visaverfahren, deren Vereinfachung. Bislang haben wird auf diesem Weg noch keinen großen Fortschritt gemacht. Aber heute wurde das Visumthema im praxisbezogenen Sinn besprochen, aus der Sicht der effizienteren Vergabe von Reisevisen auf der Grundlage der bestehenden Praxis. Ich habe keine genauen statistischen Angaben, aber mein Kollege wird diese wahrscheinlich anführen können. Visen werden allem Anschein nach in einer größeren Anzahl vergeben. Die Russische Föderation ist definitiv an der Erleichterung des Visaverfahrens mit allen Ländern interessiert, idealerweise – am Übergang zu dessen Aufhebung. Russland verfügt über Abkommen über die visafreie Einreise für die Inhaber von diplomatischen Pässen, Dienstpässen und in einer ganzen Reihe von Fällen auch von Inlandspässen mit fast einhundert Staaten.
Wir sprechen davon mit den EU-Staaten, die in die Schengener Zone eingehen. Dieses Thema steht auch auf der Tagesordnung des russisch-amerikanischen Dialogs. Wir hoffen von heute auf morgen das Abkommen über die Vereinfachung des Visaverfahrens mit den USA ratifizieren zu können und werden über den Übergangen zum visafreien Verkehr sprechen. Ich bin mir sicher, dass wir in naher Zukunft darüber auch mit unseren britischen Kollegen sprechen können.
Frage: Wird Russland in Zusammenhang mit den Ereignissen in Hula das Regime von B. Assad weiterhin unterstützen?
S.V. Lawrow: Ich habe damit begonnen, als ich die vorgehende Frage beantwortete. Ich hoffe, dass Sie es gehört haben und in Ihrer Reportage wiedergeben werden.
Wir unterstützen nicht die syrische Regierung, sondern K. Annans Plan, der wie an die syrische Regierung, sowie auch an die bewaffnete Opposition adressiert ist. Es ist allgemein bekannt – zum Tanzen braucht man mindestens zwei. Die aktuelle Situation in Syrien erinnert weniger an einen Tango, eher an eine Diskothek, wo mehrere Dutzend Spieler „tanzen". Sie alle müssen in einer Richtung handeln. Die Einnahme einer „hoch gesinnten" Position und Erklärungen wie etwa „wenn Russland die Unterstützung von B. Assad mit dem Ziel der Einstellung der Normalisierung der Lage in der SAR einstellen wird" ruft bei einem bestimmten Teil des lesenden Publikums Interesse hervor, hilft jedoch nicht dabei das Problem zu lösen. Das Problem muss ehrlich gelöst werden. Und Ehrlichkeit fordert von uns, dass wir nicht über alles hinwegsehen, was dort vorgeht.
Ich wiederhole, wir halten mit meinem Kollegen W. Hague eine einheitliche Position in Bezug darauf ein, dass die Hauptverantwortung für alles, was in der SAR geschieht, die syrische Regierung trägt. Jede Regierung in jedem Land haftet vor allem für die Sicherheit ihrer Staatsbürger. Aber wir können die Ereignisse in Syrien nicht ignorieren, wo die Terroristen immer mehr ausrasten. In den von ihnen ausgeführten Explosionen lässt sich deutlich die Handschrift der „Al-Quaida" verfolgen. Die drohende Terrorgefahr wächst an. Wir können auch nicht ignorieren, dass die gegen die Regierung ankämpfenden bewaffneten Truppen der Opposition ihre Finanzierung und Waffen aus dem Ausland erhalten. Das ist gut bekannt, und dieses Thema wird auch periodisch im UN-Sicherheitsrat erhoben. All diese Fragen müssen näher erörtert werden. Es geht darum, dass in Syrien Menschen kämpfen, die solche Handlungen einstellen müssen. Alle sind damit einverstanden, aber die Signale, die sie erhalten, sind bislang nicht im Einklang. Es sind sogar öffentliche Forderungen einer bewaffneten externen Einmischung zu hören. Uns ist wohl bekannt, dass der unversöhnliche Teil der bewaffneten Opposition ständige Signale zur Fortsetzung der Gewaltanwendung erhält, um ein Gegenfeuer zu provozieren und eine unproportionale und nichtselektive Reaktion der Regierungsstreitkräfte hervorzurufen. Darin liegt das Problem.
