Азербайджанская Республика
Rede und Antworten auf Medienfragen des Außenministers Russlands, Sergej Lawrow, auf der gemeinsamen Pressekonferenz über die Ergebnisse der Gespräche mit dem Außenminister Aserbaidschans, Elmar Mamedjarow, Baku, 18. Juni 2014
Verehrte Damen und Herren!
Wir haben mit Elmar Mamedjarow sehr nützliche Gespräche geführt. Aserbaidschan ist unser strategischer Partner. Wir entwickeln die Beziehungen auf Grundlage von Freundschaft, guter Nachbarschaft, Gleichberechtigung und gegenseitigem Vorteil. Diese Prinzipien bildeten sich im Laufe von Jahrhunderten heraus und wir müssen sie vermehren und den zukünftigen Generationen weitergeben.
Unsere Zusammenarbeit entwickelt sich nicht nur im bilateralen Format intensiv, sondern auch in verschiedenen multilateralen Richtungen, einschließlich der Probleme von Stabilität und Sicherheit im Südkaukasus und in der Kaspischen Region.
Wie bereits Elmar Mamedjawor sagte, bilden die Grundlage unserer Arbeit die Abkommen, welche während des Besuchs des Präsidenten der Russischen Föderation, Wladimir Putin, in Aserbaidschan im August 2013 erzielt wurden. Es erfolgt ein intensiver Delegationsaustausch, alleine im Juni ist in Aserbaidschan die Durchführung einer ganzen Reihe von Veranstaltungen unter Teilnahme von russischen Vertretern der exekutiven und legislativen Macht geplant. Der Gegenstrom von Delegationen begibt sich nach Russland. In allernächster Zeit findet in Qäbälä das russisch-aserbaidschanische Regionalforum statt, an dem mehr als 200 Vertreter aus 25 Subjekten der Russischen Föderation teilnehmen werden. Für Oktober dieses Jahres ist das Internationale humanitäre Forum von Baku geplant, welches unter der Schirmherrschaft der Präsidenten unserer beiden Länder steht. Wir konstatierten mit Befriedigung, dass die Vorbereitung im vollen Gang ist.
Wir haben einen regelmäßigen Dialog zu regionalen und internationalen Problemen eingerichtet. Wir berührten die Situation bei der Beilegung des Bergkarabachkonflikts. Wir begrüßten das im Herbst des Vorjahres stattgefundene Treffen der Präsidenten Armeniens und Aserbaidschans in Wien. Wir betonten die Bemühungen der Mitvorsitzenden der Minsker OSZE-Gruppe für die Weiterentwicklung der Ausformung der von den Präsidenten erreichten Sichtweisen. Je schneller wir die Abfolge der praktischen Schritte ausarbeiten, welche zu einer Entspannung beiträgt und den Übergang zu einer nachhaltigen Lösung gestattet, umso besser wird das für Armenien, Aserbaidschan und die gesamte Kaukasusregion sein.
Wir besprachen auch die Lage in der Ukraine. Dort geschehen tragische Ereignisse. Es sterben Menschen, die sich in der Zone der Kampfhandlungen befinden, und es leiden unsere Journalistenkollegen, wie das gestern mit zwei Korrespondenten von WGTRK geschah. Wir bekräftigen unser Beileid und unsere Solidarität mit jenen, die im Bereich der Kampfhandlungen tätig sind. Wir sind der Ansicht, dass das ein unangebrachtes Signal dafür ist, um das Feuer unverzüglich einzustellen und zu einer Entspannung der Lage überzugehen, oder – wie man auch sagt – zu einer Deeskalation der Situation, zu Verhandlungen auf Grundlage der Vorschläge, die in der Genfer Erklärung vom 17. April dieses Jahres und in der „Road Map" des gegenwärtigen OSZE-Vorsitzenden enthalten sind.
Wir tauschten unsere Meinungen zur Lage im Nahen Osten – in Syrien, im Irak und rund um diese Länder – aus, denn erstens befinden wir uns ziemlich nahe an dieser unruhigen Region und zweitens erhob dort jetzt der internationale Terrorismus sein Haupt und diejenigen, welche die Reihen seiner Kampfkohorten auffüllen, geben sich nicht damit zufrieden, nur dort ihre schädlichen Pläne zu verwirklichen. Das ist unsere gemeinsame Aufgabe, denn dieser stellt eine Bedrohung für alle dar – für Russland, Aserbaidschan und Europa. Wir einigten uns zum Zwecke der Antiterrorkooperation auf die Intensivierung der Kontakte in allen Richtungen.
Wir diskutierten die Problematik der Zusammenarbeit in der kaspischen Region im Kontext der Vorbereitung des 4. Kaspischen Gipfels, dessen Durchführung für Ende September dieses Jahres in Astrachan geplant ist. Wir besprachen den Vorbereitungsverlauf für die Ausarbeitung der Schlussdokumente dieses wichtigen Ereignisses.
Wir einigten uns auf eine Ausweitung der Zusammenarbeit im Rahmen der internationalen Organisationen – in der UNO, in der OSZE und im Europarat, wo Aserbaidschan den Vorsitz im Ministerkomitee innehat. Wir erwarten eine enge Zusammenarbeit auch in anderen multilateralen Formaten.
Ich bin mit den Ergebnissen der Gespräche höchst zufrieden und drücke meinem Kollegen und Freund die aufrichtige Anerkennung für die traditionelle Gastfreundschaft aus.
