21:00

REDE DES AUSSENMINISTERS DER RUSSISCHEN FOEDERATION I.S.IWANOW WAEHREND DER GENERALDEBATTE AUF DER 56.TAGUNG DER UNO-VOLLVERSAMMLUNG, AM 16.NOVEMBER 2001

2121-16-11-2001

Rede des Aussenministers der Russischen Foederation I.S.Iwanow waehrend der Generaldebatte auf der 56.Tagung der UNO-Vollversammlung,

am 16.November 2001

Sehr geehrter Herr Vorsitzender,

Sehr geehrter Herr Generalsekretaer,

Sehr geehrte Damen und Herren,

Diese Tagung der UNO-Vollversammlung verlaeuft unter dem Zeichen der prezedenzlosen Herausforderung des internationalen Terrorismus an die Menschheit. Es steht uns allen noch bevor, ernsthaft zu analysieren, wie es geschehen konnte, warum wir das zugelassen haben, obwohl wir ueber politische, wirtschaftliche und Militaermacht verfuegen. Heute ist es jedoch schon ganz klar, dass die Globalisierungsepoche bzw. die Drohungen und Herausforderungen an die Welt- und regionale Sicherheit, die sie mit sich bringt, von uns allen nachdruecklich und streng voellig neue Herangehen an internationale Angelegenheiten erfordert.

Die Zeit der Debatten und Auseinandersetzungen darueber, wie die kuenftige Weltordnung und die Rolle jeweiliger Staaten in dieser Ordnung aussehen sollen, sind unwiderruflich Vergangenheit geworden. Heute stehen wir innerhalb eines komplizierten Dilemmas, dessen Loesung von wirklich schicksalhafter Bedeutung ist. Entweder werden wir unsere Bemuehungen beim verantwortungsvollen Aufbau einer wirklich gerechten und demokratischen Weltordnung solidarisch vereinen, die gleiche Sicherheit und stabile Entwicklung fuer alle Staaten der Welt sichert. Oder wir versinken in scholastische Auseinandersetzungen und werden auch weiterhin nicht imstande sein, den realen und nicht hypothetischen Drohungen der Stabilitaet und Sicherheit in der Welt widerstehen koennen, werden es unwillkuerlich zulassen, dass boese Kraefte die Weltgemeinschaft manipulieren. Wir koennen noch einige Jahrzehnte lang darueber streiten, was zum Begriff „Terrorismus" gehoert, die Terroristen werden aber inzwischen ihre Verbrechen begehen.

Kurz und gut ist es soweit. Es ist einfach unsere Pflicht, im Interesse der kuenftigen Generationen die Reihen der Weltgemeinschaft zu schliessen und mit konkreten Taten zu beginnen. Dabei ist ohne Zweifel die dringendste Tat die Bildung des globalen Systems fuer des Widerstand neuen Drohungen und Herausforderungen, wobei der internationale Terrorismus der wichtigste davon ist. Es ist nur logisch, dass es bei den Verhandlungen zwischen Praesident der Russischen Foederation W.W.Putin und Praesident der USA G.Bush in diesen Tagen in Washington und Crowford zum zentralen Thema wurde.

Die antiterroristische Weltkoalition, deren verantwortrungsvoller Mitglied auch Russland ist, begann zu handeln. Es ist von prinzipieller Wichtigkeit, dass die Bildung dieser Koalition unter konsolidierender und koordinierender Rolle der Organisation der Vereinten Nationen verlaeuft. Denn gerade die UNO besitzt die noetige Universalitaet, Autoritaet, Erfahrungen und Ressourcen fuer die Organisation der kollektiven Abwehr dem Terrorismus auf fester Basis des internationalen Rechts.

Wichtige Beschluesse, die in den letzten Monaten vom UN-Sicherheitsrat und der UNO-Vollversammlung gefasst wurden, bilden solide politisch-rechtliche Grundlage fuer die Bemuehungen zur Neutralisierung der terroristischen Drohung, und sehen breites Spektrum konkreter antiterroristischer Massnahmen vor. Nun muessen diese Beschluesse von allen Staaten moeglichst voll realisiert werden.

