la República Libanesa
Rede und Antworten des Außenministers der Russischen Föderation, Sergej Lawrow, auf der Pressekonferenz zu den Ergebnissen des Besuchs in die USA am 10. Dezember 2019 in Washington
Wir schließen den Besuch in die USA auf Einladung des US-Außenministers Mike Pompeo ab. Als Zusatz zu den Verhandlungen mit Mike Pompeo und seinem Team, nach denen wir eine Pressekonferenz im US-Außenministerium abhielten, gab es ein Treffen im Weißen Haus mit US-Präsident Donald Trump, das meines Erachtens in Atmosphäre des gegenseitigen Verständnisses verlief, vor allem was die Verantwortung Russlands und der USA für die Lage in der Welt betrifft.
Wir stellten das Vorhandensein einer Reihe ernsthafter Probleme fest, man kann sie nicht loswerden. Wir verstehen die Spezifik der jetzigen Situation, vor allem der innenpolitischen Lage in den USA, doch auf beiden Seiten ist die Ausrichtung zu erkennen, damit in den Bereichen, wo wir gegenseitig vorteilhaft und ergebnisreich arbeiten können, mehr machen und mehr Anstrengungen unternehmen, um konkrete Ergebnisse zu erreichen.
Wir widmeten besondere Aufmerksamkeit der strategischen Stabilität, globalen Sicherheit, Lage im Bereich Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung. Die Situation ist sehr ernsthaft. Es blieb nur ein gültiger Vertrag zwischen Russland und den USA – ich meine den Vertrag über die Reduzierung der strategischen Offensivwaffen, den so genannten START-Vertrag. Wir bestätigten unseren Vorschlag über die Verlängerung dieses Vertrags. Dabei halten wir es für wichtig, der Beschluss über diese Verlängerung möglichst früh zu treffen – schon bis zum Jahresende, wie vor kurzem der russische Präsident Wladimir Putin vorschlug.
Wir nehmen natürlich die Situation um den INF-Vertrag zur Kenntnis. Wir erinnerten an den Vorschlag des Präsidenten der Russischen Föderation, Wladimir Putin, ein gegenseitiges Moratorium auf die Schaffung und Stationierung der Waffen, die durch den INF-Vertrag verboten wurden. Wir werden bereit sein, das mit US-Kollegen zu besprechen, wenn sie daran Interesse zeigen werden. Wenn nicht, kann man da nichts machen. Wie Wladimir Putin hervorhob, ist unsere Sicherheit gewährleistet. Doch wir verstehen unsere Verantwortung dafür, dass irgendwelche Instrumente im Abrüstungsbereich, Rüstungskontrolle und Verbreitung jedoch aufrechterhalten und gefestigt werden. Auf unsere Initiative zur Aufbewahrung solcher Instrumente und ihrer Festigung wurde mit 174 Stimmen die Resolution der UN-Generalversammlung verabschiedet. Niemand stimmte dagegen. „Dafür“ stimmten alle westlichen Länder, einschließlich der USA. Das schafft zumindest eine Hoffnung darauf, dass das Verständnis der Nichtzulassung des Zerfalls dieses ganzen Systems in Washington aufbewahrt wurde.
In mehreren anderen Bereichen haben wir die Möglichkeit, auch für unsere Beziehungen und die internationale Stabilität nützlich zu kooperieren. Ich meine die Dialoge, die fortgesetzt werden, die Mechanismen, die bezüglich Syrien, Afghanistan, Atomproblem der Koreanischen Halbinsel funktionieren.
Wir sprachen heute darüber, dass man jedoch irgendwelche Schritte unternehmen soll, um die Verschärfung der Krise im Persischen Golf nicht zuzulassen, sowie zur Lösung der Probleme, die wegen eines einseitigen Ausstiegs der USA aus dem Gemeinsamen Aktionsplan zur Regelung des iranischen Atomprogramms entstanden.
Zum Schluss sprachen wir über die Aussichten der Wirtschaftskooperation. Der Umfang des gegenseitigen Handels steigt in diesem Jahr rund um 25 Prozent im Vergleich zum Jahr 2016- Wir verstehen, dass dieses Wachstum zwar unter Bedingungen der Sanktionen erfolgt, doch das ist natürlich nicht die Grenze unserer Potentiale. Es besteht das Interesse des Geschäfts von beiden Seiten zur Entwicklung der gegenseitigen Kooperation.
