Erklärung des Außenministeriums Russlands zu den Versuchen, die russische Position bei der Abstimmung im UN-Sicherheitsrat zum Resolutionsentwurf über die Verlängerung des Mandats des Gemeinsamen Untersuchungsmechanismus von OPCW und UNO zu verwischen
Im Außenministerium Russlands hat man erwartet, dass am 24. Oktober kurz nach dem Veto unseres Landes zum US-Resolutionsentwurf über die Verlängerung des Mandats des Gemeinsamen Untersuchungsmechanismus von OPCW und UNO heftige Ausfälle gegen uns seitens der Vertreter einer Reihe westlicher Länder folgen werden. Der Grad ihrer Rücksichtslosigkeit ist erheblich. Uns ist es gleichgültig, ob sich diejenigen, die sich bei der Verdrehung unserer Herangehensweise erneut „hervorgetan“ haben, besorgt über ihre eigene Reputation sind. Aber man muss immerhin daran erinnern, was in den internationalen Angelegenheiten annehmbar ist und worauf man lieber verzichten sollte.
Die Pressesprecherin des Weißen Hauses hat beispielsweise sogar gesagt, dass Moskau den „Einsatz von Chemiewaffen gegen unschuldige Frauen und Kinder durch das Assad-Regime gutheißt“. Auch die ständige US-Stellvertreterin bei der UNO warf Russland vor, „sich ein übriges Mal auf die Seite von Diktatoren und Terroristen, die Chemiewaffen einsetzen, gestellt zu haben.
Wir rufen die US-Kollegen dazu auf, wenigstens etwas Anstand zu bewahren. In den zivilisierten internationalen Beziehungen ist es nicht üblich, so grob die Position des Opponenten zu entstellen, um nur dafür zu sorgen, ihn „aufzudecken“ und in ein schlechtes Licht zu rücken. Im Weißen Haus und dem Außenministerium müssen sie wohl gut verstehen, dass wir nicht gegen die Verlängerung des Mandates des Gemeinsamen Unterstützungsmechanismus eintreten, sondern gegen die Annahme des übereilten Beschlusses ohne Rücksicht auf den zu erwartenden Bericht zur Tätigkeit des Mechanismus für das vergangene Jahr, von der wir kaum etwas wissen. Für uns wäre es nicht professionell und verantwortungslos, sich vor den Karren der USA spannen zu lassen und den weitreichenden Beschluss leichtsinnig abzustempeln, ohne sich dabei mit der Situation zu befassen. Der Situation auf den Grund gehen muss man auf jeden Fall. Und ich erkläre jetzt, warum.
Der Sarin-Einsatz im syrischen Chain Scheichun am 4. April dieses Jahres und die darauffolgende Entwicklung der Ereignisse offenbarten sehr ernste Systemprobleme in der Arbeit der Fact-Finding-Mission der OPCW (FFM) und des Gemeinsamen Unterstützungsmechanismus. Hier herrschen die selektive Umsetzung von Mandaten, Nicht-Bereitschaft oder Unfähigkeit, auf die Untersuchungsmethoden, die in den Konventionen über das Verbot von chemischen Waffen verankert sind, zurückzugreifen sowie der faktische Verzicht auf die Durchführung von Untersuchungen am Unfallort, und sogar, wie es sich vor kurzem herausstellte, der Versuch – in Bezug auf die FMM – die Weltgemeinschaft betreffs der Möglichkeit eines sicheren Zuganges zu Chain Scheichun in die Irre zu führen.
Es ist klar, dass, wenn wir wirklich feststellen wollen, wer die Chemiewaffen einsetzte, so müssen diese grundlegenden Mängel umgehend beseitigt werden. Aber es sieht so aus, dass die aktuelle Sachlage für die westlichen Kollegen völlig recht ist. Darüber hinaus kämpfen sie verzweifelt dafür, so zu lassen, wie es ist. Und das, weil ihr Ziel nicht in der Feststellung der Wahrheit, sondern in der Nutzung von internationalen Strukturen für die Erhöhung des Drucks auf Damaskus besteht.
Noch im April, als Russland sich nachdrücklich um eine unverzügliche Entsendung von Inspektoren nach Chan Scheichun und auf den Stützpunkt al-Schairat, wo angeblich der in Chain Scheichun eingesetzte Sarin aufbewahrt wurde, bemüht hat, blockierten diese Länder die von uns im UN-Sicherheitsrat und im Exekutivrat der OPCW vorgeschlagenen Projektentwürfe der entsprechenden Beschlüsse. Es gibt überzeugende Gründe dafür, zu glauben, dass diese Länder auch einen starken Druck auf die FFM und den Unterstützungsmechanismus ausgeübt haben, damit ihre Vertreter zu den oben erwähnten Orten auf dem Territorium Syriens keinesfalls fahren. Die Möglichkeit, darauf zu bestehen, hatten sie nicht, da die FFM trotz internationalen Regeln und Normen von zwei britischen Staatsbürgern geleitet werden.
Eine andere Form des Drucks auf die Untersuchungsstrukturen und ein anderer Versuch sie zu „indoktrinieren“ waren die nationalen Berichte Großbritanniens, Frankreichs und der Türkei, die eine kategorische Schlussfolgerung darüber enthalten haben, dass die Verantwortung für den Einsatz von Sarin in Chain Scheichun die Luftwaffe Syriens tragen. Die Tatsache, dass die Sonderdienste dieser Staaten problemlos die Proben am Ereignisort weggenommen haben, zeugt davon, dass sich ihre Fahnder auf den Territorien, die von den radikalsten Dschihadisten-Gruppen kontrolliert werden, sehr frei fühlen. Den Vertretern der FFM zu helfen, den Ereignisort zu besuchen, wollten diese Länder jedoch nicht. Unsere Bitte, die Details der nationalen Untersuchung mit uns zu teilen, lehnten die Briten beispielsweise entschieden ab.
Das alles ist auch nicht zufällig. Es handelt sich um die konsequente und große Fragen aufwerfende Linie jener, die uns jetzt zu verunglimpfen versuchen. Kennzeichnend ist, dass alle Versuche Russlands in den letzten Jahren eine Reaktion des UN-Sicherheitsrats auf die Verbrechen der Terroristen unter Einsatz von Chemiewaffen zu erwirken, jedes Mal von der westlichen „Troika“ blockiert wurden. Dies grenzt an eine offene Deckung der Terroristen.
Trotz den verlogenen Erklärungen, die aus Washington, London und einer Reihe anderer Hauptstädte ertönt wurden, gibt es keine Gründe dafür, die Situation um den Gemeinsamen Unterstützungsmechanismus zu dramatisieren. Sein aktuelles Mandat läuft erst am 16. November ab. Dreieinhalb Wochen reichen völlig aus, um den zu erwartenden Bericht des Gemeinsamen Unterstützungsmechanismus zu behandeln und über das weitere Schicksal des Mechanismus zu entscheiden.
Wir bekräftigen die Absicht, in gedrängter Frist nach dem Erhalt des Berichts dem Sicherheitsrat konkrete Überlegungen darüber zu unterbreiten, was unternommen werden muss, um nicht in Worten, sondern in der Tat echte Unabhängigkeit, Objektivität und Professionalismus bei der Untersuchung von Verbrechen unter Einsatz von Giftstoffen zu gewährleisten.