Noetigenfalls ist auch der Einsatz von harten Kampfmitteln gegen die Terroristen moeglich, bis zur Militaergewaltanwendung. Die UN-Satzung berechtigt es. Dabei ist es offensichtlich, dass allein mit Gewaltmitteln diese Bedrohung nicht bekaempft werden kann. Komplexes Herangehen an die Ausrottung des Terrorismus sieht die Anwendung des ganzen Massnahmenspektrums, also politischer, wirtschaftlicher finanzieller und humanitaerer Massnahmen vor.

Auf der Tagesordnung steht die Festigung des international-rechtlichen Basis des Kampfes gegen den Terrorismus. Die vorrangige Bedeutung hat da der dringliche Abschluss der Besprechungen und Annahme einer umfassenden UNO-Konvention ueber den Kampf gegen den Nuklearterrorismus. Wir sind ueberzeugt, dass die Uno-Mitgliedsstaaten durchaus imstande sind, diese Aufgabe bis zum Abschluss der laufenden Tagung der Vollversammlung zu loesen.

Eine besonders verantwortungsvolle Aufgabe ist der schnellste Anschluss aller Staaten an die schon unterzeichneten und geltenden internationalen antiterroristischen Konventionen. Von Nutzen waere da die Bildung im Rahmen der UNO eines Ueberwachungssmechanismus zur Kontrolle der Erfuellung der Vertragsverpflichtungen im Bereich des Kampfes gegen den Terrorismus von allen Staaten.

Aeusserst wichtig ist nach unserer Ansicht die Idee, unter der UNO-Schirmherrschaft ein Zentrum zur Koordinierung der Hilfe fuer die Staaten bei der Loesung der durch Terrorakte hervorgerufenen Krisensituationen bilden. Die Taetigkeit dieser Struktur wuerde sich auf die Leistung der Beratungs- und materiell-technischen Hilfe bei der Bekaempfung von Terroraktenfolgen konzentrieren.

Russland schlaegt auch vor, die Moeglichkeit zu erwaegen, im internationalen Recht das Prinzip der Verantwortung der Staaten fuer das Fehlen von Massnahmen gegen die Terroristen festzulegen, die sich auf ihrer Flaeche befinden bzw. ihrer Gerichtsbarkeit unterliegen.

Die aeusserst wichtige Bedeutung fuer erfolgreiche und allumfasende Bekampfung des internationalen Terrorismus hat die Aufbewahrung und Festigung der strategischen Stabilitaet auf globaler und regionaler Ebene, Festigung des Regimes der Nichtverbreitung der Massenvernichtungswaffen. Dabei soll alles gemacht werde, um jede Moeglichkeit auszuschliessen, dass die Terroristen zu solchen Waffen kommen. Die Loesung solcher wichtiger Aufgaben wie strenge Einhaltung des Vertrags ueber die Nichtverbreitung der Nuklearewaffen, Verleihung dem Vertrag ueber das allumfassende Verbot von Nuklearwaffentests eines universellen Charakters, Anwendung von wirksamen Kontrollmechanismen hinsichtlich der Konvention ueber das Verbot von biologischen Waffen erfordert die Vereinigung von gegenseitigen Bemuehungen. Russland wird auch ferner aktive Anstrengungen fuer die Erreichung dieser Ziele vornehmen.

Im Blickwinkel der inernationalen Gemeinschaft soll das Problem des gegenseitigen Eindringens und Verwachsung des internationalen Terrorismus, des Drogenhandels und der transnationalen organisierten Kriminalitaet stehen. Diese gefaehrlichen Erscheinungen haben aehnliche und zuweilen auch gleiche Wege der Finanzunterstuetzung. Daher die Wichtigkeit der schnellsten Inkraftsetzung der Intetrnationalen Konvention ueber den Kampf gegen die Finanzierung des Terrorismus. Russland beabsichtigt, dieses Abkommen moeglichst schnell zu ratifiezieren.

Nicht weniger wichtig ist es, die Mechanismen der Konvention gegen die transnationale organisierte Kriminalitaet sowie deren Zusatzprotokolle zu starten.