Frage: Wurde es geschafft, den US-Präsidenten Donald Trump nochmals nach Moskau zum Jubiläum des Tags des Sieges einzuladen? Gab es eine Antwort? Wurde das Thema eines möglichen vollformatiges Treffens der Präsidenten Russlands und der USA besprochen?
Sergej Lawrow: Russlands Präsident Wladimir Putin lud den US-Präsidenten Donald Trump zu den Feierlichkeiten anlässlich des Tages des Sieges am 9. Mai 2020 in Moskau bei ihrem Treffen in Japan am Rande des G20-Gipfels im Juni dieses Jahres ein. Heute bestätigte ich diese Einladung im Auftrag Wladimir Putins. Donald Trump erörtert dies.
Wir hoffen, dass man bei solcher Möglichkeit ein gegenseitiges Vollformat-Gespräch durchführen kann.
Frage: Der US-Kongress stimmte vor kurzem den Entwurf des Militäretats ab, wo mögliche Sanktionen gegen Nord Stream-2 und Turkish Stream enthalten sind. Wurde dieses Thema angeschnitten? Falls Einschränkungen eingeführt werden (der Kongress ist ziemlich entschlossen gestimmt), wie würde das den Fertigbau unserer Projekte beeinflussen?
Sergej Lawrow: Meines Erachtens ist der Kongress jetzt buchstäblich vom Wunsch erfasst, alles zu machen, um unsere Beziehungen zu zerstören. Die von der Administration Barack Obamas begonnene Sache lebt. Wie ich bereits sagte, haben wir uns an solche Angriffe gewöhnt. Wir wissen, wie man darauf reagieren soll. Ich kann Ihnen zusichern, dass weder Nord Stream-2 noch Turkish Stream gestoppt werden.
Frage: Sie hatten heute die Möglichkeit, mit Mike Pompeo und Donald Trump zu sprechen. Hat sich Donald Trump bei Ihnen (vielleicht in einem privaten Gespräch) über Demokraten beschwert, die das Amtsenthebungsverfahren einleiteten? Ist es Ihres Erachtens ein Zufall, dass Donald Trump Sie heute im Weißen Haus empfing – gerade am Tag, als Demokraten eine neue Amtsenthebungsetappe einleiteten?
Sergej Lawrow: Bezüglich der ersten Frage sagte ich bereits, welche Themen wir besprachen. In der Einführungsrede sagte ich ebenfalls, dass es um nichts mehr ging. Bezüglich des Terminplans des Kongresses – interessierte ich mich ehrlich gesagt nicht dafür. Glauben sie, dass sie eine Sitzung organisierten, als sie erfuhren, dass ich heute anreise?
Frage: Während der Besprechung der Syrien-Situation mit Donald Trump und Mike Pompeo haben Sie irgendwelche neue Position verzeichnet, die die politische Regelung in Syrien fördern würde?
Sergej Lawrow: Wir besprachen mit Mike Pompeo die Probleme der Syrien-Regelung. Wir haben eine gemeinsame Position, die wir heute bestätigten – es gibt keine militärische Lösung, man muss den inklusiven gesamtnationalen Dialog fördern, indem dazu vor allem der politische Prozess im Rahmen des in Genf aufgenommenen Verfassungsausschusses genutzt und unbedingt nach den Wegen der Einbeziehung der Kurden in den politischen Prozess, vor allem via Aufnahme ihrer Kontakte (das ist schon unsere Überzeugung) mit der zentralen Regierung Syriens. Wir sprechen mit ihnen darüber, indem gezeigt wird, dass er der einzige zuverlässige Weg zur Gewährleistung der Interessen der kurdischen und anderen ethnischen und konfessionellen Gruppen in Syrien ist. Wir haben mit den USA zu Syrien einen Dialog-Kanal, der sich vor allem zwischen Militärdiensten im Rahmen des Deconfliktings entwickelt. Es gibt Kontakte zwischen den Außenministerien.
Frage: Wie sind Ihre Einschätzungen der Entwicklung im Libanon und Irak?
Sergej Lawrow: Wir haben eine Position, die darin besteht, dass die jetzigen Krisenerscheinungen in diesen Ländern ausschließlich via einen nationalen Dialog mit Einbeziehung aller politischen und ethnokonfessionellen Gruppen überwunden werden können. Im Libanon – mit Respekt der Prinzipien, auf denen die libanesische Verfassung ruht. Wir halten das für prinzipiell wichtig. Man soll nicht die Situation zulassen, wenn eine ethnische Gruppe von diesen Prozessen beseitigt wird, darunter unter dem Vorwand der notwendigen Bildung gewisser technischer Machtorgane. Das wird stark von den Traditionen abweichen, die der libanesischen Gesellschaft es ermöglichten, die Integrität aufzubewahren und die Souveränität des eigenen Landes zu gewährleisten.
