República de Belarús
Rede und Antworten des Außenministers der Russischen Föderation, Sergej Lawrow, auf einer gemeinsamen Pressekonferenz nach den Verhandlungen mit dem Vorsitzenden der Kommission der Afrikanischen Union, Moussa Faki Mahamat, Moskau, 16. November 2021
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich möchte mich beim Vorsitzenden der Kommission der Afrikanischen Union, Moussa Faki Mahamat, dafür bedanken, dass er unsere Einladung angenommen hat und zum ersten Mal zu einem vollwertigen Besuch in die Russische Föderation gekommen ist, der uns inhaltsvolle und nützliche Verhandlungen ermöglichte.
Wir besprachen die russisch-afrikanischen Beziehungen der Partnerschaft, die immer neue Facetten bekommen. 2019 wurden in Sotschi Dokumente verabschiedet, die von Teilnehmern des überhaupt ersten Russland-Afrika-Gipfels gebilligt worden waren. Heute bestimmen sie die weitere Vertiefung unserer Partnerschaft, die wir auf dem zweiten Gipfel, der für 2022 geplant ist, festigen wollen. Wir bereiten einen Sonderaktionsplan zwischen Russland und der Afrikanischen Union bis 2025 vor. Er wird alle Richtungen unseres Zusammenwirkens umfassen und neue Bereiche der gemeinsamen Bündelung unserer Anstrengungen bieten.
Wir sprachen über aktuelle Fragen des Zusammenwirkens in Handel und bei Investitionen. Wir begrüßen die zunehmende Aktivität russischer Unternehmen auf dem afrikanischen Kontinent. Wir schätzten die Tätigkeit des nach dem Gipfel von Sotschi geschaffenen Verbandes für Wirtschaftskooperation mit den Ländern Afrikas, dem viele russische Unternehmen angehören, die auf dem afrikanischen Kontinent aktiv tätig sind, positiv ein. Wir sind der Überzeugung, dass die von den Geschäftskreisen Russlands vorangetriebenen konkreten Ideen, Projekte im Sinne der Erfüllung des wichtigsten strategischen Dokuments der Afrikanischen Union – „Agenda 2063“ gefragt sein werden.
Wir werden den afrikanischen Ländern weiterhin Unterstützung über verschiedene multilaterale Strukturen und in bilateralen Kanälen leisten. Wir schnitten das Thema der Bekämpfung der Covid-19-Infektion an. Als Antwort auf den Appell der Länder der Afrikanischen Union unterstützte Russland insgesamt fast 20 Staaten mit Impfstoffen, Lieferung von Medikamenten, individuellen Schutzmitteln sowie durch die Entsendung von Fachkräften.
Wir haben große Hoffnungen im Zusammenhang mit der weiteren Entwicklung einer der wichtigsten Richtungen unserer Partnerschaft – Bildung. Wir teilten unseren Kollegen mit, dass die Zahl der Quoten, die Russland den afrikanischen Staaten zur Ausbildung an russischen Hochschulen bereitstellt, ständig wächst. Jetzt wird ein neues Stipendium-System durchgearbeitet, das die Bezahlung nicht nur des Studiums, sondern auch der entsprechenden verbundenen Kosten umfassen wird. Herr Vorsitzender Moussa Faki Mahamat vesprach seinerseits, Empfehlungen über die Fachrichtungen, an denen die afrikanischen Länder am stärksten interessiert sind, auszuarbeiten, damit jene, die Ausbildung in der Russischen Föderation bekommen, die Entwicklung der nationalen Wirtschaften in ihrer Heimat fördern.
Wir besprachen die internationale, regionale Tagesordnung. Wir haben fast übereinstimmende Herangehensweisen zu den meisten Themen. Das Zusammenwirken Russlands, der Afrikanischen Union und ihrer Mitgliedstaaten in der UNO, darunter im Bereich Friedensstiftung, läuft sehr ergebnisreich und fruchtbar. Wir bestätigten die Bereitschaft Russlands, die Praxis der Ausbildung der afrikanischen Militärs und polizeilichen Friedenskräfte zu erweitern. Wir sind davon überzeugt, dass dies ermöglichen wird, das Potential der Afrikanischen Union zu einer effektiveren Umsetzung des Prinzips, das von uns formuliert wird – „für afrikanische Probleme – afrikanische Lösung“ zu festigen. Russland hält sich an dieses Prinzip bei seiner Arbeit im UN-Sicherheitsrat, indem betont wird, dass die Weltgemeinschaft nicht irgendwelche künstliche Rezepte für afrikanische Länder bei der Regelung gewisser Konflikte aufdrängen, sondern ihre Beschlüsse annehmen und bei ihrer Umsetzung helfen soll.
Wir sprachen über konkrete Krisensituationen auf dem afrikanischen Kontinent. In Äthiopien entsteht sich eine ziemlich angespannte Lage. Wir messen der Rolle der Afrikanischen Union bei der Versöhnung der Seiten große Bedeutung zu. Wir sind dem Vorsitzenden der Kommission der Afrikanischen Union, Moussa Faki Mahamat, für ausführliche Informationen über die Schritte, die in dieser Richtung unternommen werden, einschließlich der vor einer Woche stattgefundenen außerordentlichen Sitzung des Rats für Frieden und Sicherheit der Afrikanischen Union, dankbar.