Kurz und gut, der Boden unter den Fuessen derjeniger soll brennen, die terroristische Attacken planen und ausfuehren bzw. diejenigen unterstuetzen, die in grenzenuebergreifende Geschaefte der Mafiagruppierungen oder Drogenhaendler einbezogen sind. Die Unvermeidlichkeit der persoenlichen Verantwortung fuer diese Verbrechen soll zum entscheidenden Faktor fuer ihre Unterbindung und Verhuetung werden. Boeses soll und wird bestraft werden. Es kann nicht mit politischen, nationalistischen bzw. religioesen Losungen verschleiert werden. Der Terrorismus hat kein anderes Gesicht ausser eines kriminellen haben. Da gibt es keine Zweifel, keine Doppelstandarde.

Es ist voellig klar, dass sich die Bekaempfung des Terrorismus nicht auf eine Konfession, Zivilisation oder Kultur bezieht. Das haben die Auseinandersetzungen auf der laufenden Tagung der UNO-Vollversammlung ueber den Dialog zwischen den Zivilisatuionen zum Vorschein gebracht. Wir hoffen auch, dass die Umsetzung der Initiative religioeser Vertreter des Islams in Russland ueber die Durchfuehrung in Moskau einer Weltkonferenz zum Thema „Islam gegen Terrorismus" einen praktischen Beitrag zur Arbeit in diesem Bereich leisten wird. Mit Genugtuung verzeichnen wir die breite Unterstuetzung dieses Vorschlags.

Es ist ganz offensichtlich, dass der Terrorismus in der Ungleichmaessigkeit der sozial-wirtschaftlichen Entwicklung, der Kluft zwischen dem Reichtum und der Armut sowohl innerhalb der Staaten als auch auf dem intrenationalen Schuaplatz wurzelt. Armut und Elend, Analphabetentum und Arbeitslosigkeit bilden den Naehrboden des Terrorismus. Deshalb sind heute die Sicherstellung der stabilen Entwicklung aller Regionen der Welt und die Vertiefung der sozialen Ausrichtung des Globalisierungsprozesses besonders aktuell. Eine wichtige Rolle bei der Reformierung der modernen finanzwirtschaftlichen Architektur auf einer ausgewogenen und diskriminierungslosen Grundlage soll auch die UNO sowie ihre Spezialinstitute spielen.

UNO kann noch vieles zur Entwicklung der weltweiten Ablehnung des Exttrremismus jeder Art tun, egal, ob es um den aggressiven Natiolnalismus, angriffsluestigen Separatismus oder religioese Intoleranz geht. Einen wesentlichen Beitrag zu dieser Arbeit sollen nicht nur Staaten, sondern auch die zivile Gesellschaft leisten, unter anderem fuehrende Nichtregierungsorganisationen. Wir schlagen vor, ueber die Einberufung eines Weltforums unter der UNO-Schirmherrschaft nachzudenken, das den Beitrag der zivilen Geselschaft, unter anderem der Massenmedien, in den Kampf gegen den Terrorismus behandeln soll.

Die intrenationale Praxis zeigt, dass neue Drohungen und Herausforderungen besonders gefaehrliche Formen in unstabilen Regionen und Konfliktzonen erwerben, unter anderem in Aghanistan, im Nahen Osten und auf Balkan. Erfolgreiche Verhuetung und Regelung nationaler Konflikte ist ein unzertrennbarer Bestandteil antiterroristischer Anstrengungen der Weltgeneinschaft.

Dies ist noch ein wichtiges Argument zugunsten der weiteren Steigerung und Erhoehung der Effektivitaet der verhuetenden und friedenssschaffenden UNO-Taetigkeit. Es ist in unseren gemeinsamen Interessen, die Weltorganisation mit modernem Arsenal der Mittel zur Vervollkommnung ihres Antikrisenpotentials auszuruesten. Russland tritt unter anderem fuer die Entwicklung einer komplexen Strategie im Rahmen der UNO auf, die darauf gerichtet werden soll, die Ausseneinspeisungswege der Konflikte sicher zu sperren.