Wir sind mit der Regierung Iraks solidarisch, die gegen die Reste der Terrorgruppierungen kämpfen und gleichzeitig die Vereinigung der Gesellschaft auf derselben zwischenethnischen und zwischenkonfessionellen Grundlage unter Teilnahme der Schiiten und Sunniten und Berücksichtigung des Platzes, den Kurdistan im irakischen Staat einnimmt, erreichen. Wir drückten die Solidarität mit den Anstrengungen der irakischen Führung in dieser Richtung aus.
Ich hoffe, dass es weder im libanesischen, noch im irakischen Fall destruktive Einmischung der äußeren Kräfte geben wird, und alle Außenakteure sowohl die Libanesen, als auch die Iraker gerade auf das Erreichen der Einigung auf der nationalen Ebene stimmen werden. Nur so können diese Länder und die Region im Ganzen stabilisiert werden.
Frage: US-Außenminister Mike Pompeo äußerte sich auf einer gemeinsamen mit Ihnen Konferenz in dem Sinne, dass die USA trotz aller Auseinandersetzungen auf die Erweiterung der Kooperation im Bereich des Antiterrorkampfes und Drogenhandels gestimmt sind. Könnten Sie bitte die Details dieses Teils der Diskussion anführen? Wurden Vereinbarungen über die Wiederherstellung einer vollwertigen und regelmäßigen Arbeit der bilateralen Arbeitsgruppe zum Kampf gegen Terrorismus bzw. andere Formen des Zusammenwirkens erreicht?
Sergej Lawrow: Der Präsident der Russischen Föderation, Wladimir Putin, und der US-Präsident Donald Trump bereits beim Treffen in Helsinki im Sommer des vergangenen Jahres unterstützten unseren Vorschlag über die Aufnahme der Antiterrorkooperation. Sie erfolgte im Rahmen der Arbeitsgruppe unter Administration von Barack Obama. Am Höhepunkt der antirussischen Beschlüsse, die in den USA getroffen wurden, wurde sie auf Initiative Washingtons eingefroren, neben vielen anderen Richtungen unserer Kontakte. In diesem Jahr nahmen wir auf Beschluss der Präsidenten Wladimir Putin und Donald Trump den Dialog in diesem Format wieder auf – regelmäßige Konsultationen auf der Ebene der Stellvertretenden Außenminister. Von unserer Seite führt diese Gespräche der stellvertretende Außenminister Oleg Syromolotow, von den USA war sein Partner John Sullivan, der das Verfahren der Anhörungen vor der Ernennung zum Botschafter in der Russischen Föderation abschließt. Hoffentlich wird der Ersatz für den Leiter der Delegation von den USA umgehend gefunden. Inzwischen haben unsere Delegationen einen ressortübergreifenden Charakter – dort sind sowohl Diplomaten, als auch Militärs und Dienste vertreten, die direkte Verpflichtungen zum Kampf gegen Terrorgefahr haben. Das ist ein sehr nützlicher Mechanismus, der ein umfassendes Herangehen zur Vereinigung unserer Anstrengungen in diesem aktuellen Bereich ermöglicht.
Frage (übersetzt aus dem Englischen): Anscheinend wurden keine besonderen Fortschritte bei den Verhandlungen mit den USA über die Verlängerung des START-Vertrags erreicht. Haben Sie irgendwie die Idee „angehängt“, dass Moskau auch auf die Verlängerung des START-Vertrags für weniger als fünf Jahre eingehen kann. Haben Sie das während Ihrer Gespräche mit US-Außenminister Mike Pompeo und US-Präsident Donald Trump vorgeschlagen? Haben Sie eine positive Antwort bekommen?
Sergej Lawrow: Wir schlugen Washington jede Variante der Verlängerung des START-Vertrags vor. Ich würde so kurz antworten – das umfasst den Sinn unserer Diskussion.
Frage (übersetzt aus dem Englischen): Welche Sanktionen gegen Nordkorea sollen aufgehoben werden, damit Verhandlungen zwischen Pjöngjang und Washington fortgesetzt werden?