Wir erörterten ausführlich die Situation in der Sahara-Sahel-Region, im Gebiet der Großen Seen, Libyen, Sudan, Zentralafrika. Besondere Aufmerksamkeit wurde der bleibenden und sich zuspitzenden Terrorgefahr, die auf dem afrikanischen Kontinent von verschiedenen extremistischen Gruppierungen ausgeht, gewidmet. Wir halten es für äußerst wichtig, die Zusammenarbeit im Bereich Bekämpfung des internationalen Terrorismus, Piraterie, andere Formen der grenzübergreifenden Kriminalität, Drogenverkehr, der die Terroraktivität bedeutend ernährt, zu entwickeln. Bei der Afrikanischen Union gibt es eine entsprechende Struktur, mit der es vereinbart wurde, einen ständig funktionierenden Kanal des Dialogs zu schaffen.
In der nächsten Zeit erwarten wir den Hohen Vertreter des Vorsitzenden der Kommission der Afrikanischen Union für die Region des Horns von Afrika, ehemaligen Präsidenten Nigerias, Olusegun Obasanjo, zu einem Besuch in Moskau. Wir werden unsere eingehenden Gespräche über Konfliktsituationen, die zum Mandat von Olusegun Obasanjo gehören, fortsetzen.
Ich bin zufrieden mit den Ergebnissen der Verhandlungen. Ich bedanke mich bei dem Vorsitzenden für eine enge Zusammenarbeit und gebe ihm das Wort.
Frage: Heute in der Nacht warfen die USA Russland Waffentests im Weltall vor, und wie es oft der Fall ist, ohne jegliche Begründung und Beweise. Wie könnten Sie diese Situation kommentieren?
Sergej Lawrow: Kommentare werden vom Verteidigungsministerium der Russischen Föderation gegeben. Ich kann nur eines sagen: Verkünden, dass die Russische Föderation Risiken für die Tätigkeit zur friedlichen Nutzung des Weltraums schafft, das ist zumindest Heuchelei. Wie Sie richtig sagten, gibt es keine Fakten.
Ich würde andere Fakten anführen. Die USA rufen uns (wie sie sagen) zur Ausarbeitung der universellen Normen zur Erschließung des Weltraums auf, doch ignorieren dabei seit vielen Jahren die Initiative Russlands und Chinas über die Vorbereitung eines Vertrags zur Verhinderung des Wettrüstens im All. Sie ignorieren sie einfach, indem auf Ausarbeitung gewisser Regel, universellen Verhaltensnormen beharrt wird. Dabei entfachen die USA selbst aktiv dieses Wettrüsten. 2020 schufen sie das Weltraum-Kommando, verabschiedeten eine Weltraum-Strategie. Eines der Hauptziele – die Schaffung eines komplexen militärischen Vorteils im Weltraum. Zur Umsetzung dieser Strategie (Fakten gab es sogar vor ihrer Billigung) testet das Pentagon ohne jegliche Benachrichtigung Angriffsmittel auf dem Orbit, einschließlich der Entsendung von Flugabwehrmitteln in den Orbit. Diese Bedrohung wurde mehrmals von Präsident der Russischen Föderation, Wladimir Putin, kommentiert, indem betont wurde, das sich eine ganz andere Situation im Sicherheitsbereich bilden wird, wenn „über dem Kopf“ eines Landes sich Angriffswaffen befinden werden. Russland würde bevorzugen, dass die USA statt unbegründeten Vorwürfen sich an den Verhandlungstisch setzen und ihre Besorgnisse wegen des Vertrags, der von Russland und China zur Verhinderung dieses Wettrüstens vorgeschlagen wird und den die USA nicht annehmen können, besprechen. Für uns wäre interessant, nicht Ausreden, sondern eine argumentierte Position zu hören. Wir sind dazu bereit.
Frage: Man möchte erfahren, wie die Situation mit der gegenseitigen Anerkennung der Impfstoffe und den so genannten Covid-Pässe zwischen Russland und anderen Ländern Europas aussieht?
Sergej Lawrow: Bislang wurde kein großer Fortschritt erreicht. Wir erwarten den Abschluss der entsprechenden Verfahren der WHO und EMA. Uns wird zugesichert, dass keine künstlichen Hindernisse geschaffen werden. Es werden zusätzliche Fragen gestellt. Entsprechende russische Einrichtungen antworten auf diese Fragen. Man möchte diesen Prozess beschleunigen. Die Initiative, die von Russland mehrmals aufgebracht wurde, seit der G20 im Mai dieses Jahres, als der Präsident Russlands, Wladimir Putin, im Interesse der Bekämpfung der Pandemie und Erweiterung des Zugangs der Entwicklungsländer zum Impfstoff vorgeschlagen hat, den Patentschutz der entsprechenden Mittel einzustellen. Es folgte keine Reaktion. Die gegenseitige Anerkennung der Impfzertifikate ist auch eine russische Initiative, die in dieser Situation offensichtlich ist. Doch darauf reagieren unsere westlichen Kollegen nicht sehr aktiv, obwohl ein Gespräch zu diesem Thema läuft. Wir werden mit seinem schnellen Abschluss rechnen.