Gemeinsame Bemuehungen bei der Erhaltung des Friedens und bei der Suche nach adaequaten Antworten auf die neusten Herausforderungen im Sicherheitsbereich erfordern Erweiterung und Vertiefung der regionalen Zusammmenarbeit.

Ein Beispiel solcher erfolgreichen Partnerschaft ist die Gemeinschaft Unabhaengiger Staaten.Unter der energischen Teilnahme Russlands wird im Rahmen der GUS grosse Arbeit auf Grund des Vertrages ueber die Zusammenarebit im Kampf gegen den Terrorismus gefuehrt, der 1999 von den Regierungschefs der GUS-Mitgliedsstaaten untrezeichnet wurde. Das antiterroristische Zentrum der GUS wurde gegruendet, und es funktioniert wirkungsvoll. Im ganzen und grossen entwickelt sich das Zusammenwirken auf der Flaeche der Gemeinschaft beim Kampf gegen organisierte Kriminalitaet und Drogenschmuggel erfolgreich.

Natuerlich sind die Beschluesse der UNO sowie anderer internationaler und regionaler Organisationen zur Abwehr des Terrorismus und anderer neusten Herausforderungen nur insoweit wirkungsvoll, inwieweit sie durch die Weltgemeinschaft im allgemeinen realisiert werden. Wahrscheinlich gibt es heute keine Staaten, wo die Aufgabe der Anpassung des nationalen Rechts an internationale Standarde nicht aktuell ist.

Auch Russland arbeitet an der Loesung dieser Aufgabe. Die Grundlage des Erfolgs aller Behoerden unseres Landes in diesem Bereich ist das in der letzten Zeit zustandegekommene Einvernehmen innerhalb der russischen Gesellschaft hinsichtlich der Notwendigkeit der Ausrottung des Terrorismus und des Extremismus in unserem Staat und auf globaler Ebene.

Herr Vorsitzender,

Heute ist fuer uns alle, fuer die ganze Weltgemeinschaft ein Schicksalsaugenblick gekommen. Es ist an der Zeit, verantwortungsvolle Entscheidungen zu treffen, die das Schicksal unseres Planets fuer die lange Zukunft bestimmen werden.

Was Russland anbetrifft, so treten wir fuer solche Beschluesse auf, die strategische Stabilitaet und gleiche Sicherheit allen Staaten, stabile Entwicklung und den Wohlstand allen Voelkern des Planets, Frieden und Ruhe jeder Familie, jedem Menschen gewaehrleisten werden.

Diese Ziele koennen unter Bedingungen der Globalisierung und angesichts moderner Drohungen und Herausforderungen nur gemeinsam erreicht werden, indem man solidarisch die Anstrengungen der ganzen Weltgemeinschaft vereint. Einen anderen Weg zum Wohlstand und Fortschritt der Zivilisatoin gibt es einfach nicht. Und die entscheidende Rolle soll dabei die Organisation der Vereinten Nationen spielen. UNO wurde von den Maechten der Antihitlerkoalition zwecks Verhuetung der Widergeburt von menschenfeindlichen Ideologien und Regimen auf dem Planet gegruendet, und auch heute gehoert eine aehnliche Aufgabe zu ihren Hauptvorraengen. Mehr noch, die Organisation der Vereinten Nationen war und bleibt das wichtigste Instrument in den Haenden der Weltgemeinschaft, dessen effiziente und verantwortungsvolle Nutzung es uns erlaubt – dessen bin ich ganz sicher – im XXI. Jahrhundert neue demokratische und gerechte Weltordnung zu schaffen.

16. November 2001

Allgemeine Informationen

  • Adresse: 760 United Nations Plaza, New York, NY 10017, USA
  • Web: http://www.un.org/ru/
  • Chef der Organisation:
    António Guterres Generalsekretär

Bildergalerien

  • Отделение ООН в Найроби
  • Зал Генеральной Ассамблеи ООН
  • Штаб-квартира ООН в Нью-Йорке
  • Европейское Отделение ООН в Женеве
  • Европейское Отделение ООН в Вене
  • Зал Совета Безопасности ООН