Sergej Lawrow: Wir denken, dass bereits ausreichend Sanktionen gegen Nordkorea getroffen wurden. Vielleicht sogar mehr als notwendig, wenn man noch einseitige Sanktionen meint, die zusätzlich zu den Beschlüssen des UN-Sicherheitsrats getroffen wurden. Wir denken, dass da in jeder Resolution, die Sanktionen seitens des UN-Sicherheitsrats einführte, die Feststellung der Notwendigkeit und politischen Prozesses enthalten war, sollte man da Flexibilität zeigen. Zudem gibt es auch humanitäre Dinge, die durch das aktuelle Sanktionsregime betroffen werden.
Ein anschauliches Beispiel, den ich heute mit Mike Pompeo besprach, und er versprach, diese Situation genauer zu betrachten. Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der UNO, die in Rom ansässig ist, hatte ein Projekt zur Lieferung der humanitären Hilfe absolut legal, offen an Nordkorea. Die Nomenklatur dieser Hilfe verletzte gar nicht die Verbote, die durch den UN-Sicherheitsrat eingeführt wurden, sowie einseitige Sanktionen der Amerikaner. Doch die Versuche der Organisation, einen Lieferanten zu finden, und vor allem jenen, der diese Hilfe nach Nordkorea bringen wird, stießen auf ein ernsthaftes Problem, weil sich alle einfach fürchten, eine Operation aufzunehmen, die allerdings nicht verboten ist. Der Verzicht auf dieses Damoklesschwert sollte irgendwie gestaltet werden. Unsere US-Kollegen verstehen dieses Problem. Hoffentlich verstehen sie auch den Bedarf nach Stimulierung Nordkoreas zur Kooperation via Schritte in Richtung Pjöngjang als Antwort auf die bereits gemachten Aktionen, wobei die Tests für lange Zeit eingefroren wurden, ohne jegliche positiven Handlungen als Antwort darauf bekommen zu haben. Wir werden den Aktionsplan umsetzen, den Russland zusammen mit China unter Berücksichtigung der Kommentare ausarbeitete, die wir von der US-Seite, Republik Korea bekamen. Wir hoffen, dass dieser Aktionsplan den Seiten helfen würde, direkte Verhandlungen wiederaufzunehmen und nicht zu versuchen, einander Ultimaten zu stellen.
Ich sagte bereits und sage nochmals, dass es unrealistisch ist, zu erwarten, dass Nordkorea alles machen wird, was die Amerikaner wollen, die Denuklearisierung abschließt und erst dann irgendwelche Vorteile im Sinne Erleichterung seiner Wirtschaftslage, Aufhebung der Sanktionen und Sicherheitsgarantien bekommt. Der Begriff, den die US-Kollegen nutzen – Denuklearisierung Nordkoreas ist nicht akkurat und nicht präzise, weil es sich in allen Vereinbarungen um Denuklearisierung der Koreanischen Halbinsel handelt. Wie Sie verstehen, sind das etwas verschiedene Sachen. Wir werden die Seiten weiterhin dazu bewegen, dass sie jedoch den Dialog aufnehmen, doch dafür sollen die Gegenschritte als Antwort auf die Handlungen unternommen werden, die Nordkorea bereits machte.
Frage: Mike Pompeo sagte heute, dass das Weiße Haus in der nächsten Zeit bereit ist, eine große Erklärung über die Wirtschaftskooperation mit Russland zu machen. Wissen Sie, worum es geht? Wurde das besprochen?
Sergej Lawrow: Wir besprachen heute, wie die Erörterung einer prinzipiellen Vereinbarung der Präsidenten unserer Länder läuft, die in Helsinki im vergangenen Jahr auf Vorschlag Wladimir Putins erreicht wurde. Ich meine die Schaffung eines konsultativen Geschäftsrats, zu dem die Leader des privaten Wirtschaft – jeweils sieben bzw. zehn Personen von jeder Seite – gehören werden, der die Unterstützung Moskaus und Washingtons genießen und pragmatische, auf gegenseitige Vorteile ausgerichtete Vereinbarungen über Projekte im Wirtschafts- und Investitionsbereich ausarbeiten würde. Unsere Kollegen sagten, dass sie diese Idee unterstützen. Auf Auftrag Donald Trumps bilden sie jetzt ihre konkrete Reaktion darauf. Anscheinend meinte das wohl Pompeo.
Frage (übersetzt aus dem Englischen): Sie beobachten schon seit drei Jahren Donald Trump auf dem Posten des US-Präsidenten sozusagen „in Aktion“. Glauben Sie, dass er ein zuverlässiger Partner für Russland ist, auf den man sich verlassen kann, der das tut, was Sie wollen, und das tun sollte, was er versprochen hat?