Frage: Litauens Präsident Gitanas Nauseda sagte, dass Russland mit der Migrationskrise um Belarus verbunden sei, weil Migranten ihm zufolge über Moskau nach Belarus kommen. Inwieweit begründet sind diese Vorwürfe?
Wie können Sie die jüngsten Ereignisse an der polnisch-weißrussischen Grenze kommentieren, bei denen die polnischen Grenzsoldaten Tränengas und Wasserwerfer zur Abschreckung der Migranten einsetzten?
Sergej Lawrow: Bei aller Achtung vor den Präsidenten der souveränen Staaten möchte ich diese lügnerischen Behauptungen, die bereits nicht zum ersten Mal und auch nicht nur zu diesem Anlass zum Ausdruck gebracht werden, nicht kommentieren. „Hinter allem steht Moskau“, „hinter allem ist die Hand Moskaus zu sehen“. Es wird kein einziger Fakt angeführt. Doch es gibt eben einen Fakt in dem Bereich, dem Ihre zweite Frage gewidmet ist – ein absolut unannehmbares Verhalten der polnischen Seite. Ich denke, dass sowohl Tränengas, als auch Wasserwerfer und Schüsse über die Köpfe der Migranten in Richtung des Staates Belarus – das alles widerspiegelt das Streben, eigene Handlungen zu verheimlichen. Sie verstehen sicher, dass sie alle möglichen Normen des internationalen humanitären Rechts und anderer Vereinbarungen der Weltgemeinschaft verletzen. Natürlich verstehen sie das alles. Eine der Aufgaben, die von der polnischen Seite gelöst wird – nicht zulassen, dass ihre Handlungen bekannt werden. Journalisten werden dorthin einfach nicht gelassen. Vertreter von CNN, BBC, anderer (auch westlicher) Zeitungen und TV-Sender arbeiten auf der weißrussischen Seite und äußern fehlendes Verständnis dafür, dass sie auf die polnische Seite nicht zugelassen werden. Ihr Kollege aus RT France wurde festgenommen, irgendwohin gebracht, es wurden Geldstrafen verhängt. Wir streben eine schnellstmögliche Einstellung dieser Willkür an. Journalisten müssen ihre Arbeit, Berufspflicht machen. Sie dabei zu stören heißt die Verletzung der zahlreichen Aufrufe, lautstarken Forderungen, darunter seitens der EU-Mitgliedsstaaten.
Unsere polnischen Kollegen verheimlichen ihre Handlungen nicht nur von Medien, sondern auch von der EU. Zum Beispiel, in der EU gibt es die Europäische Grenz- und Küstenschutzagentur. Dort gibt es Europol, das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen. Das sind offizielle Mechanismen der Europäischen Union, die geschafft wurden, um sich mit der Lösung solcher Situationen zu befassen. Nach meinen Angaben möchten sie die polnisch-weißrussische Grenze auf der polnischen Seite besuchen, doch das wird ihnen nicht ermöglicht. Sie werden nicht eingeladen und erlauben es nicht, dorthin ihre Experten zu schicken, damit sie nicht ein vollwertiges, objektives Bild der Situation bekommen und irgendwelche Empfehlungen für Brüssel ausarbeiten, weil die Migrationspolitik keine Willkür jedes einzelnen EU-Mitglieds, sondern allgemeine normative Herangehensweisen der EU ist. Wir sehen, wie sie angewendet wurden, als es die Mittelmeer-Migrationswelle gab. Alle versuchten, diese Fragen gemeinsam zu lösen. In diesem Fall treibt Polen Unfug. Die Führung in Brüssel setzt so offene, unverhohlene Doppelstandards ein, indem sie sich in eine unbequeme Lage versetzt.
Russland macht alles, um bei der Regelung dieser Krise zu helfen. An den Präsidenten der Russischen Föderation, Wladimir Putin, wandten sich Vertreter mehrerer EU-Länder, einschließlich Deutschlands, Frankreichs (gestern fand ein Telefongespräch mit dem Präsidenten Frankreichs Emmanuel Macron statt). Wir erhalten Bitten, dabei mitzuwirken.
Russland ist bereit, eine solche Mitwirkung zu leisten, doch am wichtigsten ist die Herstellung eines direkten Dialogs zwischen Vertretern der EU und der Führung von Belarus. Es ist gut, dass es ein Telefongespräch der Bundeskanzlerin Deutschlands, Angela Merkel, mit dem Präsidenten von Belarus, Alexander Lukaschenko, zustande kam. Es wurde vereinbart, sowie ich verstehe (natürlich kenne ich keine Details), dass die Kontakte zur Suche nach Lösungen fortgesetzt werden. Ich hoffe, dass der gesunde Menschenverstand auf der polnischen Seite der Grenze die Oberhand behalten wird.