Wenn man vom letzten schrecklichen Vorfall spricht, der sich am 25. Mai in Hula ereignete, so sind wir darin interessiert, dass bei einer zweifellosen Missbilligung derjenigen, die an dieser Tragödie mitschuldig, auf sorgfältigste Weise ermittelt wird, wie so etwas passieren konnte.
Ich wollte eigentlich nicht davon sprechen, werde es jedoch trotzdem sagen. Wir alle erinnern uns an die Tragödie, die vor dreizehn Jahren passiert ist, in 1999 in der Siedlung Rachak im ehemaligen Jugoslawien. Dort ist damals der Chef der OSZE-Mission (W. Walker) angekommen und erklärte, ohne über die notwendigen Vollmächte zu verfügen, dass in Rachak ein Genozid-Akt vorläge. Eine solche Erklärung wurde sofort ausgenutzt und wurde zum Hauptmotiv für die Bombenangriffe der Bundesrepublik Jugoslawien ohne jegliche Sanktion, in Verletzung der Satzung der Vereinten Nationen und aller denkbaren Dokumente der OSZE. Nach der Fassung der UN-Resolution 1244 beschloss die EU sich mit diesem Ereignis auseinanderzusetzen und bestellte Pathologen aus Finnland, die die notwendigen Untersuchungen vornahmen und einen Bericht erstellten. Dieser Bericht wurde von der Europäischen Union an das Internationale Militärtribunal für Ex-Jugoslawien beim UN-Sicherheitsrat übergeben. Die russische und einige anderen Delegationen baten um eine Verbreitung dieses Dokuments im Sicherheitsrat.
Sie können mir nicht glauben, aber das wurde nicht gemacht. An die Presse „sickerten" Informationen durch, dass in Rachak mehrere Dutzend Leichen von Albanern aus Kosovo gefunden wurden und dass keiner von ihnen laut den finnischen Pathologen direkt erschossen wurde – nach dem Charakter der Wunden zu urteilen, sind sie alle im Kampf gefallen. Dass sind die Angaben, die an die Presse „durchgesickert" sind. Ich weiß nicht, was in diesem Bericht enthalten ist. Da er aber dennoch nicht veröffentlicht wurde, habe ich Grundlagen zur Annahme, dass die „Durchsickerungen" in die Massenmedien richtig waren und den Inhalt der durchgeführten Ermittlung wiedergaben.
In diesem Zusammenhang bestehen wir darauf, dass eine Ermittlung auch in Bezug auf den Vorfall in Hula durchgeführt wird. Es bestehen keine Zweifel, dass die Regierung Artillerie und Panzer benutzt hat. Davon haben uns die UN-Beobachter berichtet, die den Ort der Tragödie aufgesucht haben. In Hula wurden viele Leichen mit Schlusswunden aus nächster gefunden, sowie Leichen von Menschen, die zu Tode gequält wurden. Die Schuld muss objektiv festgestellt werden. Niemand nimmt sie weder der Regierung, noch den Rebellen ab. Aber man muss verstehen, wie alles passiert ist, damit sich so etwas nicht wiederholt oder damit wenigstens alle maximale Anstrengungen vornehmen, um die Wiederholung einer solchen Tragödie in Zukunft nicht zuzulassen. Aber dazu ist es notwendig, dass alle externen Kräfte eine Linie führen, genau genommen – in der Ausführung von K. Annans Plan, und nicht im Regimewechsel in Syrien. Man muss die Prioritäten wählen – entweder die Erreichung von geopolitischen Zielen, oder die Rettung von Menschenleben.