Sergej Lawrow: Die Aktivitäten des US-Präsidenten Donald Trump sollte vor allem das amerikanische Volk beurteilen. Was die Beziehungen mit Russland angeht, so haben wir keinen Anlass, zu zweifeln, dass Donald Trump die Vorteile für die Amerikaner, für die US-Geschäftskreise, für die USA im Allgemeinen und für die Situation in der Welt einsieht, die mit den guten Beziehungen zwischen Russland und den USA verbunden sind. Mit den Beziehungen, bei denen es sich nicht darum geht, dass eine Seite der anderen einen Gefallen tut – sie sollten sich auf Interessenbalance, Pragmatismus und gemeinsame Nützlichkeit stützen. Das ist unser Eindruck von Präsident Trump. Wir wissen, dass in den USA nicht alle seine Einstellung teilen, und dass diese Kräfte versuchen, die Normalisierung unserer Beziehungen behindern und immer neue und neue Sanktionen gegen uns verhängen. Ich hörte, dass der Senator Robert Menendez von der Demokratischen Partei im Kongress verlangte, Sanktionen allein deshalb zu verhängen, weil das russische Volk unter Oligarchen leiden würde. Das ist ja eine interessante juristische Novelle. Wie gesagt: Wir haben keine Zweifel an der Aufrichtigkeit Präsident Trumps und daran, dass er die Vorteile der normalen Beziehungen mit Russland für die USA begreift.
Frage (übersetzt aus dem Englischen): Könnte Russland im Kontext des Impeachment-Verfahrens und des Drucks, dem die russisch-amerikanischen Beziehungen ausgesetzt werden, gewisse Hebel bei seinem Dialog mit der Ukraine über die Einstellung des Konflikts zwischen beiden Ländern bekommen?
Sergej Lawrow: Ich verstehe nicht, was wir mit den Beziehungen zwischen den USA und der Ukraine zu tun haben und welche „Hebel“ hier eingesetzt werden könnten. Das sind die Beziehungen zwischen zwei souveränen Großmächten. Und wir betrachten sie als solche.
Frage (übersetzt aus dem Englischen): Haben Sie nach den Verhandlungen in Washington mehr Hoffnung auf die Verlängerung des New-START-Vertrags – im Vergleich dazu, wie Ihre Hoffnung auf dem Weg hierher war? Wann könnte nach Ihrer Auffassung der „Point of no return“ kommen – wenn es zu spät werden könnte, um den Vertrag zu verlängern?
Sergej Lawrow: Dieser Tag kommt am 5. Februar 2021. Bis dahin bleibt alles in unseren Händen und in den Händen der USA. Unsere Vorschläge liegen quasi auf dem Tisch. Man hat uns gehört – das verstehe ich. Jetzt soll Washington seine Entscheidung treffen.
Frage (übersetzt aus dem Englischen): Das Weiße Haus hat eine Erklärung zu den Ergebnissen Ihres Treffens mit Donald Trump veröffentlicht, in der geschrieben steht, das der US-Präsident Russland vor einer Einmischung in die US-Wahlen gewarnt habe – und zugleich zur schnellstmöglichen Regelung des Konflikts mit der Ukraine aufgerufen. Haben Sie diese Fragen besprochen? Könnten Sie bitte über diese Diskussion ausführlicher erzählen?
Sergej Lawrow: Wir haben die Wahlen überhaupt nicht besprochen. Was die Ukraine angeht, so habe ich Donald Trump und Mike Pompeo über meine Eindrücke vom gestrigen Gipfel des "Normandie-Quartetts" geschildert, der in Paris stattgefunden hatte. Diese Eindrücke stützen sich auf das Abschlussdokument des Gipfels, das verabschiedet und verbreitet wurde, unter anderem in Massenmedien.
Frage (übersetzt aus dem Englischen): Wie schätzen Sie die Herangehensweise der USA an die Situation in Syrien ein? Wäre die Administration Donald Trumps dazu bereit, dass Baschar al-Assad an der Macht bleibt? Wurde dabei Russlands Position zu Syrien, die russischen Bombenangriffe gegen Idlib kritisiert? Wurde die Möglichkeit für die Eröffnung der US-Botschaft in Damaskus erörtert? Wie ist Ihres Erachtens die Position der USA zum Assad-Regime?