Frage: Das Parlament der Ukraine möchte sich in den nächsten Tagen an den Präsidenten Petro Poroschenko mit der Bitte wenden, in den Gebieten Donezk und Lugansk das Kriegsrecht zu verhängen. Wird sich das Ihrer Meinung nach auf die Lage in der Region auswirken und zu jener Deeskalation führen, von der so viel gesprochen wird?
Könnten Sie außerdem auch die Information kommentieren, dass Präsident Poroschenko die Verkündigung einer einseitigen Feuereinstellung vorschlägt, damit die „Separatisten", wie er sie nennt, im Osten der Ukraine die Waffen abgeben.
Lawrow: Bei der Idee einer Verhängung des Kriegsrechts sehe ich nicht, wie das zu einer Deeskalation führen kann. Im Gegenteil, das Kriegsrecht wird deshalb verhängt, um den Behörden noch mehr freie Hand zu lassen, um sich noch stärker auf grobe militärische Gewalt bei der Unterdrückung der Proteste im Südosten stützen zu können. Deshalb hoffe ich auf die Vernunft des Parlaments, obwohl – ich wiederhole – nichts ausgeschlossen werden kann. Wir haben schon allzu viele Ausformungen von ungeahnter Aggressivität der jetzigen ukrainischen politischen Führer gesehen.
Dasselbe betrifft die einseitige Feuereinstellung. Wenn diese Initiative darauf ausgerichtet ist, damit die Feuerpause eine umfassende wird und die gegen die Macht kämpfenden Volksmilizen ebenso ihren guten Willen zeigen können, wenn danach Verhandlungen stattfinden und Vertreter des Südostens zu ihnen eingeladen werden, dann, glaube ich, wäre das jener Schritt, den Präsident Poroschenko zu tun versprach und den wir alle von ihm eigentlich erwarten. Oder das alles ist als einseitige Feuereinstellung für eine bestimmte Zeit angelegt, damit die Volksmilizen ihre Waffen abgeben, um sie dann, wie jemand in Kiew versprach (dort gibt es einen regelrechten Wettkampf in kriegerischen Erklärungen), lebenslang ins Gefängnis zu sperren. Als weitere Variante habe ich gehört, dass eine solche einseitige Feuerpause notwendig ist, damit die „Separatisten" das Territorium der Ukraine verlassen. Das grenzt bereits an ethnische Säuberungen, wenn man der russischsprachigen und der ethnisch russischen Bevölkerung das Verlassen des Landes vorschlägt und wenn die Machthaber nicht ihre legitimen Forderungen berücksichtigen wollen. Ich las sogar einen Auszug aus einer ukrainischen Zeitung, dass parallel dazu die Umsiedlung von 250.000 Bürgern der Ukraine aus den westlichen Gebieten in den Südosten geplant ist. Das ist ein ziemlich ernst zu nehmendes soziales Engineering.
Wenn das die Wahrheit ist, so unterscheiden sich solche Vorhaben von den Tendenzen der modernen europäischen Zivilisation, welche in der Notwendigkeit für alle bestehen, unter Achtung der ethnischen, sprachlichen, kulturellen, humanitären und religiösen Traditionen leben zu können. Wenn wir schon von europäischen Werten sprechen, sogar die Art, wie die ukrainischen Vertreter die Gasverhandlungen führten, nämlich ausschließlich ultimativ und keine Verhandlungskultur an den Tag legend, ist überhaupt nicht europäisch. So benehmen sich die, welche an die eigene Ausschließlichkeit oder an die Ausschließlichkeit ihrer Förderer glauben. Das gebiert einen uneingeschränkten Machtrausch. Das alles sind Glieder einer Kette: sowohl die absolut empörende kompromisslose und ultimative Haltung in den Verhandlungen als auch die Vorhaben, den Konflikt im Südosten durch die Verhängung des Kriegsrechts oder durch Ultimaten gegenüber den eigenen Bürgern zu lösen.
Frage: Russland schlägt Aserbaidschan vor, der Eurasischen Wirtschaftszone beizutreten. Wie wird im Falle des Beitritts Aserbaidschans im Rahmen dieser Organisation der Bergkarabachkonflikt gelöst werden?
Lawrow (antwortet nach Mamedjarow): Es gibt keine formale Einladung an Aserbaidschan, der Zollunion oder der zu schaffenden Eurasischen Wirtschaftsunion beizutreten. Aber in den Kontakten unserer politischen Führer weisen wir beim Thema der wirtschaftlichen Zusammenarbeit immer darauf hin, dass wir uns über jeden unserer Partner freuen, der Interesse zeigt an einer Annäherung an die Zollunion und danach an die Eurasische Wirtschaftsunion.
Der Bergkarabachkonflikt hat keine Beziehung zu den wirtschaftlichen Integrationsprozessen, welche jetzt zwischen Russland, Kasachstan und Weißrussland vor sich gehen und denen sich in naher Zukunft nach der Unterzeichnung der entsprechenden Dokumente Armenien anschließen wird. Diese Prozesse erfolgen auf dem Territorium von Staaten, welche der Zollunion angehören. Bergkarabach ist kein solcher Staat und ist Gegenstand von internationalen Verhandlungen, welche auf Grundlage von zahlreichen von den Konfliktparteien ausgearbeiteten Prinzipien erfolgen. Armenien erklärte bereits seine Teilnahme an der Welthandelsorganisation im Rahmen der von der UNO anerkannten Grenzen und erhebt auf keinerlei andere Grenzen Anspruch. Das Gleiche wird bezüglich der Eurasischen Wirtschaftsunion erfolgen.