Heute hat die so genannte Koalition um die USA Luftschläge gegen die syrische Stadt Deir ez-Zor versetzt. Es geht um die Gegend, wo die syrischen Regierungstruppen schon lange Zeit dem IS widerstehen. Ausgerechnet dem IS und nicht den Oppositionsverbänden oder anderen terroristischen Organisationen. Es geht ausgerechnet um den IS.

Wir sind sehr beunruhigt, dass die Schläge unmittelbar gegen die syrische Armee versetzt wurden, die dort die IS-Kräfte konsequent vernichtet hatte. Zwecks Unterstützung der syrischen Truppen werden in diese Gegend humanitäre Hilfsgüter geliefert – sowohl von der UNO als auch von Russland. Weder bei den täglichen Kontakten der russischen und amerikanischen Seite im Genfer Zentrum für operatives Reagieren noch bei den praktisch täglichen Kontakten zwischen Sergej Lawrow und John Kerry hatten die Amerikaner solche Pläne angekündigt. Noch mehr als das: Es gab auch keine Hinweise auf die Absicht zu einem Einsatz in diesem Raum.

Das lässt vermuten, dass Washington, das sich zur Trennung der Terroristen von der so genannten „gemäßigten“ Opposition verpflichtet hatte, seine Verpflichtungen nicht erfüllen will oder einfach nicht in der Lage ist, diese Verpflichtungen zu erfüllen.

Früher hatten wir vermutet, dass dadurch die al-Nusra-Front möglichst gut dargestellt werden sollte, aber nach den heutigen Schlägen gegen die syrische Armee müssen wir feststellen: Das Weiße Haus verteidigt den IS. Da gibt es jetzt keine Zweifel. Und wenn das so ist, dann ist das möglicherweise eben der Grund, warum die amerikanische Seite gegen die Veröffentlichung der russisch-amerikanischen Vereinbarungen auftritt. Wir verlangen von Washington eine Erklärung, ob das eine gezielte Politik zur Unterstützung des IS oder „nur“ ein weiterer Fehler ist.

Russlands Ständiger Vertreter bei der UNO wurde angesichts dessen beauftragt, eine unverzügliche Einberufung des UN-Sicherheitsrats zu verlangen.

Frage: Wie werden die weiteren Schritte Moskaus bzw. des Außenministeriums sein?

Maria Sacharowa: Wir verlangen von Washington eine ausführliche und detaillierte Erklärung. Diese Erklärung müsste es im UN-Sicherheitsrat machen.

Frage: Gleich nach den Luftschlägen der Koalition begannen die IS-Kämpfer eine Offensive. Wie könnte sich jetzt die Situation ändern?

Maria Sacharowa: Wir gehen davon aus, dass die Weltgemeinschaft im letzten Halbjahr sehr viel dafür getan hat, damit die Syrien-Regelung umgesetzt wird. Es wurde praktisch das Unmögliche geschafft: Es wurden zwei parallele Mechanismen gestartet, nämlich die politische Regelung und die Terrorbekämpfung. Es wurden Dokumente im Rahmen der Internationalen Gruppe zur Unterstützung Syriens vereinbart, die dann vom UN-Sicherheitsrat gebilligt wurden. Nach sehr schwierigen Verhandlungen, die mehrere Monate in Anspruch nahmen, wurden endlich die russisch-amerikanischen Vereinbarungen getroffen – ein ganzes Paket von Dokumenten zur Terrorbekämpfung.

Und nach all dem sind wir jetzt Augenzeugen dieser Angriffe geworden. Sie stellen alles infrage, was bislang von der Weltgemeinschaft im Rahmen sowohl der Internationalen Gruppe zur Unterstützung Syriens als auch des UN-Sicherheitsrats, wie auch in verschiedenen bilateralen Formaten errungen worden war.

Russland tat sein Bestes sowohl für die Suche nach Kompromissen als auch für die Suche nach realen Wegen zur Regelung der Syrien-Krise.