Sergej Lawrow: Wie sich die USA zur legitimen Regierung Syriens verhalten, sollte man die US-Behörden fragen. Jedenfalls zeugt die Unterstützung, die die USA (auch nicht nicht sofort) der Arbeit des syrischen Verfassungskomitees geleistet haben, das bekanntlich aus drei Teilen besteht (der eine Teil vertritt die Interessen der Regierung, der zweite die Interessen der Opposition, und der dritte wurde aus Vertretern der Zivilgesellschaft gebildet), davon, dass die USA die Realität in Syrien einsehen und akzeptieren. Ich habe heute gehört, dass US-Außenminister Pompeo daran interessiert ist, dass es bei der Arbeit an der Verfassungsreform Erfolg hat, was die Resolution des UN-Sicherheitsrats auch vorsieht. Leider können unsere türkischen Kollegen ihre Verpflichtungen zur Trennung der bewaffneten Opposition, die sich an keinen terroristischen Aktionen beteiligte, von der al-Nusra-Front (die sich inzwischen Hayat Tahrir asch-Scham nennt) vorerst nicht erfüllen, wozu sie sich im September verpflichteten. Wir verstehen, dass das eine schwere Sache ist. Einst beteuerte die Administration Barack Obamas, sie würde die Kämpfer, die zum politischen Dialog bereit wären, von den al-Nusra-Terroristen trennen. Dieses Versprechen wurde nicht gehalten – die Obama-Administration konnte das nicht tun. Wir hatten damals unsere Zweifel bezüglich der Position Washingtons gegenüber der al-Nusra-Front: Wir vermuteten, dass sie diese Gruppierung schonten, um sie gegen die legitime Regierung Baschar al-Assads einzusetzen. Egal wie, aber im Unterschied zum IS, der schwere Verluste tragen musste und vorerst in Form von vereinzelten Gruppierungen besteht, hat die al-Nusra-Front die Deeskalationszone Idlib unter ihre Kontrolle genommen und versetzt von dort aus Schläge gegen die Positionen der syrischen Truppen, gegen die zivile Infrastruktur und den russischen Fliegerstützpunkt Hmeimim. Jeden solchen Schlag beantworten wir. Natürlich ist es unmöglich, dass diese Situation ewig so bleibt. Am Ende sollte diese Zone vollständig von den Terroristen befreit werden, so dass dieses Territorium wieder von der legitimen Regierung unter Kontrolle genommen wird. Beunruhigend ist, dass die Terroristen, die sich in dieser Zone befinden, sich über die ganze Region verbreiten. Viele von ihnen befinden sich inzwischen in Libyen, wo sie Öl ins Feuer der dortigen Auseinandersetzungen gießen, die die Wiederaufnahme des politischen Dialogs behindern.
Wir haben die Situation in Syrien sowie die Ereignisse östlich vom Euphrat ausführlich besprochen, wo die USA an der Spitze ihrer Koalition, die nach Syrien niemand einlud, sich mit der Verbesserung der Lebensbedingungen der dortigen Einwohner beschäftigen und sich dabei auf kurdische Formationen stützen, was in vielen Fällen zu Auseinandersetzungen zwischen den Kurden und den arabischen Stämmen führt, auf deren traditionellen Territorien jetzt die Kurden erscheinen und bleiben wollen. Wir haben den USA vorgeschlagen, die Situation östlich vom Euphrat unter Berücksichtigung der Souveränität und territorialen Einheit Syriens zu regeln, was in der entsprechenden Resolution des UN-Sicherheitsrats verankert ist, für die Washington gestimmt hat.
Frage: Es sind ja nur wenige Stunden seit Ihrem Treffen mit Donald Trump vergangen, aber amerikanische Journalisten und Politiker kritisieren schon das Format des Treffens: Es sei hinter geschlossenen Türen und ohne Journalisten verlaufen. Der Vorsitzende des Aufklärungsausschusses im Repräsentantenhaus, Adam Schiff, hat es „einen Erfolg der russischen Propaganda“ genannt. Haben Sie den Erfolg gespürt?
Sergej Lawrow: Erstens gab es dort nicht nur keine amerikanischen, sondern auch keine russischen oder sonst welche Medienvertreter. Wenn Adam Schiff selbst minimale, für jedes andere Land normale Kontakte auf dem Niveau der Außenminister (oder auch den Empfang eines Außenministers durch den Präsidenten des Gastgeberlandes) so bewertet, dann könnte man wohl nicht nur unsere Sportler, sondern auch unsere Diplomaten beschuldigen, wir würden Doping einnehmen, und verlangen, dass man uns zur strafrechtlichen Verantwortung zieht. Die Absurdität der Position Adam Schiffs ist für mich völlig offensichtlich – wie auch (da bin ich ganz sicher) für jeden vernünftigen Menschen.
Frage (übersetzt aus dem Englischen): Als Sie zuletzt die USA besuchten, hat Präsident Trump Ihnen bei Ihrem Treffen geheime Informationen mitgeteilt. Was könnte davon, was Sie heute besprochen haben, Ihres Erachtens als „geheime Informationen“ einstufen?
Sergej Lawrow: Die Antwort auf Ihre Frage kann ich nur daraus erfahren, was Sie dann schreiben. Was unser erstes Treffen mit Herrn Trump angeht, so hat damals niemand von uns irgendwelche geheimen oder vertraulichen Informationen veröffentlicht, was schon öfter gesagt worden ist. Falls jemand anders denkt, dann würden wir gerne wissen, um welche Informationen genau es in dieser Geschichte geht, die inzwischen surrealistisch wird.
Ich weiß nicht, was Sie für „vertrauliche Informationen“ halten. Wir haben über Dinge gesprochen, über die ich Ihnen ehrlich, fast Wort für Wort erzählt habe. Denken Sie einmal nach. Entdecken Sie da einmal ein Geheimnis – und machen Sie eine Sensation daraus.
Frage: In Großbritannien ist ein Skandal wegen der Veröffentlichung eines Dossiers ausgebrochen, in dem einige Details der Verhandlungen zwischen London und Washington über das nationale Gesundheitssystem geschildert wurden. Manche Politiker, unter anderem Jeremy Corbyn, haben bereits Russland beschuldigt, die Veröffentlichung dieses Dossiers wäre Teil seiner Einmischung in die britischen Wahlen. Was halten Sie davon?
Sergej Lawrow: Ich habe das nicht gehört, finde das aber gar nicht überraschend. Über diesen konkreten Aspekt unserer angeblichen „Einmischung“ in die Beziehungen zwischen den USA und Großbritannien, der mit dem Gesundheitswesen verbunden ist, hörte ich nicht. Ich hörte, dass mein früherer Amtskollege Boris Johnson, der jetzt Ministerpräsident Großbritanniens ist, offen erklärt hat, dass es keine Einmischung Russlands in die britischen Angelegenheiten gegeben hatte – ob während des „Brexits“ oder auch jetzt. Und in diesem Fall glaube ich ihm.
Frage: Ihr Besuch findet gerade während der Behandlung von mehreren Sanktionsgesetzentwürfen im Senat statt. Warnen Sie die Führung des Landes vor solchen Risiken?
Sergej Lawrow: Es ist nun einmal so passiert, dass unsere Delegation nach Washington an dem Tag gekommen ist, an dem neue Sanktionen debattiert wurden. Es wurde eben die Frage dazu gestellt, dass unser Besuch zeitlich mit der Besprechung des Themas Impeachment übereinstimmt. Ich denke, man könnte jeden Tag für die Reise nach Washington wählen – und dann würde sie entweder mit Sanktionen oder mit Impeachment, oder mit etwas noch übereinstimmen.
Frage (übersetzt aus dem Englischen): Im Kommentar des Weißen Hauses steht speziell geschrieben, Präsident Trump hätte Sie vor der Einmischung in die US-Wahlen gewarnt. Und Sie behaupten, es hat keine solche Warnung gegeben, nicht wahr?
Sergej Lawrow: Ich habe den Kommentar des Weißen Hauses zu unserem Gespräch nicht gelesen. Wir haben unseren Kommentar abgegeben – Sie können ihn gerne lesen. Herr Pompeo erwähnte auf seiner Pressekonferenz im Außenministerium, dass die USA Russland vor der Einmischung in ihre Wahlen warnen, ich habe darauf geantwortet. Ich sagte Herrn Trump, dass Herr Pompeo das öffentlich gesagt hatte. Ich habe meinerseits öffentlich darauf verwiesen, dass wir die jetzige Administration aufgerufen haben, den Korrespondenzwechsel zwischen Moskau und Washington zwischen Oktober 2016 und Januar 2017 über einen Kanal, der für den Fall von Risiken im Cyberraum eingerichtet worden war, zu veröffentlichen. Die Administration Barack Obamas weigerte sich vehement, mit uns auf diesem Gebiet zu kooperieren. Wenn unsere unmittelbar geäußerte Bereitschaft zur Besprechung der Besorgnisse der Amerikaner abgeneigt wird, und wenn sich auch die jetzige Administration weigert, diesen Korrespondenzwechsel zu veröffentlichen (ich weiß nicht, aus welchen Gründen), was können wir da noch vorschlagen? Davon handelte es sich offen auf der Pressekonferenz im US-Außenministerium.
Frage: Wie ist Ihr Eindruck vom persönlichen Gespräch mit dem Präsidenten der Ukraine, Wladimir Selenski? Vielleicht befindet sich der Katalysator der Konfliktregelung im Donezbecken nicht nur in Kiew und Moskau, sondern auch in Washington? Vielleicht sollten sich die USA dem "Normandie-Format" anschließen?
Sergej Lawrow: Die Atmosphäre der Verhandlungen sowohl im "Normandie-Format" als auch zwischen den Präsidenten Putin und Selenski war konstruktiv, respektvoll und pragmatisch. Die Probleme in der Ukraine wurden nicht ideologisiert, was viele ukrainische Politiker gerne in der Öffentlichkeit machen. Die Einstellung beider Seiten war dabei sachlich und konkret – es ging nicht um klangvolle Erklärungen, damit eigene Wähler darauf achten, sondern um die Suche nach Lösungen – das war absolut offensichtlich.
Was die Hauptstädte betrifft, wo man nach zusätzlichen Ressourcen für die Lösung der ukrainischen Probleme, für die Erfüllung der Minsker Vereinbarungen suchen könnte, so würde ich neben Kiew nicht Moskau und Washington, sondern Donezk und Lugansk erwähnen. Bei diesem Problem, bei den Minsker Vereinbarungen geht es um einen direkten Dialog zwischen Kiew, Donezk und Lugansk. In der Ukraine machen die Nationalisten, Ultraradikalen und Neonazis eine große Show, indem sie von Wladimir Selenski verlangen, seine Heimat nicht zu „verraten“, nicht zu „kapitulieren“, keinen „Landesverrat“ zu begehen – und den direkten Dialog mit Donezk und Lugansk zu verweigern. Dabei wird dieser Prozess praktisch von Pjotr Poroschenko angeführt, der einst die Minsker Vereinbarungen unterzeichnet hat. Das verfolgt das Ziel, die Regelung zu verhindern, um dem Sprichwort zu folgen: „Des einen Tod ist des anderen Brot“. Das ist sehr traurig.
Wir rechnen damit, dass Wladimir Selenski seinen Versprechen während des Präsidentschaftswahlkampfes folgen wird: dem Krieg ein Ende setzen, den Tod der Menschen vermeiden, den Frieden auf dem ganzen Territorium der Ukraine sichern. Das kann man tun, wenn man die Minsker Vereinbarungen erfüllt. Darüber handelte es sich auch in Paris – vor allem. Gerade die Alternativlosigkeit der Minsker Vereinbarungen ist gleich im ersten Punkt des Dokuments verankert, das gestern von den Präsidenten Russlands, der Ukraine und Frankreichs und von der deutschen Kanzlerin befürwortet wurde. Jedes andere Land – auch die USA und andere westliche (und auch nicht westliche) Länder – könnte helfen, wenn es die ukrainische Seite, die es beeinflusst (wenn wir von den USA reden, dann ist das Kiew), auf die gewissenhafte Umsetzung der Minsker Vereinbarungen einstellt.
Wenn aber die USA auf der Position bleiben, die der frühere Ukraine-Beauftragte Kurt Volker vertrat, dann wird es böse enden. Ich darf erinnern, dass er zur Einführung von Okkupationstruppen unter der UN-Flagge, zur Auflösung aller Strukturen aufrief, die jetzt die Lebensfähigkeit der selbsternannten Volksrepubliken Donezk und Lugansk aufrechterhalten. Ihm zufolge sollte dort eine internationale Verwaltung gebildet werden; es sollten internationale Polizeikräfte in die Region eingeführt werden, um die Krise zu regeln, und dann sollten dort Wahlen stattfinden. Es ist ja klar, dass nach der Einführung der Okkupationskräfte die Wahlen dort für die Okkupationsadministration eine rein „kosmetische“ Sache wäre. Wir hoffen, dass unsere Bemühungen um die Erläuterung der Situation um die Minsker Vereinbarungen nicht nutzlos bleiben. Unsere ausländischen Kollegen werden helfen, die Resolution 2202 des UN-Sicherheitsrats zu erfüllen, die die Minsker Vereinbarungen einstimmig gebilligt hat.